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Arzneimittel und Therapie
Arbeitsgemeinschaft Influenza
Vor allem medizinisches Personal sollte sich impfen lassen
Die Impfung gegen Influenza ist aus medizinischer Sicht eine der wirksamsten präventiven Maßnahmen, die es gibt. Deshalb gibt es weltweit in vielen Gesundheitssystemen Anstrengungen, eine möglichst hohe Impfrate zu erreichen. Die Arbeitsgemeinschaft Influenza veröffentlichte aktuelle Zahlen der Influenzasaison 2006/07 und musste feststellen, dass Deutschland hinsichtlich der Impfquote besonders bei den Risikogruppen noch Nachholbedarf hat.
Bestenfalls 40 bis 60% der bekannten Risikogruppen machen von der Möglichkeit zur Impfung Gebrauch. Die Impfquote sollte jedoch dringend erhöht werden, denn die saisonale (sogenannte interpandemische) Influenza gehört zu den Infektionskrankheiten mit der höchsten bevölkerungsbezogenen Sterblichkeit. Um den Verlauf der Influenza zu verfolgen wird die Influenza-Aktivität in Deutschland durch die Arbeitsgemeinschaft Influenza erfasst. An diesem Sentinelsystem zur bundesweiten Überwachung von akuten Atemwegserkrankungen nahmen in der Saison 2006/07 994 Ärztinnen und Ärzte aus dem primärversorgenden Bereich teil. Ihre Meldungen bilden die Grundlage zur Berechnung des Praxisindex, mit dem sich die Krankheitslast durch akute Atemwegserkrankungen in der Bevölkerung abschätzen lässt. Die Influenzaaktivität war in der zurückliegenden Saison ab der fünften Kalenderwoche auf Bevölkerungsebene messbar und machte sich im Süden Deutschlands zuerst bemerkbar. Die Grippewelle erreichte den Norden und Osten Deutschlands etwa eine bzw. zwei Wochen später. Die AGI bezeichnet die Saison 2006/07 zusammenfassend als eine mittelstarke Grippesaison. Insgesamt wurden 2,7 Millionen zusätzliche Arztbesuche und 14.400 zusätzliche Krankenhauseinweisungen geschätzt, die der Influenza zugeschrieben werden. Betrachtet man das Verhältnis von Krankenhauseinweisungen zu Arztbesuchen aufgrund akuter Atemwegserkrankungen, so weist diese Schweregrad-Ratio auf einen schwereren Verlauf der Grippe bei Kleinkindern und älteren Personen hin.
Die Auswertung durch das Nationale Referenzzentrum für Influenza ergab, dass dieses Jahr hauptsächlich Viren vom Subtyp Influenza A/H3N2 nachgewiesen wurden.
Impfen lassen sollten sich nach den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission beim Robert Koch-Institut z. B. Erwachsene und Kinder chronischen Grunderkrankungen sowie Personen über 60 Jahren und Bewohner von Alten- und Pflegeheimen sowie Personen, die berufsbedingt erhöhter Ansteckungsgefahr ausgesetzt sind.
Seit 1988 zählt die STIKO medizinisches Personal ausdrücklich zu den Risikogruppen, die gegen Influenza geimpft werden sollten, da hier das Risiko, an Influenza zu erkranken, erhöht ist. Schätzungsweise 25% der ungeimpften Mitarbeiter in Einrichtungen des Gesundheitswesens werden durch das Influenzavirus infiziert. Sowohl Erkrankte als auch asymptomatische Mitarbeiter können aber als Überträger fungieren. Daher gefährden ungeimpfte Mitarbeiter in Krankenhäusern, Altenheimen oder Arztpraxen durch eine Infektion auch ihre eigenen Patienten. Allerdings ist die Impfakzeptanz bei medizinischem Personal gering. Warum gerade medizinisches Personal nicht ausreichend gegen Influenza geimpft ist und wie diesbezüglich eine Verbesserung erreicht werden kann, wurde in einer Studie am Universitätsklinikum Frankfurt am Main untersucht. Seit der Influenzasaison 2003/2004 wurde hier mittels einer Aufklärungskampagne verstärkt auf die Notwendigkeit einer Influenzaimpfung aufmerksam gemacht. Im Rahmen der Influenzaimpfung 2006/2007 wurde eine anonyme Fragebogenerhebung durchgeführt. Von den insgesamt 4080 Mitarbeitern (2715 Frauen/66,5%; 1365 Männer/33,5%) ließen sich 1052 Beschäftigte (25,8%) gegen Influenza impfen. Die Mitarbeiter wurden vor Beginn der Influenzasaison mehrmals über E-Mail und Aushänge auf den Stationen über die Impfung und Impftermine informiert und zur Teilnahme aufgefordert. Zudem wurden sie dann während der Sprechzeiten des Betriebsarztes sowie an speziell eingerichteten Impftagen in der Kantine, auf den Intensivstationen, im Operationssaal, in der Poliklinik und in der Kinderklinik gegen Influenza geimpft.
