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Medizin
Was ist eigentlich ... eine Kalkschulter?
Schmerzen im Schultergelenk
Kalkablagerungen in der Schulter sind anders zusammengesetzt als der Kalk des Rauchers im Raucherbein oder im Gehirn bei Durchblutungsstörungen. Es ist eine Kalkform, die in der Konsistenz wie Zahnpasta ist. Sie kann ab- und aufgebaut werden und auch ganz spontan verschwinden. Die Kalkschulter ist keine Erkrankung des Alters, sie kann in jedem Alter auftreten, trifft aber am häufigsten Personen im mittleren Lebensalter . Frauen leiden darunter in der Regel häufiger als Männer. Besonders betroffen sind Frauen im Alter zwischen 30 und 50 Jahren.
Muskeln und ihre Sehnenansätze dienen der Beweglichkeit des Schultergelenkes. Diese Muskeln werden als "Rotatorenmanschette" bezeichnet. In diese Sehnenansätze setzen sich bei manchen Menschen im Laufe der Zeit Calciumsalze aus unbekannter Ursache ab, am häufigsten in der Supraspinatussehne. Möglicherweise sind Minderdurchblutungen der Sehnenansätze als Ursache zu nennen. Zu Beginn der Erkrankung merkt die Person nichts, ist also beschwerdefrei. Bei weiterem Wachstum der Kalkdepots kommt es jedoch langsam zu Schmerzen. Diese sind anfänglich nur bei bestimmten Bewegungen zu bemerken, vor allem wenn der Arm über den Kopf angehoben wird, aber auch bei Drehung des Arms in der Schulter.
Schmerzen in der Nacht
Langsam treten die Schmerzen nun auch in Ruhe auf, wenn der Arm also nicht bewegt, sondern ruhig gehalten wird. Besonders während der Nacht bereiten die Schmerzen dem Betroffenen große Probleme, oftmals wird die Nachtruhe deutlich eingeschränkt. Durch die dauernde Reizung des Gelenkes kann es zu einer Entzündung des Schleimbeutels im Schultergelenk kommen. Diese Entzündung wird als "Bursitis" bezeichnet.
Heftige Attacken bei Fortschreiten
Im Verlauf der fortgeschrittenen Erkrankung kommt es immer wieder zu plötzlichen, sehr heftigen Schmerzattacken. Diese treten auf, wenn sich die Kalkdepots spontan entleeren. Wechselnde Schmerzen mit akuten Verschlimmerungen sind typisch für die Kalkschulter.
Gut erkennbare Kalkdepots
Die Symptomatik spricht oftmals schon für die Diagnose Kalkschulter. Zur Sicherheit werden neben der klinischen Untersuchung Röntgenaufnahmen und eine Sonografie durchgeführt. Im Röntgenbild und in der Sonografie können die Kalkdepots gut erkannt werden. Die Größe der Kalkdepots korreliert nicht mit dem Ausmaß der Schmerzen. Kleine Verkalkungen können also durchaus sehr starke Schmerzen verursachen. Handelt es sich um ein sehr großes Kalkdepot oder um Depots in mehreren Sehnengruppen, erfolgt bereits durch das sehr große Verdrängungsvolumen der Kalkablagerung in der Sehne ein erheblicher Dehnungsschmerz. Im Laufe der Erkrankung kommt es dann zu den schon beschriebenen schubweisen wellenförmigen und hochakuten Schmerzattacken. Verschlimmert wird die Problematik, wenn begleitend ein mechanisches Engpassproblem vorliegt, sodass der entzündlich aufgequollene Schleimbeutel und die volumenvergrößerte Sehnenstruktur keine Ausweichmöglichkeit besitzen.
Nicht immer muss operiert werden
Zunächst wird versucht, die Schmerzen konservativ zu lindern. Dazu gehören Eispackungen, das Auftragen schmerzlindernder Präparate, die Einnahme entzündungshemmender Medikamente wie zum Beispiel Ibuprofen, Naproxen, Acetylsalicylsäure, Diclofenac und Paracetamol oder Cortisonspritzen direkt an den Kalkherd. Gelegentlich wird die extrakorporale Stoßwellenbehandlung (ESWT) eingesetzt, bei dem die Kalkablagerungen durch Ultraschallwellen zerstört werden. Diese Behandlung ist dann indiziert, wenn durch einen chronifizierten Verlauf der entzündlich veränderte Schleimbeutel verklebt ist. Durch die ESWT werden zwar solide und große Kalkdepots zertrümmert, entzündliche Verklebungen des Schleimbeutels, die vorzugsweise für den Schmerz verantwortlich sind, kann sie allerdings nicht lösen. Ergänzt werden die Maßnahmen durch krankengymnastische und physikalische Behandlungen. Meist gelingt es mit der konservativen Therapie, die Symptome so weit zu beherrschen, dass die Patienten wieder schmerzfrei leben können. Jedoch können die Kalkablagerungen bei einigen Betroffenen erneut auftreten. Bei anderen wiederum bilden sich die Verkalkungen sogar ohne Therapie von alleine zurück.
Operation, wenn alles nicht hilft
Sollte alles nicht helfen, wird ein minimal-invasiver arthroskopischer Eingriff notwendig. Dieser kann ambulant durchgeführt werden. Zwei unterschiedliche Vorgehensweisen sind möglich. Welche jeweils zur Anwendung kommt, hängt von der jeweiligen Kalkkonsistenz ab. Bei eher cremiger Konsistenz (etwa wie Zahnpasta) wird die Sehne in Längsrichtung aufgeschlitzt, sodass der Inhalt der Kalkdepots ausgedrückt und abgesaugt werden kann. Bei kristallinen Verkalkungen werden die Depots während der Operation mit feinen Nadeln angeritzt, wodurch körpereigene Reparaturprozesse in Gang gebracht werden. Blutgefäße sprießen ein und durch die vermehrte Durchblutung können die Verkalkungen im Laufe von Wochen resorbiert werden. Während der gleichen Operation wird auch der stark entzündete Schleimbeutel mit entfernt und seine Verklebungen gelöst. Es bildet sich sehr schnell ein gesundes Schleimbeutelregenerat. Damit die Schulter möglichst schnell wieder bewegt werden kann, sind Frühmobilisation und krankengymnastische Nachbehandlung sehr wichtig. Nachuntersuchungen zeigten, dass etwa 90% der Patienten mit dem Ergebnis der Operation auch langfristig zufrieden sind.
Quelle:NETTERs Orthopädie. Von Frank H. Netter, Thieme Verlag Stuttgart 2001.
Klinikleitfaden Orthopädie. Konservative und operative Orthopädie, Unfallchirurgie. Von Steffen Breusch, Urban & Fischer bei Elsevier 2006.
Anschrift des Verfassers:
Dr. Ingo Blank Burgenstr. 71116 Gärtringenw Internetlinks
•www.tendinosis-calcarea.de/- Informationen des Schmerztherapiezentrums Bad Mergentheim
•www.orthinform.de/new/krankheiten/krankheit.php?id=297Patienteninformationsportal des Berufsverbandes der Fachärzte für Orthopädie e. V.
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