Selbstmedikation

G. Kojda Selbstmedikation in der Schwangerschaft – Mit sicheren Arzneimitt

Erkrankungen in der Schwangerschaft erfordern ein differenziertes Vorgehen. Auf der einen Seite sind die Bedürfnisse der Schwangeren nach Symptomlinderung zu beachten, auf der anderen Seite müssen schädigende Einflüsse einer Therapie auf das Ungeborene ausgeschlossen oder zumindest minimiert werden. Bei leichteren Beschwerden, die im Rahmen der Selbstmedikation zu behandeln sind, sollten nur als sicher eingestufte Arzneimittel eingesetzt werden. Dabei gilt der Grundsatz, so wenig Arzneimittel so kurz wie möglich einzusetzen.

Im Verlauf einer Schwangerschaft kommt es neben allgemeinen Erkrankungen zu vielen physiologischen Veränderungen von Körperfunktionen, die zu Schwangerschafts-typischen Beschwerden führen können. Dazu zählen unter anderem Übelkeit und Erbrechen, Schlafstörungen, niedriger oder hoher Blutdruck, Krampfaderbildung sowie Kopfschmerzen. Hinzu kommen Symptome grippaler Infekte, wie die "verstopfte Nase", die von Schwangeren als stärker belastend empfunden werden können. Es ist gut bekannt, dass die Schwangerschaft eine Schwellung der Schleimhäute in den Atemwegen auslöst, die schon an sich Grund für eine Arzneimitteltherapie sein kann (Rhinopathia gravidarum, s. u.). Diese Zusammenhänge erklären die hohe Frequenz des Arzneimittelgebrauchs in der Schwangerschaft, obwohl sich die meisten Schwangeren sehr vorsichtig gegenüber allen Einflüssen verhalten, die ihrem Kind Schaden zufügen könnten.

Wichtige Richtlinien Folgende allgemeine Empfehlungen gelten für eine Arzneimitteltherapie in der Schwangerschaft:

  • immer strenge Indikationsstellung
  • immer bestehende Medikation berücksichtigen (Wechselwirkungen!)
  • nur als sicher eingestufte Arzneimittel verwenden
  • möglichst kurze Anwendungsdauer
  • möglichst Monotherapie

Diese Richtlinien implizieren, dass die Arzneitherapie während der Schwangerschaft sorgfältig dokumentiert und durch fachlichen Rat begleitet werden sollte. Idealerweise sollte der Überblick über alle während der Schwangerschaft eingenommenen Arzneimittel, einschließlich Selbstmedikationsarzneimittel, dem betreuenden Gynäkologen zur Verfügung stehen (Abb. 1). Für die beratenden Apotheker ergibt sich aus den Richtlinien die Anforderung, bei der Abgabe von Selbstmedikationsarzneimitteln nach der bestehenden Arzneimitteleinnahme zu fragen, beispielsweise um Wechselwirkungen und/oder die Einnahme zweier Arzneistoffe aus derselben Gruppe (z. B. Antihistaminika) zu vermeiden.

Ein individueller Arzneimittelpass für Schwangere leistet hierbei gute Dienste, um den Überblick über die Arzneimitteltherapie im Verlauf der Schwangerschaft zu gewährleisten.

Risiken der Arzneimitteleinnahme Die Risiken einer Arzneimitteleinnahme in der Schwangerschaft betreffen nicht nur den Embryo oder Fötus sondern auch die Mutter. Dennoch sind es vor allem teratogene (embryotoxische) Effekte sowie Wirkungen, die Wachstum und Entwicklung des Fötus behindern, die Anlass zur Sorge geben. Das größte Problem dabei ist das große Erkenntnisdefizit. In der Roten Liste®, einer Fachinformation oder einem Beipackzettel ist oft zu lesen, dass die Anwendung des Medikamentes in der Schwangerschaft aufgrund fehlender klinischer Erfahrungen nicht empfohlen wird und/oder es nur dann verwendet werden soll, wenn der potenzielle Nutzen das Risiko übersteigt. Angesichts der Tatsache, dass häufig weder Nutzen noch Risiko quantitativ klinisch belegt sind, ist dies weder für Ärzte noch für Apotheker eine vernünftige Entscheidungsgrundlage.

Arzneimitteleinnahme weit verbreitet Es existieren eine Reihe von Untersuchungen zur Häufigkeit der Arzneimitteleinnahme in der Schwangerschaft. Dabei ließ sich wiederholt dokumentieren, dass etwa 90% der Frauen zu irgendeinem Zeitpunkt ihrer Schwangerschaft Arzneimittel einnehmen.

