Prisma

Stammzellen lassen Brüche heilen

Die Züchtung künstlicher Gewebe aus patienteneigenen Stammzellen ist bereits Bestandteil der regenerativen Medizin. Als erfolgreich erweist sich die moderne Methode auch bei Defekten und Durchblutungsstörungen am Knochen.

Tissue Engineering ist die Bezeichnung für jene Gewebetechnik, die als Weiterentwicklung der Transplantationsmedizin angesehen werden kann. Entnommene Zellen des zu behandelnden Patienten werden dabei auf Nährmedien in vitro kultiviert und anschließend wieder reimplantiert. Heidelberger Orthopäden nutzten das Therapiekonzept jetzt zur Behandlung von nicht verheilenden Knochenbrüchen und Durchblutungsstörungen im Stützapparat. Sie entnahmen den Patienten Knochenmark aus der Beckenschaufel und isolierten daraus Stammzellen. Unter Zusatz von Wachstumsfaktoren wurden diese dann vervielfältigt und in Kombination mit resorbierbaren Knochenersatzstoffen als Füllmaterial bei Knochendefekten verwendet. Sowohl die Zellgewinnung als auch ihre Aufarbeitung und Reimplantation erfolgten im Verlauf einer einzigen Operation. Somit mussten sich die Patienten nicht, wie bisher, mehreren operativen Eingriffen unterziehen. war

Quelle: Pressemitteilung des Universitätsklinikums Heidelberg vom 25.4.2007

Neue Erkenntnisse zur Wirkung von Baldrian

Österreichische Wissenschaftler haben neue Erkenntnisse zum Wirkmechanismus von Baldrian. Wie sie in der Fachzeitschrift "Neuropharmacology" schreiben, wirkt einer der Inhaltsstoffe an GABA-A-Rezeptoren – ähnlich wie Wirkstoffe, die zur Gruppe der Injektionsanästhetika zählen.

Für ihre Untersuchungen verwendeten die Forscher um Sophia Kohm von der Universität Wien verschiedene aus Baldrianextrakt isolierte Reinsubstanzen, darunter auch die Valerensäure. Wie sie zeigen konnten, greift diese am GABA-A-Rezeptor an – und zwar auf eine spezielle Weise. "Wir konnten feststellen, dass die Valerensäure an einem Punkt angreift, an dem auch Arzneimittel, die zur Gruppe der Injektionsanästhetika gehören, wirken", erklärt Kohm. Die Valerensäure könnte damit in Zukunft möglicherweise als wirksames Anästhetikum zum Einsatz kommen. "Anästhetika mit ähnlicher Wirkung wie die Valerensäure haben eine stark Schlaf fördernde Wirkung und werden deshalb in Kombination mit Schmerzmitteln vor Operationen intravenös verabreicht, um Patienten schnell in einen Tiefschlaf zu versetzen." ral

Quelle: Kohm, S. et al.: Neuropharmacol., Online-Vorabpublikation, DOI:10.1016/j.neuropharm.2007.04.018

Der Blick für Emotionales

Beim schnellen Überfliegen eines Textes erkennt unser Gehirn emotional besetzte Wörter schneller als neutrale. Ob es sich um positiv oder negativ besetzte Wörter handelt, ist dabei zweitrangig, haben Psychologen der Universität Konstanz herausgefunden.

Die Forscher ließen 16 Probanden 180 Begriffe mehrfach kurz ansehen, ein Teil war emotional besetzt, der Rest war neutral. Die Hirnströme der Teilnehmer wurden aufgezeichnet und ihr Erinnerungsvermögen getestet. Ergebnis: Worte wie Liebe, Ekstase, Angst oder Hass lösten schon nach einem einzigen kurzen Blick deutliche Aktionspotenziale aus. Vor allem der Übergangsbereich vom Hinterhautlappen der linken Gehirnhälfte zum Schläfenlappen reagierte auffallend. Vermutlich findet hier die Verknüpfung des Wortes mit seiner Bedeutung statt. Auch blieben die emotional besetzten Ausdrücke besser im Gedächtnis der Teilnehmer haften als die neutralen. Die Erklärung der Psychologen: Beim Betrachten gefühlsmäßig aufgeladener Situationen wird das innere emotionale Alarmsystem aktiviert, um gegebenenfalls flüchten zu können. Worte sind zwar abstrakte Zeichenfolgen, doch scheinen sie aufgrund unserer Lernprozesse ähnliche Reaktionen hervorzurufen. war

Quelle: Kissler, J. et. al.: Psychol. Sci. 18 (6), im Druck

Schnelle Eingreiftruppe in der Nase

Zellen leben nur eine begrenzte Zeit. Das gilt auch für die Zellen der Geruchsnerven. Durch Abnutzung zerstörte Zellen werden dort in der Regel von den sogenannten Reparaturstammzellen der Nase ersetzt. Sind diese jedoch ebenfalls stark geschädigt, kommt ein weiterer Notfalltrupp zum Einsatz, der sich normalerweise völlig untätig im Hintergrund hält.

