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Arzneimittel und Therapie
Therapie der Schizophrenie
Neues Atypikum Paliperidon
Eine gute Wirksamkeit auf Plus- wie auch Minussymptome bei der Schizophrenie bei gleichzeitiger Verbesserung des psychosozialen Funktionsniveaus sowie eine gute Verträglichkeit und das Fehlen relevanter Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln – das verspricht das neue atypische Neuroleptikum Paliperidon (Invega®). Invega® steht seit 28. Juni 2007 zur Verfügung und enthält ein Racemat aus (+) und (-) Paliperidon. Dabei handelt es sich um 9-Hydroxyrisperidon, den aktiven Metaboliten des atypischen Neuroleptikums Risperidon.
Dank der Galenik mit verzögerter Wirkstofffreisetzung gewährleistet Paliperidon auch bei nur einmal täglicher Einnahme gleichmäßige Plasmaspiegel. Zwar gibt es mit den zur Verfügung stehenden Neuroleptika eine effektive Therapie der Schizophrenie, optimal aber sind die Behandlungsmöglichkeiten bei weitem noch nicht. Vor allem die hohe Abbruchrate und nicht zuletzt dadurch bedingt die hohe Rezidivrate bleiben problematisch. Eine Verbesserung der Therapieoptionen verspricht das neue Atypikum Paliperidon ER (extended release), das mit der Oros® -Technologie (Osmotic-controlled Release Oral-delivery System) eine osmotisch kontrollierte Freisetzungsgalenik aufweist, so dass innerhalb von 24 Stunden eine osmotisch kontrollierte Freisetzung des Wirkstoffes aus der Tablette gewährleistet wird.
Invega® enthält ein Racemat aus (+) und (-) Paliperidon, dem aktiven Metaboliten des atypischen Neuroleptikums Risperidon (Risperdal®). Die pharmakologische Wirkung der (+) und (-) Paliperidon-Enantiomere sind qualitativ und quantitativ ähnlich. Paliperidon ist ein selektiver Inhibitor monoaminerger Effekte, dessen pharmakologische Eigenschaften sich von denen klassischer Neuroleptika unterscheiden. Paliperidon bindet stark an serotonerge 5-HT2 - und dopaminerge D2 -Rezeptoren. Es blockiert darüber hinaus auch α1 -adrenerge Rezeptoren und, in etwas geringerem Ausmaß, H1 -histaminerge sowie α2 -adrenerge Rezeptoren. Paliperidon bindet nicht an cholinerge Rezeptoren. Obwohl Paliperidon ein starker D2 -Antagonist ist, von dem angenommen wird, dass er die positiven Symptome der Schizophrenie mildert, führt es in geringerem Maße zu einer Katalepsie und Verminderung der motorischen Funktionen als klassische Neuroleptika. Der dominierende zentrale Serotonin-Antagonismus könnte die Tendenz von Paliperidon zur Auslösung extrapyramidaler Nebenwirkungen vermindern.
Kein Auftitrieren notwendig
Da es Hinweise dafür gibt, dass das Risiko für extrapyramidal-motorische Störungen mit schwankenden Plasmaspiegeln steigt, wurde Paliperidon in einer Formulierung mit verzögerter Wirkstofffreisetzung entwickelt. Die besondere Galenik sorgt dafür, dass bei oraler, einmal täglicher Einnahme 24 Stunden lang gleichmäßigere Wirkstoffspiegel als unter den herkömmlichen, nicht retardierten Präparaten erzielt werden. Der Wirkstoff flutet so nur langsam an und es ist keine einschleichende Dosierung erforderlich. Allerdings sollten die Tabletten immer morgens um etwa die gleiche Zeit eingenommen werden und das entweder immer nüchtern oder immer im Zusammenhang mit dem Essen, um Spiegelschwankungen durch die Nahrungsaufnahme zu vermeiden. Zugelassen ist Paliperidon für einen Dosisbereich von 3 bis 12 mg täglich, als Dosierung empfohlen werden 6 mg einmal täglich, wobei keine Auftitrierung erforderlich ist. Der Wirkstoff ist damit das bislang einzige Neuroleptikum, bei dem von Therapiebeginn an mit der Zieldosierung behandelt werden kann.
