Wissenswert

Baum des Jahres 2008

Die Walnuss

Die Walnuss ist zum Baum des Jahres 2008 gewählt worden. Zwar ist umstritten, ob dieser südosteuropäische Baum in die heimischen Wälder gehört und ob sein forstlicher Anbau aus ökologischer Sicht sinnvoll ist, doch sein ökonomischer Nutzen ist unbestritten. Es besteht auch kein Zweifel daran, dass er ein ganz alter "Freund des Menschen" ist.

Die Familie der Walnussgewächse (Juglandaceae) ist seit der Oberen Kreidezeit nachgewiesen. Heute ist sie in acht Gattungen auf der Nordhalbkugel verbreitet, vor allem in den artenreichen Wäldern Ostasiens und Nordamerikas. Die Walnuss (Juglans regia) ist vom Balkan über die Schluchten Kleinasiens und des Irans bis in den Himalaya heimisch; vor und zwischen den Eiszeiten kam sie auch in Mitteleuropa vor. Schon die Menschen der Jungsteinzeit schätzten ihre Früchte. Die Römer haben sie von Griechenland aus in nördlicheren Regionen verbreitet. Sie nannten die Frucht "Iovis glans”, Eichel des Jupiter, woraus "Juglans” wurde. Der Name Walnuss, d. h. "welsche Nuss", deutet auf die Herkunft aus Frankreich oder Italien hin. Karl der Große förderte ihre Anpflanzung in seinem Reich. Und Kaiserin Maria Theresia soll gesagt haben: "An jedem Hof soll ein Nussbaum stehen." Über autochthone Vorkommen der Walnuss in Mitteleuropa wird noch immer spekuliert. Im Bodenseegebiet gibt es primitive Lokalformen, sogenannte Stein- und Spitznüsse mit dickwandiger Schale. Die ursprünglichen Vorkommen könnten mit der Vernichtung der Auwälder erloschen sein. Die Frage ist deshalb von Bedeutung, weil derzeit Wert auf den Anbau einheimischer Gehölze gelegt wird. Vögel, Mäuse, Eichhörnchen und andere Nager fressen zwar gerne die Nüsse. Doch nach einer Zählung in England leben gerade einmal sieben pflanzenfressende Insekten- und Milbenarten auf dem Baum, während es auf Stiel- und Traubeneichen 423 sind. Das deutet auf einen sehr jungen Zuzügler hin, der noch nicht in die bestehende Nahrungskette eingewoben ist.

Apomiktisch und diklin

Die Walnuss liebt Wärme und fühlt sich bei uns im Weinklima am wohlsten. Sie wird – je nach Standort – 15 bis 30 m hoch und ist mit gut 40 Jahren ausgewachsen. In Mitteleuropa wird sie 150 Jahre alt, andernorts soll sie auch doppelt so alt werden können. Die kugelförmige Krone rührt daher, dass sie keinen ausgeprägten Wipfeltrieb entwickelt. Es gibt auch nur selten Bäume mit einem geraden Stamm. Die silbrige, knorrige Rinde kontrastiert mit den dunkel-rotbraunen, frischen Trieben der Krone.

Einfach zu erkennen ist die Walnuss während der Vegetationsperiode an ihren großen, unpaarig gefiederten Blättern, die im Herbst abfallen. An der bis 30 cm langen Blattspindel, dem verlängerten Blattstiel, sitzen fünf bis neun Fiederblättchen. Die Blätter haben harzabscheidende Drüsen und duften herb-aromatisch.

Fortpflanzung und Vermehrung

Die Walnuss vermehrt sich auf eine nicht alltägliche Art, denn sie ist einhäusig (monözisch) und treibt männliche und weibliche Blüten räumlich (diklin) und zeitlich getrennt (dichogam) aus. Junge und frisch veredelte Walnussbäume können Zweihäusigkeit vortäuschen, indem sie vorläufig nur männliche oder nur weibliche Blüten bilden. Die männlichen Kätzchen wachsen aus den Knospen des Vorjahres, während die weiblichen Blüten aus den Triebspitzen knospen. Die zeitliche Distanz zwischen der weiblichen und männlichen Blüte (Blühabfolge) ist bei jungen Bäumen so groß, dass sie auf Fremdbestäubung angewiesen ist. Allerdings trägt der Wind die Pollen kaum weiter als 100 Meter. Mit zunehmendem Alter wird die Blühabfolge immer kürzer, was die Wahrscheinlichkeit einer Selbstbefruchtung erhöht.