Ein Forscherteam der Johns-Hopkins-Universität in Baltimore entdeckte das doppelte Sicherheitssystem unseres Riechorgans im Verlauf einer Studie mit Mäusen. Die aus Basal- und Stützzellen gebildete Riechschleimhaut ist mit etwa 30 Millionen Riechzellen versehen. Unter der äußeren Schleimhaut liegt zusätzlich eine Schicht kugelförmiger Stammzellen, die sich bei Bedarf in verschiedene Zelltypen differenzieren können. Auf diese Weise lassen sich alle Riechnervenzellen innerhalb von drei Wochen komplett erneuern. Aggressive Atemgifte können jedoch auch das Reparatursystem lahm legen und die Erneuerung der Riechzellen verhindern. In dem Fall treten sogenannte horizontale Basalzellen (HBC) in Aktion, die sich ebenfalls unter der Riechschleimhaut befinden. Sie übernehmen die Aufgaben der normalerweise tätigen Reparaturstammzellen und beginnen mit dem Neuaufbau der Riechschleimhaut. Ist die Notsituation vorüber, werden die HBCs wieder inaktiv.

Eine zweifache Absicherung des Geruchssinns ist für viele Tiere überlebensnotwendig, erklären die Wissenschaftler. Beim Einatmen durch die Nase strömt die Atemluft an der Riechschleimhaut entlang und die Eiweiße der Riechzellen reagieren mit den angebotenen Duftmolekülen. Der dabei ausgelöste Reiz wird in ein elektrisches Signal umgewandelt und vom Riechkolben in den Thalamus, die Steuerzentrale für Sinneswahrnehmungen im Gehirn, weitergeleitet. So lassen sich eventuelle Gefahren ebenso erschnuppern wie Hinweise auf mögliche Nahrungsquellen. war

Quelle: Leung, C. et al.: Nature Neurosci., Online-Vorabpublikation, DOI: 10.1038/nn1882

Der Osten zappelt heftiger als der Westen

Wissenschaftler der Universität Halle-Wittenberg haben untersucht, wie häufig das Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätssyndrom (ADHS) in Deutschland im Krankenhaus behandelt wird. Dabei stellten sie ein deutliches Ost-West-Gefälle fest. In Ostdeutschland wird ADHS fast dreimal häufiger in der Klinik therapiert als in Westdeutschland.

In den fünf Ost-Bundesländern liegt die Rate der ADHS-Krankenhausbehandlungen der Untersuchung zufolge bei 35,5 pro 100.000 Einwohner (untersucht wurde die männliche Bevölkerung). In den westlichen Bundesländern beträgt die Rate dagegen nur 8,7 pro 100.000 Einwohner. "Spitzenreiter" ist Brandenburg, gefolgt von Thüringen und Sachsen-Anhalt. Den geringsten Wert hatte in der Studie Hamburg. Für die Ungleichverteilung gibt es aus Sicht des Forscherteams um Andreas Stang vom Institut für Medizinische Epidemiologie, Biometrie und Informatik der Universität Halle-Wittenberg zwei mögliche Gründe. Zum einen komme ein Struktureffekt zum Tragen. So gebe es in den neuen Bundesländern deutlich weniger ambulant tätige Kinder- und Jugendpsychiater als in den alten. Zum anderen könnten Umweltfaktoren zu einer Häufung und vor allem auch einer schwereren Ausprägung von ADHS im Osten beitragen. "Die geringe Ärztedichte ist ein zwar statistisch relevanter Faktor, dennoch spielen bei der Häufigkeit von Inzidenzen möglicherweise auch sogenannte umweltbedingte Risikofaktoren eine nicht unwesentliche Rolle", meint Stang. Er nennt vor allem soziale Risikofaktoren wie eine niedrige soziale Schicht (hauptsächlich bei der Mutter), Alkoholprobleme (vor allem beim Vater) sowie weitere psychosoziale Faktoren. "Nicht zu vergessen sind möglicherweise auch die zunehmende Perspektivlosigkeit der Jugend, hohe Arbeitslosigkeit sowie eine höhere soziale Entwurzelung im Zuge der Wiedervereinigung", so die Mutmaßung von Stang. ral

Quelle: Stang, A. et al.: Dtsch Arztebl 104 (19), A 1306–1311 (2007).

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