Schmerzmittel werden am häufigsten verwendet Analgetika/Antipyretika zählen zu den am häufigsten verwendeten Arzneimitteln in der Schwangerschaft. Das Auftreten von Kopfschmerz im zweiten Trimenon ist ein sehr ernst zu nehmendes Warnsignal, welches auf behandlungsbedürftige Erkrankungen (Schwangerschaftshypertonie, Präeklampsie, Gestose, Hypoglykämie, Hypotonie, Thrombose) hinweisen kann und einer diagnostischen Abklärung bedarf. Daher sollte jede Schwangere, die ein Analgetikum erwerben möchte, nach Auftreten und Verlauf von Kopfschmerzen befragt werden. Bei plötzlichem Auftreten, starker Intensität und mehrtägiger Dauer sollte ihr ein Arztbesuch empfohlen werden.

Mittel der Wahl: Paracetamol und ASS Bei nicht Schwangeren sind Paracetamol und Acetylsalicylsäure (ASS) Mittel der Wahl, wenn im Rahmen der Selbstmedikation Schmerzen behandelt werden sollen. Obwohl beide Arzneistoffe als gut untersucht und nach bisherigem Kenntnisstand als nicht teratogen gelten, ist bei Acetylsalicylsäure Vorsicht geboten (s. u.). Häufig werden bei nicht Schwangeren auch Diclofenac, Ibuprofen oder Naproxen verwendet. Diese Arzneistoffe weisen allerdings einige seltene Gefahren wie Spontanaborte, verlängerte Gestationszeit, verringertes Fruchtwasservolumen, verminderte fetale Nierenfunktion und vorzeitiger Verschluss des Ductus arteriosus botalli auf. Trotz dieser Gefahren werden gut untersuchte nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) wie Diclofenac und Ibuprofen als relativ sicher eingeschätzt und stehen somit in begründeten Ausnahmefällen als therapeutische Option zur Verfügung.

Ärztlicher Rat bei Diclofenac und Ibuprofen Hierzu sollte zur Sicherheit ärztlicher Rat eingeholt werden. Zu beachten ist jedoch die Magenunverträglichkeit von NSAR, die in der Schwangerschaft verstärkt zutage treten könnte (s. u.).

Paracetamol: Tageshöchstmenge von 4 g beachten Paracetamol wirkt gut analgetisch und fiebersenkend (antipyretisch), jedoch nicht entzündungshemmend (antiphlogistisch) und ist gut magenverträglich. Es hat keine Wirkung auf die Aggregation von Thrombozyten und löst keine relevante Verlängerung der Blutungszeit aus. Die therapeutische Sicherheit von Paracetamol bei korrekter Dosierung erlaubt die Empfehlung der Einnahme von bis zu 1g/Dosis auch in der Schwangerschaft. Die analgetische Wirkung der 500-mg-Dosierung reicht oft nicht aus und eine Dosiserhöhung von Paracetamol ist der Verwendung anderer Analgetika vorzuziehen.

Selbst bei deutlicher und behandlungsbedürftiger Überdosierung von Paracetamol in der Schwangerschaft wurden keinerlei dem Arzneistoff zuzuschreibenden Missbildungen beobachtet, so dass eine Paracetamol-Vergiftung keine Indikation für einen Schwangerschaftsabbruch darstellt.

Allerdings darf wegen der lebertoxischen Wirkungen bei Überdosierung eine Tageshöchstmenge von 4 g keinesfalls überschritten werden. Wie für jedes Arzneimittel, gilt auch für die Anwendung von Paracetamol in der Schwangerschaft eine strenge Indikationsstellung, d. h. von einem unkritischen Gebrauch muss unbedingt abgeraten werden.

ASS im 3. Trimenom kontraindiziert Acetylsalicylsäure wirkt gut analgetisch und antipyretisch und in höherer Dosierung auch antiphlogistisch. Wichtig für die Anwendung in der Schwangerschaft ist aber vor allem die Hemmung der Thrombozytenaggregation. Acetylsalicylsäure ist im 3. Trimenon der Schwangerschaft kontraindiziert. Immerhin könnte der Arzneistoff Blutungen bei der Schwangeren, dem Fötus und dem Neugeborenen auslösen. Zu beachten ist, dass die verstärkte Blutungsneigung auch nach einmaliger Einnahme von Acetylsalicylsäure etwa drei bis fünf Tage anhält. Ein weiterer möglicher Nachteil der Einnahme von Acetylsalicylsäure ist die Hemmung der gastralen Prostaglandinsynthese, die für die gut bekannte Steigerung der Magensäuresekretion verantwortlich ist und daher die in der Schwangerschaft gehäuft auftretenden Beschwerden wie Sodbrennen und gastroösophagalen Reflux (s. u.) verstärken können. Insgesamt sollte Acetylsalicylsäure in analgetischer Dosierung Schwangeren für die Selbstmedikation nicht empfohlen und nur unter Hinweis auf die Gefahren abgegeben werden, die sich vor allem gegen Ende der Schwangerschaft ergeben könnten.

