DAZ aktuell

Heroinsubstitution

Apotheker lehnen Sondervertriebsweg ab

(du). Der Bundesrat wird noch in dieser Woche über die Einbringung eines Gesetzentwurfs in den Bundestag entscheiden, der die diamorphingestützte Substitutionsbehandlung zum Inhalt hat. Von besonderer Brisanz für die Apotheken ist der darin vorgesehene Sondervertriebsweg für die Versorgung mit Diamorphin. Pharmazeutische Unternehmer sollen die für die Substitutionsbehandlung zugelassenen Einrichtungen direkt unter Umgehung des Vertriebswegs Apotheke beliefern.

Mit dem erfolgreichen Abschluss des bundesdeutschen Modellprojektes zur heroingestützten Behandlung Opiatabhängiger muss entschieden werden, ob die Heroinbehandlung schwerstkranker Drogenabhängiger als zusätzliche Option in Deutschland eingeführt und in das Regelsystem der gesundheitlichen Versorgung integriert werden soll. Dazu haben die Länder Hamburg und Hessen einen Gesetzesantrag in den Bundesrat eingebracht, dem sich inzwischen auch Niedersachsen und das Saarland angeschlossen haben. Sie wollen die gesetzliche Grundlage dafür schaffen, dass in Zukunft schwerstkranke Opiatabhängige, die mit den herkömmlichen Substitutionsmaßnahmen nicht mehr erreicht werden können, in ausgewählten Zentren mit Diamorphin behandelt werden dürfen. Dazu muss Diamorphin als verschreibungspflichtiges Betäubungsmittel eingestuft und das Betäubungsmittelgesetz, die Betäubungsmittelverschreibungsverordnung und das Arzneimittelgesetz angepasst werden. Der von Hamburg und Hessen eingebrachte Gesetzentwurf sieht unter anderem vor, dass in das Arzneimittelgesetz ein § 47b mit folgendem Wortlaut eingefügt wird:

"(1) Pharmazeutische Unternehmer dürfen ein diamorphinhaltiges Fertigarzneimittel, das zur substitutionsgestützten Behandlung zugelassen ist, nur an anerkannte Einrichtungen im Sinne des §13 Abs. 3 Nr. 2a des Gesetzes über den Verkehr mit Betäubungsmitteln und nur auf Verschreibung eines dort behandelnden Arztes abgeben. Andere Personen dürfen die in Satz 1 genannten Arzneimittel nicht in Verkehr bringen.

(2) Die §§ 43 und 47 finden auf die in Abs. 1 Satz 1 genannten Arzneimittel keine Anwendung.

In einer Stellungnahme vom 31. August 2007 hatte die ABDA zwar grundsätzlich den Gesetzentwurf begrüßt, soweit damit zukünftig gesetzlich verbindliche Regelungen zur Substitutionsbehandlung mit Diamorphin geschaffen werden sollten, doch hatte sie den Sondervertriebsweg unter Umgehung der Apotheken strikt abgelehnt. Sie verwies darauf, dass der Vertriebsweg Apotheke ein Höchstmaß an Arzneimittelsicherheit biete. Zudem, so wörtlich, besitzen die Apotheken auch und gerade bei Betäubungsmitteln, die überdurchschnittlichen Sicherheitsanforderungen unterliegen, das erforderliche Wissen und die umfassende Erfahrung im Umgang mit derartigen Arzneimitteln, wie die tagtägliche Abgabe von Betäubungsmitteln in den Apotheken beweise. Von dem vorgesehenen Sondervertriebsweg solle daher abgesehen werden.

Bedenken bei Bevorratung durch den Arzt

Einen weiteren Punkt, den die ABDA in ihrer Stellungnahme aufgreift, betrifft die Regelung der Verschreibung durch den Arzt. Dem Arzt soll die Möglichkeit eröffnet werden, Diamorphin im Rahmen seines Praxisbedarfs zu verschreiben und zu bevorraten. Als Obergrenze für die Bevorratung soll der durchschnittliche Zweimonatsbedarf gesetzt werden. Diese Regelung steht nach Meinung der ABDA im Widerspruch zu dem verfolgten Zweck, die Sicherheit sowohl der Arzneimittelversorgung als auch der involvierten Einrichtungen zu gewährleisten. Bislang darf ein Arzt nur den durchschnittlichen Monatsbedarf eines Betäubungsmittels in der Praxis vorrätig halten. Zudem führt die ABDA an, dass es sich bei der Substitutionstherapie um eine patientenbezogene, und damit individuelle Therapie handele, während im Rahmen des Praxisbedarfs lediglich der nicht im Vorfeld absehbare individualisierte Bedarf zur Anwendung kommen darf. Hier sieht sie einen Wertungswiderspruch.

Bundesrat entscheidet über die Einbringung

Inzwischen wurde der Gesetzentwurf im federführenden Gesundheitsausschuss und dem Ausschusses für Innere Angelegenheiten des Bundesrates beraten. Beide Ausschüsse haben die Einbringung des Gesetzentwurfs in den Deutschen Bundestag befürwortet. Änderungsbedarf bei der Einführung des Sondervertriebsweges wird nicht gesehen. Der Gesundheitsausschuss empfiehlt, die Regelungen zur Überwachung des Betäubungsmittelverkehrs für den Fall der Abgabe von Diamorphin auch auf den pharmazeutischen Unternehmer auszudehnen und eine entsprechende redaktionelle Klarstellung vorzunehmen. Der Bundesrat wird in seiner Sitzung am 21. September über die Einbringung des Gesetzentwurfs in den Bundestag entscheiden.

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