- DAZ.online
- DAZ / AZ
- DAZ 46/2007
- Antibiotika
Arzneimittel und Therapie
Antibiotika
Immer mehr resistente Keime
Der Anteil einiger Antibiotika-resistenter Krankenhauskeime ist nach einer Untersuchung in fünf deutschen Universitätskliniken seit 2002 deutlich gestiegen. Das berichtet das Berliner Robert Koch-Institut (RKI) in seinem aktuellen "Epidemiologischen Bulletin".
Seit Mitte der 80er-Jahre treten in deutschen Krankenhäusern immer mehr resistente Krankheitserreger auf. So sterben jährlich 40.000 Menschen an Infektionen, die sie sich im Krankenhaus zugezogen haben. Diese Menschen haben in der Regel eine schwache Immunabwehr. Alte Menschen, zu früh geborene Babys, Organempfänger, AIDS-Kranke oder Chemotherapie-Patienten haben eine geschwächte Abwehr und sind besonders empfindlich gegenüber Krankheitserregern. Heute sind etwa 70 Prozent der Bakterien, die Infektionen in Krankenhäusern verursachen, gegen mindestens ein Antibiotikum resistent.
Mit der Entdeckung des Penicillins und der nachfolgenden Entwicklung weiterer Antibiotika mit unterschiedlichen Wirkmechanismen sind hochwirksame Arzneimittel zur Behandlung von bakteriellen Infektionskrankheiten entstanden. Diese Errungenschaften werden durch das zunehmende Auftreten von Krankheitserregern, die gegen einzelne oder sogar mehrere Antibiotikaklassen Resistenzen aufweisen, bedroht. Anfangs standen bezüglich der Resistenzentwicklung in Mitteleuropa vor allem grampositive Infektionserreger wie Methicillin-resistente Staphylococcus aureus (MRSA) und Glykopeptid-resistente Enterokokken (GRE) im Vordergrund. Seit einigen Jahren rücken zunehmend auch gramnegative Infektionserreger in den Blickpunkt. Besonders bedrohlich sind dabei In fektionen mit ESBL (extended-spectrum-beta-lactamase) bildenden Enterobacteria ceae (z. B. Escherichia coli, Klebsiella pneumoniae), Carbapenemase-bildende Pseudomonas spp. sowie nahezu völlig resistente Acinetobacter baumannii. Zusätzliches Anzeichen für eine Verschlechterung der Situation ist die Beobachtung, dass resistente Bakterien sich zunehmend auch im ambulanten Versorgungsbereich ausbreiten.
Methicillin-resistente Staphylococcus aureus-Stämme (MRSA) sind gleich gegen mehrere Antibiotika unempfindlich. Diese Bakterien können nicht nur Erkrankungen wie eine Mittelohrentzündung, Wundinfektionen oder Furunkel auslösen, sondern auch schwerste und lebensbedrohliche Krankheitsbilder wie Lungenentzündung, Sepsis oder Endokarditis, eine Entzündung der Herzinnenhaut. Der Anteil dieser gefährlichen Erreger stieg von zwei Prozent im Jahr 1990 auf über 22,6 Prozent im Jahr 2004, wie eine Langzeitstudie der Paul-Ehrlich-Gesellschaft für Chemotherapie (PEG) zeigte. Resistenzen entstehen besonders dort, wo Antibiotika nicht fachgerecht eingesetzt werden.
Überwachung der Resistenzen
Die wachsende Verbreitung von resistenten Erregern in Europa und Deutschland beeinträchtigt zum einen die Therapiemöglichkeiten, bedeutet aber auch einen Kostenanstieg im Gesundheitswesen durch Verlängerung von Krankenhausliegezeiten, aufwendigere Behandlungen und umfangreichere hygienische Maßnahmen in den betroffenen Krankenhäusern.
Resistente Staphylokokken
Um die Situation der Antibiotikaresistenz in Deutschland zu verbessern, werden am Robert Koch-Institut (RKI) zwei Netzwerke (EARSS, GENARS) koordiniert, die ein bundesweites kontinuierliches Monitoring der Antibiotikaresistenz ermöglichen. Bei beiden Netzwerken handelt es sich um laborgestützte Surveillancesysteme.
Der aktuellen Analyse des Robert Koch-Instituts zufolge erhöhte sich der Anteil Methicillin-resistenter Staphylokokken (MRSA) von 12,8 Prozent im Jahr 2002 auf 20,1 Prozent im Jahr 2006.
Staphylokokken sind die häufigsten Auslöser von Krankenhausinfektionen in Deutschland. Pro Jahr stecken sich nach Expertenschätzungen rund 16.000 Krankenhauspatienten mit den resistenten MRSA-Staphylokokken an. Die Infektion ist mit üblichen Antibiotika nicht zu behandeln, sie kann zu eitrigen Entzündungen der Haut oder Organe führen und tödlich enden.
Seit 2004 hat sich nach dem Bericht des Robert Koch-Instituts der MRSA-Anteil an den untersuchten Laborproben allerdings bei etwa 20 Prozent stabilisiert. Insgesamt war bei allen fünf untersuchten Bakterienarten ein Anstieg der Antibiotikaresistenz festzustellen. Wegen der geringen Zahl der teilnehmenden Labore könne die Analyse allerdings nicht beanspruchen, repräsentativ für Deutschland zu sein, betont das RKI.
QuelleEpidemiologisches Bulletin 44/2007, Robert Koch-Institut.hel
0 Kommentare
Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.