Kombinationspräparate problematisch In diesem Zusammenhang gelten die zahlreichen analgetischen Kombinationspräparate, die unter anderem Acetylsalicylsäure enthalten, als problematisch, da für den Laien die Zusammensetzung nicht so ohne weiteres erkennbar ist. Sehr kontrovers diskutiert wird auch die in vielen rezeptfrei erhältlichen Schmerzmitteln anzutreffende Kombination von Coffein mit schwachen Analgetika, welche praktisch von großer Bedeutung ist. Es ist unklar, ob Coffein allein bei Kopfschmerz eine über den nicht unerheblichen Placebo-Effekt hinausgehende eigene analgetische Wirkung aufweist. Darüber hinaus ist Coffein Plazenta-gängig und kann so beim Feten eine Tachykardie auslösen, die zu Fehlinterpretationen bei der Kardiotokographie führen können. Darüber hinaus kann nicht ausgeschlossen werden, dass Kombinationen von Coffein mit schwachen Analgetika zu einer Förderung des Analgetika-Missbrauchs führen, welcher ohne Zweifel in der Schwangerschaft besonders gefährlich werden kann. Als wesentliche Faktoren für eine mögliche Förderung des Missbrauchs müssen die zentralerregenden Wirkungen von Coffein sowie die Möglichkeit eines Coffein-Entzugskopfschmerzes genannt werden. Zudem kann Coffein in einer höheren Dosierung (> 200 mg), die bereits nach Einnahme von vier Tabletten eines üblichen Kombinationspräparates erreicht wird, Kopfschmerz auslösen. In der Schwangerschaft sollte daher zur Schmerzbehandlung auf Kombinationspräparate, die Acetylsalicylsäure und/oder Coffein enthalten, ganz verzichtet werden.

Nicotinersatztherapie in der Schwangerschaft Frauen mit Kinderwunsch sollten das Rauchen aufgeben, bevor es zu einer Schwangerschaft kommt. Da Rauchen während der Schwangerschaft teratogen, sowie embryo- und fetotoxisch sein kann, sollte jeder schwangeren Raucherin eine Raucherentwöhnung unter Einbeziehung des betreuenden Gynäkologen empfohlen werden.

Der Einsatz von Nicotinersatzpräparaten kann hierbei durchaus hilfreich sein, sollte aber nach bisherigen Erfahrungen durch psychosoziale Maßnahmen begleitet werden. Solche Maßnahmen sind vielfältig und schließen eine regelmäßige Betreuung der Schwangeren ein.

Das Bereitstellen von Informationsmaterial auch zu Selbsthilfegruppen kann hilfreich sein. Auch Angehörige in der engsten Umgebung der Schwangeren (Ehemann, Eltern etc.) sollten in jedem Falle dazu angehalten werden, die Schwangere aktiv zu unterstützen, beispielsweise dadurch, dass sie selbst das Rauchen aufgeben oder zumindest nicht mehr in Gegenwart der Schwangeren rauchen. Nicotinersatz sollte nur dann eingesetzt werden, wenn die Gefahr des Weiterrauchens besteht, denn die Risiken des Weiterrauchens (z.B. höhere Nicotinplasmaspiegel, schädliche Substanzen aus dem Tabakrauch) werden als höher eingeschätzt als die Risiken der Verwendung von Nicotinersatzpräparaten. Entscheidet sich die Schwangere für eine Nicotinersatztherapie, erscheint die Verwendung schnell freisetzender Arzneiformen (z.B. Kaugummis) geeigneter als retardierte Nicotinersatzpräparate (z.B. Pflaster).

Denn das Ziel sollte eine möglichst niedrige Gesamtbelastung des Organismus mit Nicotin sein.

Harmlose Phytopharmaka? Von den meisten Phytopharmaka wird angenommen, dass sie in der Schwangerschaft keinen Schaden anrichten, aber Daten hierzu existieren nicht. Dagegen ist bekannt, dass einige Inhaltsstoffe von Arzneipflanzen zu einer Gefährdung führen können, nicht nur bei Schwangeren. Daher gilt auch für die oft als harmlos angesehene Gruppe der Phytopharmaka die gleiche strenge Indikationsstellung wie für alle anderen Arzneimittel. Die Angaben der Hersteller bezüglich der Anwendung in der Schwangerschaft sind zu beachten.

