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- DAZ 32/2007
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Seite 3
Wettbewerb – um jeden Preis?
Es gibt Kräfte in unserer Gesellschaft, die am liebsten in allen Bereichen Wettbewerb hätten. Der Wettbewerb regelt alles, mit Wettbewerb wird alles gut. Nun ist es wohl richtig, dass Wettbewerb in der Tat eine treibende Kraft ist, der wir in bestimmter Weise unseren Fortschritt verdanken, die jedem von uns immer wieder Vorteile bringt. Wettbewerb in Sachen Leistung und Fortschritt hält unsere Wirtschaft am Laufen, auch ein Preiswettbewerb. Doch bei Letzterem zögert man als Heilberufler und wird nachdenklich. Soll man sich in einen Preiswettbewerb bei Arzneimittelpreisen begeben? Soll man den Kunden, den Patienten hochwirksame Arzneimittel als besonders preisgünstig "schmackhaft" machen, so dass sie eher geneigt sind, zuzugreifen und vielleicht die eine oder andere Packung mehr als nötig zu kaufen, nur weil sie im Doppelpack günstiger ist?
Seit 2004 dürfen wir als Apotheker die Preise für nicht-verschreibungspflichtige Arzneimittel selbst festlegen. Der Gesetzgeber erhoffte sich von der Freigabe der OTC-Preise mehr Wettbewerb und günstigere Arzneimittelpreise für die Verbraucher. Doch das Preiskarussell ist, so die Ansicht der Regierung und der Wettbewerbshüter, dem Bundeskartellamt und der Monopolkommission, nicht in Gang gekommen. In den Apotheken kosten selbst stark nachgefragte Präparate – wie vor der Preisfreigabe – gleich viel. Zum Teil sind die Preise sogar gestiegen. Ich selbst kann diese Ansicht so nicht teilen, wenn ich mir die Discount-, Billig- und zahlreichen Versandapotheken ansehe, die sich zum Teil mit Dumpingpreisen das Leben schwer machen. Aber möglicherweise ist dies den Wettbewerbsfetischisten nicht flächendeckend genug und in der Zahl noch zu wenig. Da der Preiswettbewerb noch nicht das Land durchdrungen hat, wittert das Bundeskartellamt Absprachen, Beeinflussung von Seiten der Verbände und der Industrie. Und ermittelt daher auch gegen Landesapothekerverbände, die gemeinsam mit Pharmaunternehmen möglicherweise unerlaubte Preisempfehlungen für Arzneimittel verabredet haben könnten, so zumindest die Ansicht des Kartellamts. Ich kann mir kaum vorstellen, dass sich die Verbände hier etwas haben zuschulden kommen lassen, ist es doch hinreichend bekannt, dass solche Absprachen nicht erlaubt sind. Vermutlich wird das Kartellamt Formulierungen der Verbände auf die Goldwaage legen, wobei es um die Frage gehen wird, inwieweit Informationen der Mitglieder bereits als Aufforderung zu Absprachen ausgelegt werden können. In wenigen Monaten wissen wir mehr hierzu.
Was mich derzeit nachdenklich stimmt, ist die in bestimmten Kreisen verankerte Ansicht, dass ein Preiswettbewerb auch bei der sensiblen Ware Arzneimittel stattfinden muss. Sollte sich ein OTC-Arzneimittel nicht weitgehend profanen Marktmechanismen entziehen? Da ist zum einen sein pharmakologisches Potenzial, das letztlich bis hin zu tödlichen Wirkungen reicht. Ein Mehrverbrauch solcher Präparate aufgrund billiger Preise kann im Sinne der Volksgesundheit nicht erwünscht sein. Warum sollte man dann solche Waren marktwirtschaftlichen Kräften auf der Verbraucherstufe aussetzen?
Außerdem, was können beispielsweise Billigangebote von Schmerzmitteln bewirken, wenn der Verbraucher keinen Bedarf daran hat, weil er gerade nicht an Kopfschmerzen leidet? Was würden Verbraucherschützer über die Ethik des Apothekerberufs sagen, wenn der Apotheker großflächig Arzneimittel mit Schnäppchenpreisen, Supersonderangeboten und anderen Kaufanreizen verramscht? Die Apotheker würden sich mit solchen Methoden geradezu ins ethische Abseits stellen und ihren Anspruch, Heilberufler zu sein, selbst verspielen.
Möglicherweise ist noch ein anderer Grund ausschlaggebend dafür, dass der Preiskampf bei Arzneimitteln nicht um sich gegriffen hat: Die Apotheke kann es sich heute aus wirtschaftlichen Gründen schlichtweg nicht erlauben, die OTC-Preise zu senken und als Wettbewerbsmittel einzusetzen. Für mich ist dies einer der nahe liegenden Gründe, warum die Apotheken weitgehend bei der unverbindlichen Preisempfehlung des Herstellers bleiben.
Erfreulich ist in diesem Zusammenhang die jüngste Stellungnahme der Bundesregierung zu einem Gutachten der Monopolkommission, die im vergangenen Jahr ebenfalls fehlenden Preiswettbewerb bei OTCs beklagte. Die Monopolkommission führte dies u. a. auf das Selbstbedienungsverbot für apothekenpflichtige Arzneimittel zurück. Dem hielt die Bundesregierung entgegen, dass keine empirischen Analysen der Preisentwicklung und des Kaufverhaltens bekannt seien, die diese Feststellung belegen würden.
Mein Wunsch: Das Bundeskartellamt und andere Wettbewerbsfreunde sollten verstehen, dass Arzneimittel keine Brötchen, keine Milch und keine Kartoffeln sind. Wettbewerb bei Arzneimitteln bitte nicht um jeden Preis, denn das wäre hier vor allem der Preis der Volksgesundheit.
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