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KiKK-Studie

Leukämierisiko bei Kindern in Kernkraftwerk-Nähe erhöht

(ral). Das Risiko an Leukämie zu erkranken, nimmt für unter fünfjährige Kinder umso mehr zu, je näher ihr Wohnort an einem Kernkraftwerkstandort liegt. Das ist das Ergebnis einer Untersuchung des Deutschen Kinderkrebsregisters in Mainz (KiKK-Studie), die im Auftrag des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS) durchgeführt wurde. Sie wird derzeit kontrovers diskutiert.

Die Frage, ob in der Umgebung von Kernkraftwerken gehäuft Leukämie, insbesondere bei Kindern, auftritt, wurde in der Vergangenheit in Deutschland, aber auch in anderen Ländern Europas mehrfach gestellt und wissenschaftlich untersucht. Anlass für die Studien in Deutschland war insbesondere eine auffällige Häufung von Leukämiefällen in der Nähe des Atomkraftwerks Krümmel in der Elbmarsch. Während bislang ein entsprechender Zusammenhang jedoch nie klar bestätigt wurde und Strahlenexperten sich darin einig waren, dass die Strahlenexposition durch die kerntechnischen Anlagen zu gering ist, um solche Schäden zu verursachen, spricht die aktuelle KiKK-Studie eine andere Sprache. Hier heißt es nun: "Im 5-km-Umkreis um die Reaktoren wurde im Untersuchungszeitraum von 1980 bis 2003 festgestellt, dass 37 Kinder neu an Leukämie erkrankt sind. Im statistischen Durchschnitt wären 17 Fälle zu erwarten gewesen. Etwa 20 Neuerkrankungen sind also allein auf das Wohnen in diesem Umkreis zurückzuführen." Die Studie umfasste 1592 an einem Krebs erkrankte Kinder und 4735 nicht erkrankte Kinder unter fünf Jahren. Untersucht wurden 41 Landkreise in der Umgebung der 16 Standorte der insgesamt 22 Kernkraftwerke in Deutschland. Das Risiko, an einem Tumor oder Leukämie zu erkranken, stieg dabei statistisch signifikant mit der Nähe des Wohnortes zu einem Reaktor an. Der Befund ist hauptsächlich auf Leukämien bei den unter fünf Jahre alten Kindern zurückzuführen.

Das Ergebnis sei wissenschaftlich "belastbar", sagte BfS-Präsident Wolfram König bei der Vorstellung der KiKK-Studie am 10. Dezember in Berlin. Es passe zu ähnlichen Untersuchungen, die weltweit durchgeführt werden. So sei in einer Metaanalyse, in der bisherige ökologische Studien zum Auftreten von Krebs im Kindesalter in der Umgebung von Kernkraftwerken zusammengefasst und ausgewertet wurden, ebenfalls ein solcher Zusammenhang festgestellt worden. BfS-Präsident König: "Überraschend ist jedoch, dass nachweislich das Risiko für Kinder, an Leukämie zu erkranken, umso größer ist, je näher sie am Reaktor wohnen." Die Studienautoren selbst sind sich hierbei nicht so sicher. Obwohl sie konstatieren, dass "das Erkrankungsrisiko an kindlichen Krebserkrankungen und Leukämie mit zunehmender Wohnnähe zu einem Atomkraftwerk signifikant und stetig zunimmt", schreiben sie in ihrer Bewertung, dass "… aufgrund des aktuellen strahlenbiologischen und strahlenepidemiologischen Wissens die von deutschen Kernkraftwerken im Normalbetrieb emittierte ionisierende Strahlung grundsätzlich nicht als Ursache interpretiert werden kann."

Ein externes BfS-Expertengremium stützt in einer Stellungnahme zur Studie dagegen Königs Aussagen: Im Gegensatz zu den Autoren sei es einhellig der Überzeugung, dass aufgrund des besonders hohen Strahlenrisikos für Kleinkinder sowie der unzureichenden Daten zur Emissionen von Leistungsreaktoren dieser Zusammenhang keinesfalls ausgeschlossen werden könne. Den möglichen Einfluss von noch unbekannten Faktoren (sog. Confounder), den die Autoren zur Erklärung des von ihnen nachgewiesenen Risikos um Atomkraftwerke anführen, hält das externe Gremium ebenso für unwahrscheinlich wie von den Autoren nicht näher beschriebene Selektionsmechanismen oder den statistischen Zufall.

Die KiKK-Studie sowie die Stellungnahme des externen BfS-Expertengremiums sind auf den Seiten des Bundesinstituts für Strahlenschutz zum Download bereitgestellt:

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