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- DAZ 16/2007
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Arzneimittel und Therapie
Inkretin-Mimetikum
Exenatide zur Behandlung des Typ-2-Diabetes
Das neue Inkretin-Mimetikum Exenatide (Byetta®) wird zur Behandlung des Typ-2-Diabetes eingesetzt. Es steht seit 1. April zur Verfügung und ist in Kombination mit Metformin und/oder Sulfonylharnstoff-Präparaten bei Patienten indiziert, bei denen mit der maximal verträglichen Dosis dieser oralen Therapien der Blutzucker nicht ausreichend gut eingestellt werden kann.
Der neue Wirkstoff wird zweimal täglich subkutan vor den Hauptmahlzeiten gespritzt. Er senkt sowohl den Blutzuckerwert nach den Mahlzeiten (postprandial) als auch den Nüchternblutzucker.
Im Gegensatz zu den Sulfonylharnstoffen stimuliert Exenatide die Insulinfreisetzung bedarfsgerecht, also in Abhängigkeit von der Höhe des Blutzuckerspiegels. Im Vergleich zu Insulin ist Exenatide einfacher zu handhaben: Es muss zwar ebenfalls subkutan verabreicht werden, allerdings zweimal täglich vor den Mahlzeiten in einer festen Dosierung. Das ist einfacher als beim Insulin und erspart den Diabetikern zudem wiederholte Blutzuckermessungen.
Klinische Studien mit rund 3000 Patienten
In den klinischen Studien wurden insgesamt rund 3000 Patienten mit Exenatide behandelt. Das neue Antidiabetikum verbesserte in Kombination mit Metformin und Sulfonylharnstoff statistisch und klinisch signifikant die Blutzuckerwerte vergleichbar gut wie Insulin. In drei placebokontrollierten Studien reduzierte Exenatide HbA1c und Körpergewicht bei Patienten, die 30 Wochen lang behandelt wurden, unabhängig davon, ob Exenatide in Kombination mit Metformin, einem Sulfonylharnstoff oder einer Kombination von beiden angewendet wurde. Die HbA1c -Werte verringerten sich zwölf Wochen nach Behandlungsbeginn. Unter der Anwendung von Exenatide ist keine Gewichtszunahme zu befürchten, im Gegenteil scheint die neue Substanz zu einer Gewichtsreduktion zu führen.
Agonist am GLP-1-Rezeptor
Das Peptid Exenatide ist das erste Mittel aus der neuen Gruppe der Inkretin-Mimetika. Es ist eine synthetische Version von Exendin-4, das ursprünglich aus dem Speichel der giftigen Echse Heloderma suspectum (Gila monster) aus Arizona isoliert wurde. Diese Echse nimmt nur viermal im Jahr Nahrung auf und schaltet ihren Pankreas den Rest der Zeit aus. Bei Nahrungsaufnahme wird der Pankreas über die Sekretion von Exendin-4 eingeschaltet.
Exenatide wirkt wie GLP-1 (Glucagon-like Peptide 1) als Agonist am GLP-1-Rezeptor. GLP-1 wird nach Aufnahme von Kohlenhydraten aus dem Darm ausgeschüttet und reguliert die Insulinfreisetzung. Nach subkutaner Injektion stimuliert Exenatide beim Menschen, ähnlich wie das natürliche GLP-1, glucoseabhängig die Insulinfreisetzung des Pankreas. Bei sinkender Blutzuckerkonzentration geht die Insulinsekretion zurück.
Außerdem hemmt Exenatide die postprandiale Glucagonfreisetzung. Geringere Glucagonkonzentrationen führen zu einer erniedrigten Glucoseabgabe der Leber. Die normale Glucagonwirkung und die Wirkung anderer Hormone als Reaktion auf eine Hypoglykämie beeinträchtigt Exenatide jedoch nicht.
Als weiteren den Blutzuckerspiegel senkenden Mechanismus verlangsamt Exenatide die Entleerung des Magens und reduziert dadurch die Geschwindigkeit, in der mit der Nahrung aufgenommene Glucose in die Blutbahn gelangt.
Die Aminosäurensequenz von Exenatide ist teilweise mit der von humanem GLP-1 identisch. Im Gegensatz zum natürlichen Hormon GLP-1, das sehr schnell von Peptidasen abgebaut wird, wird Exenatide jedoch langsamer metabolisiert und ist dadurch wesentlich stabiler. Damit werden bereits bei zweimal täglicher subkutaner Injektion ausreichend anhaltende, klinisch relevante Wirkspiegel sichergestellt.
