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Arzneimittel und Therapie
Cimicifuga-Studien differenziert betrachten
In den USA wurde die Studie vom American Botanical Council bereits heftig kritisiert. Im Gegensatz zu vielen anderen Ländern gibt es Cimicifuga in Deutschland nicht als Nahrungsergänzungsmittel sondern ausschließlich als zugelassene Arzneimittel.
FDA-Richtlinien nicht eingehalten
Aus dem multisymptomatischen Komplex menopausaler Beschwerden wurden als Haupt-zielparameter Hitzewallungen und nächtliche Schweißausbrüche definiert. Die amerikanische Zulassungsbehörde FDA empfiehlt für Patientinnen in derartigen Studien eine Ausgangssituation von mindestens sieben bis acht Hitzewallungen pro Tag. Trotzdem wurden in diese Studie schon Patientinnen mit lediglich zwei Wallungen pro Tag aufgenommen. Bei einem derartigen Patientenkollektiv ist kaum eine signifikante Wirksamkeit zu erwarten. Die verwendete Wiklund-Skala ist nahezu unbekannt und lässt keine Vergleiche mit bereits publizierten Studien zu.
Insgesamt waren über 50% der Patientinnen zum Zeitpunkt ihrer Aufnahme in die Studie in der Perimenopause. Selbst am Ende der Studie waren hiervon nur über 50% zwölf Monate amenorrhöisch, das heißt postmenopausal. Nun verändern sich aber gerade in dieser sensiblen Phase sowohl Symptomatik als auch Schweregrad der menopausalen Beschwerden oft erheblich, so dass es für eine zwölfmonatige Studie sinnvoller gewesen wäre, ein stabileres postmenopausales Patientinnenkollektiv zu untersuchen.
59% unerwünschte Wirkungen im Hormonarm
Die korrekte Randomisierung und Verblindung dieser Studie ist anzuzweifeln. So wurden z. B. Frauen ohne Uterus aus Sicherheitsgründen einer bestimmten Hormonersatztherapie (HT) zugeteilt. Hier zumindest kann nicht von Randomisierung gesprochen werden. Des weiteren wurden laut Autoren 16 Patientinnen der Hormonersatztherapie-Gruppe aufgrund von Sicherheitsbedenken entblindet, ohne dass der Zeitpunkt dieser Maßnahme angegeben wird. Bei 19 Patientinnen (d. h. 59%!) der Hormonersatztherapie-Gruppe traten "anormale Blutungen" als unerwünschte Ereignisse auf. Dies sowie die ebenfalls signifikant erhöhte Inzidenz von "Brustbeschwerden" in der Hormonersatztherapie-Gruppe spricht für eine De-facto-Entblindung dieser Gruppe.
Während des Rekrutierungsprozesses erfolgte die Veröffentlichung der WHI-Studie (Women’s Health Initiative). Um den dadurch wachsenden Sicherheitsbedenken der neu aufzunehmenden Patientinnen Rechnung zu tragen (49% lehnten wegen der Möglichkeit Hormonersatztherapie zu erhalten eine Aufnahme in die Studie ab), wurde zwischen August 2002 und Juni 2003 die Wahl zwischen einem Randomisierungsschema ohne Hormonersatztherapie und einem Randomisierungsschema mit Hormonersatztherapie angeboten. Auch konnten sich bereits aufgenommene Patientinnen aus diesen Gründen entblinden lassen, bis dann ab Juni 2003 keine neuen Patientinnen mehr in die Hormonersatztherapie-Gruppe aufgenommen wurden. Diese Interventionen führen zwangsläufig zu einem Ungleichgewicht in der Randomisierung.
Zweifel an der Prüfmedikation
Entgegen der behaupteten Vergleichbarkeit mit bekannten Fertigarzneimitteln wurde lediglich eine experimentelle Cimicifuga-Zubereitung untersucht. Ein Extrakt wurde in Gelatine-Kapseln gefüllt und weder vorher noch nachher gemäß Arzneimittelgesetz/-prüfrichtlinien kontrolliert.
Die Kapseln befanden sich in Stehdöschen (später: Medikamentenschachteln), die mehr-mals täglich geöffnet und geschlossen wurden. Diese Verpackung schützt die Medikation nicht so gut wie eine hochwertige Blisterverpackung. Zusammen mit dem Fehlen von Stabilitätsdaten, die bei einer Studiendauer von zwölf Monaten unerlässlich scheinen, lässt dies Zweifel an der Stabilität der Studienmedikation aufkommen. Dies gilt umso mehr, als von den Autoren selbst eingeräumt wird, dass diverse charakteristische Inhaltsstoffe in den untersuchten Präparaten analytisch nicht nachgewiesen werden konnten. Die Produkte hätten nach dem deutschen Arzneimittelgesetz überhaupt nicht freigegeben werden dürfen.
Zehn positive Studien nicht wegen einer negativen ignorieren!
Prof. Dr. Gail Mahady von der University of Illinois, die ebenfalls eine öffentlich geförderte Cimicifuga-Studie in den USA durchführt, stellte fest, dass "seit 2003 ungefähr zehn klinische Studien zur Traubensilberkerze veröffentlicht wurden, die sämtlich positive Ergebnisse er-brachten." Die in der Publikation genannten analytischen Parameter erlauben aber keinesfalls die Übertragung der Resultate auf zugelassene Cimicifuga-Präparate. Mahady weiter: "Eine negative Studie hebt keinesfalls diese Vielzahl an positiven Daten auf."
QuelleNewton, K. M.; Reed, S. D.; LaCroix, A. Z.; et al.: Treatment of Vasomotor Symptoms of Menopause with Black Cohosh, Multibotanicals, Soy, Hormonal Therapy, or Placebo: A Randomized Trial. Ann. Intern. Med. 145(12), 869-879 (2006).
Newton, K. M.; Reed, S. D.; Grothaus, L.; et al.: The Herbal Alternatives for Menopause (HALT) Study: background and study design. Maturitas 52(2) , 134-146 (2005).
Dr. med. Andrea Hoffmann, Fachärztin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Schaper & Brümmer GmbH & Co. KGBahnhofstraße 35, 38259 Salzgitter
Die HALT-StudieDie Herbal Alternatives for Menopause Trial (HALT) ist eine von den National Institutes of Health (NIH), USA, initiierte randomisierte, kontrollierte Studie zum Einsatz von pflanzlichen Präparaten bei Wechseljahrsbeschwerden. 351 Frauen im Alter von 45 bis 55 Jahren nahmen an der Studie teil. Sie hatten mindestens zwei Episoden von Hitzewallungen pro Tag oder nächtliche Schweißausbrüche. Etwa die Hälfte der Frauen befand sich in der Menopause, die andere Hälfte in der Postmenopause.
In der Studie gab es fünf Gruppen:
Gemessen wurden Häufigkeit und die Intensität von Hitzewallungen und nächtlichen Schweißausbrüchen zu Beginn der Therapie und nach drei, sechs und zwölf Monaten unter Therapie. In keiner der drei Gruppen mit Phytotherapie wurden die Symptome im Vergleich zur Placebo-Gruppe gebessert. In der Gruppe mit Beratung in Richtung Soja-haltiger Ernährung war das Ergebnis sogar schlechter als in der Placebo-Gruppe. Die Hormonersatztherapie war wie erwartet wirksam.
Quelle: DAZ 1, 38-39 (2007)bm
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