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- DAZ 32/2007
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Feuilleton
Sonderausstellung
Vom Obstbau in Franken
Die Würzburger Residenz, die an sich schon eine Sehenswürdigkeit ersten Ranges ist, wartet derzeit mit einer besonderen Attraktion auf: Bis zum 16. September sind dort kolorierte Zeichnungen und Drucke von Früchten, Obstbäumen und Gärten des späten 18. Jahrhunderts zu besichtigen. Sie versetzen den Besucher in eine Zeit, als der Obstbau eine hochgeschätzte Kunst und zugleich ein fürstliches Vergnügen war.
Vom Regieren verstand Frankreichs König Ludwig XV. nicht viel, aber er war ein vorzüglicher Kenner der Pflanzenzucht. Dieses Hobby teilte er mit vielen anderen Regenten der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, die ihre Residenzen nicht nur mit Lustgärten und Orangerien, sondern auch mit Nutzgärten umgaben. So pflegte Friedrich Schillers Vater als ausrangierter Offizier die herzoglichen Obstgärten am Schloss Solitude bei Stuttgart und schrieb nebenher ein Buch über die Baumzucht.
Die Fürstbischöfe von Würzburg, die nach dem Bau der Residenz auch den Hofgarten neu anliegen ließen, hatten mit Johann Prokop Mayer einen besonders fähigen und erfahrenen Hofgärtner angestellt; dabei hat man sich unter einem "Gärtner" eher einen Gartenarchitekten und Baumschulingenieur in einer Person vorzustellen. Mayer hatte während seiner Gesellenjahre auch in England und Frankreich gearbeitet und dort eine Vielzahl von Obstsorten kennen gelernt, die damals in Deutschland noch unbekannt waren. Er nutzte nun seine internationalen Beziehungen, um neue Obstsorten in Würzburg einzuführen, zu vermehren und weiter zu verbreiten.
Schließlich fasste Mayer den Plan, ein umfassendes Verzeichnis aller Sorten mit Abbildungen und kurzen Beschreibungen zu publizieren, und gewann dafür den Nürnberger Verleger Winterschmidt, der bereits mehrere illustrierte Werke über den Gartenbau herausgegeben hatte. So erschien von 1776 bis 1801 in drei Bänden die "Pomona Franconica", was man mit "Fränkischer Obstbau" übersetzen kann.
Leihgabe aus Qatar
Die Hauptattraktion der Ausstellung ist freilich nicht das gedruckte Prachtwerk, sondern es sind die vielen kolorierten Zeichnungen, die den Kupferstechern als Vorlagen gedient haben. Sie waren im Jahr 2000 im Kunsthandel aufgetaucht und vom Scheichtum Qatar erworben worden. Nun werden sie zum ersten und vermutlich auch zum letzten Mal in Würzburg, wo sie einst entstanden sind, öffentlich ausgestellt. Die Früchte leuchten in kräftigen Farben wie einst, nur die Beschriftungen sind mittlerweile etwas verblasst.
Dokumente zum zeitgenössischen Verzehr des Obstes, zu Früchten als Motiv der Kunst (Tischgeschirr, Stillleben, Gartenplastiken), zum damaligen Pflanzenbestand des Würzburger Hofgartens sowie zur botanischen und hortikulturellen Literatur runden die sehenswerte Ausstellung ab. Das großformatige Begleitbuch zur Ausstellung, das außer dem Katalog auch neun Aufsätze enthält, ist ein wahrer Leckerbissen für jeden, der an historischen Pflanzendarstellungen seine Freude hat.
W. Caesar
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