Subkutane Injektion zu den Mahlzeiten
Byetta® wird mit dem Fertigpen subkutan unter die Haut von Oberschenkel, Bauch oder Oberarm gespritzt. Das Präparat ist in den Dosierungen 5 und 10 µg in jeweils 1,2 bzw. 2,4 ml Injektionslösung verfügbar. Jeder Pen enthält 60 Injektionen, die für einen Monat ausreichen.
Die Behandlung sollte mit einer Dosis von 5 µg Exenatide zweimal täglich begonnen und mindestens einen Monat beibehalten werden. Danach kann die Dosis auf 10 µg zweimal täglich erhöht werden. Eine weitere Erhöhung der Dosis wird nicht empfohlen.
Exenatide wird vor der Morgen- und der Abendmahlzeit (oder vor zwei Hauptmahlzeiten während des Tages, die mindestens sechs Stunden auseinander liegen) gespritzt, und zwar zu einem beliebigen Zeitpunkt innerhalb von 60 Minuten vor der Mahlzeit. Exenatide darf nicht nach einer Mahlzeit angewendet werden. Falls eine Injektion versäumt wurde, ist die Behandlung mit der nächsten vorgesehenen Dosis fortzusetzen.
Eine tägliche Anpassung der Dosis von Exenatide an den vom Patienten selbst gemessenen Blutzuckerspiegel ist nicht erforderlich. Allerdings kann eine Kontrolle des Blutzuckers durch den Patienten notwendig werden, um die Sulfonylharnstoffdosis anzupassen.
Nach der subkutanen Injektion wird Exenatide schnell absorbiert. Die relative Bioverfügbarkeit liegt zwischen 93 und 97%, maximale Blutspiegel werden zwei Stunden nach der Injektion erreicht, die Halbwertszeit beträgt 2,4 Stunden. Exenatide wird über die Nieren abgebaut, zum größten Teil durch enzymatische Spaltung. Bei schwerer Niereninsuffizienz oder Dialyse sollte es nicht verwendet werden.
Häufigste Nebenwirkung ist Übelkeit
Die häufigste Nebenwirkung in den klinischen Studien war Übelkeit. Sie trat bei 40 bis 50% der Patienten, die mit 5 oder 10 µg Exenatide behandelt wurden, mindestens einmalig auf. Die Übelkeit war meist leicht bis mäßig sowie dosisabhängig. Unter fortgesetzter Behandlung nahmen Häufigkeit und Schweregrad bei den meisten Patienten ab. Reaktionen an der Injektionsstelle waren üblicherweise gering ausgeprägt.
Hypoglykämie bei Kombination mit Sulfonylharnstoff
Bei der Anwendung von Exenatide in Kombination mit einem Sulfonylharnstoff kam es gehäuft zu Hypoglykämien. Diese Gefahr ist bei einer leichten Einschränkung der Nierenfunktion erhöht. Um das Risiko einer Hypoglykämie zu verringern, muss eine Reduktion der Sulfonylharnstoff-Dosis in Betracht gezogen werden.
Wird Exenatide in Kombination mit Sulfonylharnstoffen angewendet, sollten die Patienten bei der Teilnahme am Straßenverkehr oder während des Bedienens von Maschinen Maßnahmen zur Hypoglykämievermeidung ergreifen.
Exenatide verlangsamt Magenentleerung
Exenatide verlangsamt die Magenentleerung. Deshalb kann sich Ausmaß und Geschwindigkeit der Absorption oral gegebener Arzneimittel verringern. Bei Patienten, die Arzneimittel einnehmen, welche eine schnelle gastrointestinale Resorption erfordern oder eine enge therapeutische Breite haben, muss Exenatide mit Vorsicht eingesetzt werden. Sollen solche Arzneimittel zusammen mit den Mahlzeiten eingenommen werden, sollten sie, wenn möglich, mit einer Mahlzeit nicht gleichzeitig mit Exenatide eingenommen werden.
Oral anzuwendende Arzneimittel, deren Wirkung im besonderen Maße von einer Mindestkonzentration abhängt, wie Kontrazeptiva oder Antibiotika, sollten mindestens eine Stunde vor der Exenatide-Injektion eingenommen werden. Magensaftresistente Zubereitungen mit Substanzen, die im Magen leicht abgebaut werden können, zum Beispiel Protonenpumpenhemmer, sollten mindestens eine Stunde vor oder vier Stunden nach einer Exenatide-Injektion eingenommen werden.
QuelleFachinformation zu Byetta® , Stand November 2006.
Heine, R. J. et al: Exenatide versus insulin glargin in patients with suboptimally controlled type 2 diabetes: A randomized trial. Ann. Intern. Med. 143 , 559-69 (2005).
hel
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