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Arzneimittel und Therapie
Vitamin-Supplemente
Schadet die Einnahme von Antioxidanzien?
Die Einnahme von antioxidativ wirksamen Präparaten zusätzlich zur Ernährung bringt laut einer aktuellen Metaanalyse keinen Benefit, sondern könnte vielmehr gesundheitlichen Schaden anrichten. In der unter Leitung von dänischen Wissenschaftlern durchgeführten Analyse hatte die Einnahme von Vitamin C und Selen keinen erkennbaren Effekt auf die Gesamtmortalität. Betacarotin, Vitamin A und Vitamin E erhöhten die Sterblichkeit.
Die meisten Erkrankungen sind mit oxidativem Stress verbunden. Antioxidanzien können hier gegensteuern und die negativen Folgen der Stressreaktion vermeiden helfen. Seit diese Zusammenhänge bekannt sind, versuchen viele Menschen, Erkrankungen mithilfe von antioxidativ wirksamen Präparaten vorzubeugen. Zum Einsatz kommen insbesondere Betacarotin, Selen sowie die Vitamine A, C und E. Für sie liegt mittlerweile auch eine Fülle an Studien vor, die ihnen präventive Effekte für verschiedene Krankheiten bescheinigen. So gibt es unter anderem Hinweise darauf, dass Antioxidanzien gastrointestinalen Tumoren vorbeugen können.
Bereits 2004 führte eine internationale Wissenschaftlergruppe um Goran Bjelakovic vom Universitätsklinikum Kopenhagen eine Metaanalyse durch, in der das vorliegende Datenmaterial zum präventiven Effekt von Antioxidanzien auf gastrointestinale Tumoren unter die Lupe genommen wurde (Lancet 364, 1219-1228 (2004); s. a. DAZ Nr. 19/2005, S. 42). In dieser Metaanalyse konnte kein Benefit durch eine präventive Gabe von Antioxidanzien auf die Entstehung von Magen-Darm-Krebs festgestellt werden. Vielmehr ergab sich damals eine erhöhte Gesamtmortalität unter der Einnahme von Betacarotin und den Vitaminen A und E.
Das überraschende Ergebnis der Metaanalyse führte zu einer Reihe von Diskussionen. Im Kommentar zur Studie wurde der Widerspruch zwischen dem Benefit einer antioxidanzienreichen Ernährung und dem anscheinend negativen Effekt einer zusätzlichen Antioxidanziengabe angesprochen. Die unter Betacarotin sowie Vitamin A und E beobachtete erhöhte Sterblichkeit erschien den Kommentatoren einerseits erschreckend, andererseits wollten sie es nicht als überzeugenden Beweis für die Schädlichkeit von Antioxidanzien gelten lassen.
Aktuelle Studie bestätigt frühere Ergebnisse
Nun hat die Forschergruppe um Bjelakovic eine weitere Metaanalyse vorgelegt, die die in der ersten Untersuchung gefundene erhöhte Gesamtmortalität unter bestimmten Antioxidanzien untermauert. Wie in der 2004 veröffentlichten Metaanalyse wurde auch in der aktuellen Studie die Cochrane Collaboration Methode zur Erfassung und Auswertung von Datenmaterial verwendet. In die Metaanalyse eingeschlossen wurden randomisierte Studien, in denen die Gabe von Betacarotin, Selen sowie den Vitaminen A, C und E auf die Primär- und Sekundärprävention von Erkrankungen bei Erwachsenen untersucht worden waren. 68 Studien mit insgesamt 232.606 Probanden wurden in die Metaanalyse einbezogen.
47 der Studien waren laut Aussage der Analysten qualitativ "einwandfrei", bei den restlichen 21 Studien waren methodische Mängel vorhanden.
Kein Benefit, dafür ‚erhöhte Mortalität
Das Datenmaterial wurde verschiedenen statistischen Auswertungsmodellen unterzogen:
- Wurden alle Studien gepoolt, ergab sich für die Antioxidanziengabe kein statistisch signifikanter Effekt auf die Gesamtmortalität (relatives Risiko [RR] 1,02; 0,95% Konfidenzintervall [KI] 0,98-1,06).
- Wurden die methodisch korrekten Studien und die Studien mit methodischen Mängeln getrennt untersucht, ergab sich dagegen folgendes Bild: In den methodisch hochwertigen Studien war die Mortalität unter der Gabe von Antioxidanzien signifikant erhöht (RR 1,05; 95% KI 1,02-1,08), in den Studien mit Mängeln war die Mortalität unter Antioxidanziengabe signifikant verringert (RR 0,91; 95% KI 0,83-1,00).
- Bei getrennter Betrachtung der einzelnen Antioxidanzien ergab sich für Betacarotin, Vitamin A und E jeweils ein erhöhtes Mortalitätsrisiko in den methodisch korrekt durchgeführten Studien. Die Gabe von Vitamin C hatte keinen signifikanten Effekt auf die Sterblichkeit in diesen Studien. Für Selen wurde eine tendenzielle Reduktion der Mortalität beobachtet.
Ursache für erhöhte Sterblichkeit unklar
"Unser systematischer Review hat gezeigt, dass Betacarotin, Vitamin A und E, einzeln oder in Kombination mit anderen Antioxidanzien verabreicht, die Sterblichkeit signifikant erhöht. Damit werden unsere früheren Befunde bestätigt", kommentieren die Studiendurchführenden ihre Ergebnisse im Journal of the American Medical Association. Allerdings schränken sie ein, dass die Aussagekraft ihrer Metaanalyse wie die jedes systematischen Reviews durch die Qualität und Quantität des verwendeten Datenmaterials limitiert wird. Auch darf man die Ergebnisse keinesfalls auf eine antioxidanzienreiche Ernährung übertragen. Die erhöhte Mortalität gilt nur für die Gabe synthetischer Antioxidanzien. Über die Ursache dieser erhöhten Mortalität können die Autoren bislang nur Vermutungen anstellen. So wäre es denkbar, dass die Entstehung freier Radikale für den Körper nicht nur negativ, sondern im Sinne eines Alarmsystems essenziell ist. Die Elimination der freien Radikale durch Antioxidanzien würde ein Abschalten dieses Alarmsystems bedeuten, in dessen Folge Verteidigungsmechanismen wie Apoptose und Phagozytose nicht mehr ablaufen. Um hier Klarheit zu schaffen, sind weitere Studien zum Wirksamkeitsmechanismus von Antioxidanzien bei verschiedenen Krankheiten notwendig. <
QuelleBjelakovic, G.; et al.: Mortality in Randomize Trials of Antioxidant Supplements for Promary and Secondary Prevention. Systematic Review and Metaanalysis. J. Am. Med. Assoc. 297(8) , 842-857 (2007).ral
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