Zudem gibt es bei der Walnuss Apomixie, die Ausbildung von Samen ohne Befruchtung: Nach der Bestäubung sendet der Pollen nicht seine Chromosomen, sondern nur ein Signal zum Fruchtknoten, worauf ein Same rein weiblichen Ursprungs entsteht (Parthenogenese). Einige Linien sind fast vollständig apomiktisch, andere fast gar nicht. Gewöhnlich werden genetisch homogene Linien für den kommerziellen Anbau durch Pfropfung vermehrt. Bei apomiktischen Linien lassen sich die Nachkommen auch aus dem Samen ziehen; das erleichtert die Züchtung.

Erst seit einem Jahr steht fest, dass es sich bei der Frucht der Walnuss um eine Nuss im botanischen Sinne und nicht um eine Steinfrucht (wie z. B. die Mandel) handelt. Denn die grüne, dickfleischige Schale, die kurz vor der Reife aufplatzt und die Nuss freilegt, ist ausschließlich aus Blattgewebe aufgebaut. Das ist eine den Buchengewächsen homologe Struktur, wo die Schale sogar verholzt und einen Fruchtbecher (Cupula) bildet. So überrascht es nicht, dass die Familie der Walnussgewächse in die Ordnung der Buchenartigen (Fagales) gehört.

Von Natur aus breitet sich die Walnuss nur langsam aus. Tiere verschleppen die Nüsse wegen des großen Gewichts nicht über weite Entfernungen.

Edles Holz …

Die Walnuss liefert eins der wertvollsten Edelhölzer, das selbst mit hochwertigen Tropenhölzern wie Palisander konkurriert. Es ist dauerhaft, schwer und hart. Die meistens braune Färbung variiert erheblich und ist vom Alter und Standort abhängig; das Kernholz ist dunkler als das jüngere Holz.

Will man die besonders geschätzten unteren Stammkröpfe von Pfropfungen oder den knolligen Wurzelstock für Maserholz nutzen, werden die Bäume mit den Wurzelstöcken ausgegraben, was auch als "austopfen" oder "auskesseln" bezeichnet wird. Dies ist bei keiner anderen Baumart üblich. Astgabeln oder Knollen, die bei anderen Bäumen als Holzfehler gelten, geben dem Walnussholz seine besondere Nuance und erhöhen seinen Wert.

Nussbaum ist das Holz vieler Biedermeiermöbel. Heute wird es für Möbel meist als Furnier, aber massiv für Musikinstrumente, Parkett und kleine Gebrauchsgegenstände wie Schachfiguren verwendet. Der Bedarf in Deutschland kann nicht annähernd aus eigener Erzeugung gedeckt werden. Früher wurden aus dem Holz der Walnuss Gewehrschäfte gemacht.

… edle Frucht …

Die Weltproduktion von Walnüssen belief sich 2005 auf 1,5 Mio. Tonnen und wächst weiter. Pro Baum und Jahr können bis zu 5000 Nüsse oder 100 kg geerntet werden. Kalifornien liefert etwa ein Drittel der Welternte und ist der größte Exporteur. Die in China produzierte Menge ist zwar ähnlich groß, jedoch werden nur etwa 15 % davon exportiert. In Europa steht Frankreich als Produzent und Exporteur unangefochten an der Spitze, während die Schweiz mit der Engadiner Nusstorte das populärste Produkt kreiert hat.

