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Pharmacon Meran 2007
Patienten schätzen individuelle Beratung
MERAN (hel). Die Menschen suchen ihre wohnortnahe Apotheke gerne auf. Davon ist Magdalene Linz, Präsidentin der Bundesapothekerkammer, überzeugt. "Bei Information und Beratung haben Apotheker ein Alleinstellungsmerkmal", sagte sie in ihrer Rede zur Eröffnung des 45. Fortbildungskongresses der Bundesapothekerkammer in Meran (3. bis 8. Juni) und sprach sich für den Erhalt der inhabergeführten Apotheke aus. Unter anderem wies sie auf eine drohende Gefahr des Fremdbesitzes hin: Preisabsprachen unter einigen wenigen großen Anbietern.
Zwei Gesetze haben nach den Worten von Linz in jüngster Zeit die Position der Apotheker als Heilberuf gestärkt: So hat das GKV-Modernisierungsgesetz den Apothekern politisch sehr geholfen, weil nun die apothekerlichen Leistungen unabhängig vom Arzneimittelpreis honoriert werden. Zum anderen hat das Arzneimittelversorgungs-Wirtschaftlichkeitsgesetz (AVWG) mit dem weitgehenden Verbot von Rabatten dafür gesorgt, dass auf Apothekenebene keine Höchstpreise eingeführt worden sind.
Diese Maßnahmen haben nach Aussage von Linz zwar die Glaubwürdigkeit der Apotheker gestärkt, sie jedoch wirtschaftlich stark getroffen. "Die Spirale kann nicht weiter nach unten gehen", sagte Linz, "wir brauchen ein angemessenes Einkommen."
Linz erklärte die Bereitschaft der Apotheker, die Sparbemühungen im Gesundheitswesen zu unterstützen und betonte, dass sie das Instrument der Rabattverträge grundsätzlich für richtig halte. Es führe zu Wettbewerb unter den Herstellern und nicht zu einem Preisdumping unter den Apotheken.
"Wir wollen an sinnvollen Sparbemühungen mitwirken", sagte Linz und kritisierte gleichzeitig die jetzigen Vereinbarungen der AOK mit einzelnen Herstellern, die nicht praktikabel seien. "Diese Herstellerfirmen sind nicht lieferfähig genug, und wir erleben täglich in der Praxis, dass es nicht klappt", so Linz. Sie bedauerte vor allem, dass es in den Beratungsgesprächen im Zusammenhang mit den Rabattverträgen nicht mehr um pharmazeutische Inhalte gehe, sondern nur noch um die Kosten. Besonders schwer sei es, den Patienten zu vermitteln, dass sie das gewünschte Arzneimittel auch bei einer Zuzahlung nicht erhalten könnten. Laut Linz hätten andere Krankenkassen bewiesen, dass man auch andere Verträge abschließen könne. "Wir brauchen praktikable Regelungen", meinte Linz, "die unsere Zeit nicht bürokratisieren, sondern es uns ermöglichen, das zu tun, was unsere Aufgabe ist – die Patientinnen und Patienten über Arzneimittel zu informieren und zu beraten."
Beratung schafft Vertrauen
"Bei der Information und Beratung über Arzneimittel haben wir ein Alleinstellungsmerkmal", sagte Linz, "diese Leistung kann in der Form nur durch uns erbracht werden." Mit der Verpflichtung des Apothekers zu Information und Beratung begründet sich auch die Apothekenpflicht. "Apothekenpflicht ist Verbraucherschutz", meinte Linz und verwies auf die Testkäufe der Apothekerkammern als Mittel zur Qualitätsverbesserung.
Information und Beratung – diese Leistungen der Apotheke werden vor Ort von den Menschen geschätzt: "Die Bevölkerung stimmt mit den Füßen ab." Jetzt sind die Apotheker dazu aufgerufen, ihre Beratung kontinuierlich deutlich sichtbar zu verbessern. Dabei ist unter anderem die Diskretion bei der Beratung wichtig, was auch ein Thema auf dem Deutschen Apothekertag sein wird.
