Aus Kammern und Verbänden

Hamburger Apothekerverein

Wahl bestätigt Kurs des Vorstands

Bei der Mitgliederversammlung des Hamburger Apothekervereins am 3. Dezember wurden der Vereinsvorsitzende Dr. Jörn Graue und zwei weitere Vorstandsmitglieder in ihren Ämtern bestätigt und turnusmäßig für weitere vier Jahre gewählt. Bei den Vorträgen während der Versammlung äußerten sich neben Graue ABDA-Vorstandsmitglied Götz Schütte und ABDA-Hauptgeschäftsführer Dr. Hans-Jürgen Seitz zu bundesweit relevanten Apothekenthemen.

Zum Fremdbesitzverfahren vor dem Europäischen Gerichtshof verwies Dr. Jörn Graue auf die deutliche Stellungnahme der Bundesregierung zugunsten des bestehenden Apothekenwesens, doch seien Risiken einer Systemveränderung tatsächlich vorhanden. Es sei besonders unangenehm, dass die verschiedenen "Krisen" im Umfeld der Apotheken nicht unabhängig voneinander betrachtet werden können.

Die Rabattverträge seien der Preis für den Erhalt der Arzneimittelpreisverordnung ohne Höchstpreise gewesen, erklärte Graue, doch kritisierte er die Gestaltung der Verträge. Bis tief in den Sommer seien sie die "Garantie für eine Atomisierung der Compliance" gewesen. Die Abgabepraxis sei fachlich oft ein pharmazeutischer Kunstfehler. Die bekannten Probleme dürften sich bei den Rabattverträgen der zweiten Generation auf keinen Fall wiederholen. Graue riet den Apothekern, bei der Abgabe von Nicht-Rabattarzneimitteln neben dem jeweiligen Nichtverfügbarkeits-Kennzeichen die Gründe schriftlich zu vermerken, da die Krankenkassen dies bei Retaxierungen schwerer übergehen könnten.

Die als Alternative zu Rabattverträgen vorgeschlagenen Zielpreisvereinbarungen seien in Hamburg im Vorjahr bereits "außerordentlich erfolgreich" angewendet worden. Hamburg habe daraufhin die günstigste Kosten-Nutzen-Relation gehabt. Auch aus den Krankenkassen kommen mittlerweile kritische Stimmen zu den Rabattverträgen, zumal die Strukturkomponente das eigentliche Problem ist. Sollten die Festbeträge stark herabgesetzt werden, würden sich Rabattverträge ohnehin erübrigen, weil kein Hersteller dann noch weitere Abschläge gewähren könnte. Dieser Einschätzung stimmte auch Seitz zu, der auf die zum 1. April vorgesehenen Senkungen der Festbeträge verwies. Preise könnten nur einmal gesenkt werden, entweder über Rabatte oder über Festbeträge.

Als Erfolg des Hamburger Apothekervereins berichtete Graue über das in zweiter Instanz gewonnene Vertragsverletzungsverfahren gegen die City-BKK (siehe DAZ 32 und 34) wegen der Werbung für Versandapotheken. Das Urteil sei zur Grundlage für einen Vergleich mit der Dräger- und Hanse-BKK geworden (siehe AZ 46). Die maßgebliche Loyalitätsschutzklausel sei auch im neuen Liefervertrag verankert worden. Inzwischen habe auch das Sozialgericht Hannover unter Verweis auf das Hamburger Urteil einer Krankenkasse untersagt, die Versicherten bei der Apothekenwahl zu beeinflussen, allerdings habe die City-BKK mittlerweile Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision beim Bundesgerichtshof eingelegt.

Bedeutende Beratung

Götz Schütte würdigte in einem Grußwort die besonders gute Zusammenarbeit von Apothekerkammer und -verein in Hamburg. Er beklagte, dass der große Erklärungsbedarf gegenüber den Patienten, der durch immer wieder neue Reformen entsteht, den Apothekern die Zeit für ihre wichtige pharmazeutische Beratung nimmt. Andererseits wolle die Politik diese Beratung. So heiße es aus dem Kreis der Länderreferenten der Gesundheitsministerien, diese hätten für die neue Apothekenbetriebsordnung eine Apothekenmindestgröße von 150 m2 mit einem Bestandsschutz für bestehende Apotheken vorgeschlagen, um mehr Raum für die vertrauliche Beratung zu schaffen (vergleiche auch die ähnlich lautende Aussage in einer Resolution der Pharmazieräte und Amtsapotheker in DAZ 48, S. 61). Zugleich betonte Schütte die große Aussagekraft des etablierten Apotheken-A, das sogar für Analphabeten einen Erkennungswert habe. Apotheker, die sich an Kooperationen beteiligen, sollten daher eine Demontage dieses wichtigen Zeichens nicht zulassen.