Aufklärung erhöhte Durchimpfungsrate
Das Ergebnis dieser Studie war ernüchternd: Zwar wurde durch die Aufklärungskampagne eine Steigerung der Durchimpfungsrate bezüglich Influenza erzielt. Trotzdem bestanden weiterhin deutliche Impfdefizite. Lediglich 26% der Beschäftigten ließen sich aktuell gegen Influenza impfen. Die Akzeptanz der Influenzaimpfung bei Beschäftigten im Gesundheitswesen ist anscheinend ungenügend. Die Auswertung ergab auch erstaunliches zu den Gründen, sich bisher nicht impfen zu lassen. Die Mitarbeiter sahen kein spezifisches Risiko für sich (78%); die Grippe wurde nicht als schwerwiegende Erkrankung eingeschätzt (24%), Angst vor Nebenwirkungen (18%), die falsche Annahme, dass die Influenzaimpfung selbst eine Influenza auslösen könne (13%) wurde ebenso angegeben wie die fehlende Überzeugung einer hinreichenden Schutzwirkung des Influenzaimpfstoffes. Dabei hatten von den bereits vormals geimpften Personen 92% die Impfung gut vertragen. Nur 8% gaben an, frühere Influenzaimpfungen nicht gut vertragen zu haben, hierbei dominierten grippale Symptome vor lokalen Nebenwirkungen wie Rötung, Schmerzen oder Schwellung an der Einstichstelle. Hauptargument für eine Impfung war die Sorge um sich selbst sowie um die Familie, Freunde und Kollegen.
Höchste Mortalität bei den über 60-Jährigen
Es darf nicht vergessen werden: Die Virusgrippe ist keine Bagatellerkrankung: Die jährlich durch Influenza hervorgerufenen Todesfälle treffen vor allem ältere Menschen und Personen mit chronischen Grunderkrankungen (chronische Herz- oder Lungen-Erkrankungen, Stoffwechselerkrankungen wie z. B. Diabetes, Immundefekte usw.), aus denen sich durch bakterielle Superinfektion (Pneumokokken, Haemophilus influenzae, Staphylokokken) Lungenentzündungen entwickeln können. Die während einer Grippewelle auftretende und auf die Bevölkerung bezogene Anzahl der Sterbefälle, die über das erwartete Maß hinausgehen (Exzessmortalität), wird der Influenza zugeschrieben und als Influenza-assoziierte Mortalität bezeichnet. Allerdings ist zur Bestimmung der Influenza-assoziierte Mortalität die Todesursachenstatistik nicht geeignet, da zum einen eine Influenza als Todesursache oft verkannt wird und zum anderen in der Todesursachenstatistik zwar das vom Arzt eingetragene Grundleiden, aber zum Beispiel nicht die "unmittelbaren Todesursachen" oder "mit zum Tode führende Krankheiten" gezählt werden. Die Altersgruppe mit der höchsten Influenza-assoziierten Mortalität sind die über 60-Jährigen, daher sollten gezielt ältere Menschen aufgeklärt und zu einer Grippeimpfung aufgefordert werden, um einen besseren und präventiven Impfschutz zu erzielen.
QuelleAktuelle Zahlen der Influenzasaison 2006/07. Pressekonferenz der Arbeitsgemeinschaft Influenza (AGI), Berlin 4. September 2007.
Wicker, S.; et al.: Influenza: Akzeptanz der Schutzimpfung bei medizinischem Personal. Auswertung zur Influenzasaison 2006/2007, Dtsch. Med. Wochenschr. 2007: 132; 1683-1687.
Epidemiologisches Bulletin des Robert Koch-Institus, Nr. 35 vom 31. August 2007.
ck
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