… und edles Öl

Die Walnuss besteht zu 50 bis 60 % aus Fett; unter den Fettsäuren dominiert (wie beim Sonnenblumenöl) die Linolsäure mit etwa 55 %; relativ hoch ist auch (wie beim Rapsöl) der Anteil an α-Linolensäure (9 %). Das Eiweiß macht etwa 15 % aus und enthält alle acht für den Menschen essenziellen Aminosäuren. Zudem enthält die Walnuss Vitamin E, diverse B-Vitamine, Kalium, Phosphor, Magnesium und Calcium.

Walnussöl ist eine teure Delikatesse – ein Liter erster Qualität kostet über 30 Euro. Früher wurde es in der Ölmalerei verwendet, denn wegen seines hohen Gehalts an Linolsäure trocknet und härtet es schnell.

Heilpflanze

Spätestens seit dem Mittelalter galt die Walnuss als Heilpflanze. Ihre Blätter enthalten Gerbstoffe (Ellagitannine) und die Naphthochinonderivate Juglon und Hydrojuglon, hauptsächlich in Form der Glucoside. Juglon wirkt wachstumshemmend, ist aber instabil und polymerisiert zu braunen und schwarzen Pigmenten, die in der Kosmetikindustrie begehrt sind, zum Beispiel für Haarwaschmittel. Die Blätter können wegen ihres Gerbstoffgehaltes für Bäder oder Umschläge bei leichten Hautentzündungen oder gegen übermäßige Schweißabsonderung der Hände und Füße verwendet werden. Das in der Volksmedizin verbreitete Trinken des Aufgusses bei Reizungen oder Entzündungen der Magen- und Darmschleimhaut wird heute nicht mehr empfohlen.

Mythologie gestern und heute

Nach dem Keltischen Baumhoroskop wird man vom 21. 4. bis 30. 4 und vom 24. 10. bis zum 2. 11. im Zeichen des Nussbaums geboren. Diese Menschen gelten als unbeugsame Naturen.

Laut Signaturenlehre des Mittelalters und der Renaissance ähnelt der Kern der Walnuss dem Gehirn des Menschen und übt deshalb eine positive Wirkung auf die Hirnleistung aus. In einigen jüngeren Abhandlungen wird die Walnuss über den grünen Klee gelobt. Sie soll das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen verringern, gegen Krebs, Schlaganfall, Diabetes, Bluthochdruck und Adipositas helfen und sogar die Anfälligkeit für Depressionen senken. Aber vielleicht ist es einfach die Freude beim Anblick dieses schönen Baumes, der kranke Menschen gesunden lässt.

Dr. Uwe Schulte

Händelstraße 10, 71640 Ludwigsburg

schulte.uwe@t-online.de
Volkskundliches
Aus der Zeit, als die reifen Nüsse mit Stangen von den Bäumen geschlagen wurden:
Nussbäume, Esel und Weiber
haben wundersame Leiber,
weil sie ungeschlagen
selten gute Früchte tragen.
Walnuss-Obst-Wälder
Im Süden Kirgisistans stehen weltweit einzigartige Walnuss-Obst-Wälder. Neben der dominierenden Walnuss wachsen hier noch Äpfel, Birnen und Steinfrüchte in zahllosen Sorten und Varietäten. Von den ursprünglichen 600.000 ha sind immerhin heute noch 30.000 ha übriggeblieben, die unter strengem staatlichen Schutz stehen.
Schon gewusst?
Rudolph Diesel hat den ersten Dieselmotor der Welt mit Nussöl betrieben.
Kuratorium "Baum des Jahres": www.baum-des-jahres.de
California Walnut Commission: www.walnuss.de
Digitales Nachschlagewerk für Bäume: www.baumpruefung.de
Ein stattlicher Nussbaum im Spätherbst. Der gebogene Stamm und die fehlende Wipfelspitze sind gut zu erkennen.
Quelle: Roloff; Kuratorium Baum des Jahres (KBJ)
Die dicke Fruchthülle der Walnuss besteht aus Blattgewebe. Wenn sie noch jung ist, dient sie zur Zubereitung von Nusslikör.
Quelle: Geiss; Kuratorium Baum des Jahres (KBJ)

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