Eine Aufgabe der Apotheker ist es, von zweifelhaften Arzneimitteln abzuraten. Linz führte das "Wundermittel Schwarzbeere" als Beispiel an. Die Apotheker sollten ihre Verantwortung ernst nehmen und damit ihre Glaubwürdigkeit erhöhen. Oft genügt der gesunde Menschenverstand, um zu beurteilen, dass die Versprechungen eines Wundermittels nicht eingehalten werden können, führte Linz aus.
Die Präsidentin rief dazu auf, die nicht immer geliebten Rezepturen zur Imagepflege zu nutzen. "Auch hier haben wir ein Alleinstellungsmerkmal", betonte sie und fragte, wer sonst zeit- und wohnortnah jährlich 20 Mio. Rezepturen herstellen könne. Die individuelle Anfertigung trage zum positiven Bild der Apotheke bei, Versandhändler könnten dies nicht leisten. "Apotheken light – ohne Labor und ohne Rezeptur – sind nicht das, was wir wollen", meinte Linz.
DocMorris und Fremdbesitz: Schöne neue Welt?
Die Übernahme der niederländischen Versandapotheke DocMorris durch den pharmazeutischen Großhändler Celesio war ein weiteres Thema der Rede. Damit sei klar, so Linz, dass dieser pharmazeutische Großhandel der inhabergeführten Apotheke Konkurrenz machen wolle. Linz wies darauf hin, dass ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH), in dem das Fremd- und Mehrbesitzverbot fallen würde, nicht unbedingt im Interesse der pharmazeutischen Großhändler liegen müsse und nur den Apotheken "nahestehende" Unternehmen Apothekenketten betreiben dürften. "Warum soll ein Vorstand aus Juristen und Ökonomen mehr pharmazeutischen Sachverstand haben, nur weil er einen pharmazeutischen Großhandel leitet?" fragte Linz.
Sie kritisierte gleichzeitig die Annahme als unrealistisch, dass es durch ein europäisches Urteil zu einer Niederlassungsbeschränkung in Deutschland kommen könnte. Eine Rücknahme der deutschen liberalen Regelung sei nicht zu erwarten, meinte die Kammerpräsidentin.
Auch wenn die Protagonisten des Fremd- und Mehrbesitzes eine solche Welt schönzureden versuchen, scheint nach den Worten von Linz dieses Geschäftsmodell nicht überall gelungen zu sein. So möchte Polen diesen Schritt derzeit gerne wieder rückgängig machen, und in Norwegen gehen Kartellbehörden gegen drei Großhändler vor, die ihre zu hohen Preise abgesprochen haben. "Wenn nur noch wenige Anbieter existieren, funktionieren die Marktgesetze nicht mehr", sagte Linz und verwies auf Beispiele bei den Energielieferanten.
Italien: "Apothekenecken" in Supermärkten
In Italien ist die Liberalisierung des Marktes weiter fortgeschritten als bei uns, und Arzneimittel dürfen auch in Supermärkten und Einkaufszentren verkauft werden, wenn ein Apotheker anwesend ist. Das berichtete Dr. Maximin Liebl, Präsident der Apothekerkammer der Provinz Bozen.
Dabei werden in Supermärkten auf das apothekenübliche Randsortiment Rabatte von bis zu 40% gegeben. Da diese Rabatte den Großhandelsrabatt deutlich übersteigen, lohnen sich derartige Apothekenecken bisher nicht, meinte Liebl. Sie sind vor allem in Ballungsräumen zu finden. Insgesamt sei jedoch laut Liebel die Akzeptanz der italienischen Apotheken bei der Bevölkerung sehr gut: "Ein Italiener geht in seine Apotheke und lässt sich beraten."
"Bei der Information und Beratung über Arzneimittel haben wir ein Alleinstellungsmerkmal. Diese Leistung kann in der Form nur durch uns erbracht werden. "
M. Linz
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