Kostenanstieg durch Politik

Dr. Hans-Jürgen Seitz bereitete die Apotheker auf die zu erwartenden Diskussionen über die GKV-Arzneimittelausgaben vor. Diese seien in den ersten zehn Monaten des Jahres um 8,5 Prozent gestiegen. Die erhöhte Mehrwertsteuer habe für einen Anstieg um 2,8 Prozent gesorgt, die politisch gewollten Impfungen seien für 2,0 Prozent verantwortlich, sodass der nicht politisch begründete Anstieg nur 3,7 Prozent betrage, was stets betont werden sollte. Weiterhin seien die Apotheker nicht die Kostentreiber, zumal der Anteil der Apothekenwertschöpfung an den Arzneimittelausgaben sinke.

Die Rabattverträge bringen den Krankenversicherungen zwar Einsparungen, doch werden bei der Rechnung die Folgekosten durch die gestörte Compliance nicht berücksichtigt. Politiker und Verbraucherverbände erkennen die großen Mühen der Apotheker bei der Umsetzung der Rabattverträge an und unterstützen daher die Forderungen nach Änderungen bei neuen Verträgen. Auch die Verbuchung der Rabatte sei bisher nicht zufriedenstellend. Es sollte wenigstens eine summarische Verbuchung aller Rabatte aus diesen Verträgen ohne Vermischung mit anderen Rabatten erreicht werden. Die derzeit von Gerichten gestoppten neuen Rabattverträge könnten wahrscheinlich auch bei schnellstmöglichen Entscheidungen nicht mehr bis Anfang Januar umgesetzt werden. Auch neue Regelungen wie Zielpreisvereinbarungen dürften eher im Laufe von Monaten zu erreichen sein.

Als entscheidenden Erfolgsfaktor für die Apotheken betrachtet Seitz die Beratung. Die Qualität der Beratung sei die strategisch entscheidende Größe für die Unterstützung der Apotheken, aber auch für Angriffe interessierter Kreise auf die Apotheken. So werde die Beratungsqualität mit immer feineren Tests gemessen. Die Apotheker sollten nicht in der Beratung nachlassen, weil dies ihre beste Werbung sei, doch leider könnten nur wenige schwarze Schafe den Apotheken insgesamt schaden.

Graue wiedergewählt

Bei den Vorstandswahlen wurde der Vorsitzende Dr. Jörn Graue mit 46 von 48 abgegebenen Stimmen in seinem Vorstandsamt bestätigt. Außerdem wurden die stellvertretenden Vorsitzenden Dr. Claus Greger und Manfred Wocker wiedergewählt. Als Nachfolgerin für Götz Sieckmann, der dem Vorstand seit 1985 angehört hatte und nach Abgabe seiner Apotheke satzungsgemäß ausgeschieden war, wurde Dr. Ulrike Hahn neu in das Gremium gewählt.

Mit Blick auf die neue Amtsperiode erklärte Graue, die Anforderungen an den Vorstand würden weiter steigen. Denn das Monopol der Leistungsanbieter sei durch die Möglichkeit von Einzelverträgen zerschlagen, das Nachfragemonopol der Krankenkassen dagegen gestärkt worden.

tmb
"Das teuerste Präparat ist immer noch das, das der Patient gar nicht einnimmt! "

Dr. Jörn Graue
"Wenn Ideen zu Ideologien werden – auch wenn sie im Zeitgeist schwimmen –, verlieren sie ihre Unschuld. "

Dr. Jörn Graue
"Es gilt, unsere Grundwerte aus der Umklammerung merkantiler Machtinteressen zu befreien. Gegen den billigen Jakob müssen wir die starke Beratungsapotheke setzen. "

Dr. Jörn Graue

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