Keine klinisch relevanten Interaktionen
Besonders vorteilhaft ist die Tatsache, dass der Wirkstoff nur in sehr geringem Maße hepatisch über das Cytochrom-P450-System metabolisiert wird, relevante pharmakokinetische Interaktionen mit anderen Arzneimitteln sind daher nicht zu erwarten.
Klinisch geprüft wurde das neue Atypikum in fünf großen doppelblinden kontrollierten Studien mit mehr als 2200 Patienten. In drei randomisierten Doppelblindstudien wurde die Wirksamkeit bei der akuten Schizophrenie untersucht, wobei eine signifikante Reduktion des mittleren PANSS-Gesamtscores (Positive and Negative Syndrome Scale) zwischen 15 und 20 Punkten zum Ausgangswert gesehen wurde. Die Wirkung tritt offenbar sehr rasch ein und ist bereits beim ersten Untersuchungszeitpunkt nach vier Wochen statistisch signifikant. Es gibt zudem Hinweise, dass der Wirkeintritt früher erfolgt als bei anderen Neuroleptika, was durch die gleichmäßigeren Plasmaspiegel infolge der osmotisch kontrollierten Freisetzung bedingt sein könnte.
Parallel zur Besserung der Plussymptomatik wurde in den Studien auch eine signifikante Besserung der Minussymptome erwirkt und es wurde gezeigt, dass sich die persönliche, die berufliche und die soziale Funktionsfähigkeit der Patienten unter der Therapie wieder bessert (PSP Score, Personal and Social Performance Scale). Die Besserung der Symptomatik wurde bei allen Patientengruppen erwirkt und das insbesondere auch bei Patienten mit erst kürzlich diagnostizierter Schizophrenie sowie bei älteren Schizophrenie-Patienten, wie eine eigene kontrollierte Untersuchung bei dieser Patientengruppe ergab.
Reduktion der Rezidivrate
Eine weitere Doppelblindstudie belegte neben der guten akuten Wirksamkeit auch eine hochsignifikante Reduktion der Rezidivhäufigkeit. Die Unterschiede waren so ausgeprägt, dass diese Studie vorzeitig abgebrochen werden musste. Zum Zeitpunkt des Abbruchs hatten unter Paliperidon 25% der Patienten, unter Placebo allerdings 53% einen Rückfall erlitten. Das erste Rezidiv trat unter dem neuen Neuroleptikum erst nach durchschnittlich 68 Tagen auf, in der Placebo-Gruppe aber bereits nach 23 Tagen.
Geringes Nebenwirkungsrisiko
Die Verträglichkeit von Paliperidon ist gut, bei der üblichen Dosierung lag die Nebenwirkungsraten in den Akutstudien wie auch bei der Langzeittherapie auf Placeboniveau. Extrapyramidale Nebenwirkungen wurden bei einer Dosis von 6 mg/Tag nicht gesehen, erst bei höherer Dosierung (9 und 12 mg Paliperidon) zeigte sich ein leichter Anstieg der Häufigkeit. Es gab ferner kein Signal einer Prolaktinerhöhung und auch die langfristig zu beobachtende Gewichtszunahme von durchschnittlich 1,5 Kilogramm war deutlich geringer ausgeprägt als es von Vergleichsmedikationen bekannt ist.
QuelleDr. Ludger Hargarter, Neuss, Prof. Dr. Andreas Heinz, Berlin, Prof. Dr. Hans-Peter Volz, Werneck: Pressekonferenz "Das Neuzeit-Atypikum Invega® – Auf dem Weg zu einer optimalen Schizophrenietherapie", Köln, 5. Juli 2007, veranstaltet von der Janssen Cilag GmbH, Neuss.
Fachinformation Invega® , Stand Juni 2007.
Christine Vetter, freie Medizinjournalistin
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