Gastrointestinale Beschwerden abklären Gastrointestinale Beschwerden in der Schwangerschaft sind vielfältig und umfassen vor allem Sodbrennen (gastroösophagaler Reflux), Obstipation, Diarrhöe, Übelkeit, Erbrechen und Flatulenz. Bestimmte Symptome (Erbrechen, Oberbauchschmerzen) können Hinweiszeichen auf schwangerschaftsassoziierte Erkrankungen (Präeklampsie, HELLP-Syndrom) sein und bedürfen der fachärztlichen Abklärung.

Übelkeit: Was ist zu empfehlen? Übelkeit und Erbrechen kommen in der Frühschwangerschaft bei 50 bis 60 % der Schwangeren vor (Emesis gravidarum). In leichteren Fällen können einfache diätetische Maßnahmen wie mehrere kleine Mahlzeiten am Tag einzunehmen, und der Verzicht auf schwere (stark fetthaltige) Kost und Süßigkeiten, schon ausreichen. Eine Pharmakotherapie ist in der Regel erst notwendig, wenn es zu Elektrolytveränderungen und einer Ketonurie kommt (Hyperemesis gravidarum). Die Pharmakotherapie der Hyperemesis gravidarum erfolgt je nach Schweregrad mit Vitamin B6 (Pyridoxin), älteren H1-Antihistaminika (z.B. Dimenhydrinat, Doxylamin, Meclozin), Prokinetika (z.B. Metoclopramid), Serotoninantagonisten (z.B. Ondansetron) und Neuroleptika (Dopaminrezeptorantagonisten, z.B. Promethazin) (Abb. 2). Danach stehen für die Selbstmedikation Vitamin B6 und Antihistaminika zur Verfügung. Auch wenn manche Autoren auf günstige Effekte von Pyridoxin hinweisen, ist die Wirksamkeit umstritten. Darüber hinaus können hohe Dosen von Pyridoxin zu Neuropathien (Sensibilitätsstörungen) führen und möglicherweise teratogene Effekte auslösen. Dagegen werden die älteren H1-Antihistaminika, mit Ausnahme von Diphenhydramin, welches wegen möglicher teratogener Wirkungen nicht mehr in der Schwangerschaft verwendet werden darf, als therapeutisch sicher angesehen. Sie sind daher in der Schwangerschaft nicht kontraindiziert. Es wird empfohlen, H1-Antihistaminika im dritten Trimenon nicht einzusetzen, da die Substanzen möglicherweise eine vorzeitige Wehentätigkeit auslösen bzw. begünstigen können.

Problem Sodbrennen...

Sodbrennen und "saures Aufstoßen" kann die gesamte Schwangerschaft begleiten und zu heftigen retrosternalen Schmerzen führen, die bei Persistenz und nicht klarer Zuordnung zur Nahrungsaufnahme differenzialdiagnostisch abgeklärt werden sollten. Vor dem Einsatz von Arzneimitteln helfen besonders bei leichten Formen oft schon die Reduktion von Süßigkeiten und fetthaltigen Speisen, der Verzicht auf große Mahlzeiten besonders am Abend, aber auch das Trinken von Milch vor dem Schlafengehen oder das Schlafen mit erhöhtem Oberkörper.

Einen Überblick über die pharmakotherapeutischen Möglichkeiten zeigt Abb. 3.

... mit den richtigen Antazida lösen Die Neutralisation der Magensäure durch Antazida ist eine effektive und sichere symptomatische Therapie bei gastroösophagler Refluxerkrankung und Gastritis. Studien zur Effektivität von Antazida bei manifesten Erkrankungen wie Ulcus ventriculi, Ulcus duodeni und gastroösophagaler Refluxerkrankung (Synonyme: GERD / GORD) zeigen eine signifikant bessere Wirkung als Placebo und nur geringe Unterschiede zu Histamin-H2-Rezeptorantagonisten. Auch wenn sich die obstipierende Wirkung von Aluminium und die laxierende Wirkung von Magnesium nahezu neutralisieren, stehen bei höheren Dosierungen Diarrhöen im Vordergrund. Manche Heilberufler und Schwangere fürchten bei länger dauerndem Gebrauch Aluminium-haltiger Antazida nachteilige Effekte für das Kind. Bislang waren jedoch weder Fehlbildungen noch funktionelle Störungen (z.B. im ZNS oder den Nieren) nachweisbar (siehe auch Grospietsch G., Erkrankungen in der Schwangerschaft, 4. Auflage, 2004). Trotzdem ist es sicher ratsam, in solchen Fällen auf aluminiumfreie Fertigarzneimittel auszuweichen. Nicht empfehlenswert ist Natriumcarbonat (Hausmittel!), denn dieses führt zu einer sehr raschen Neutralisation, die von einer starken Kohlendioxidbildung und möglicherweise einer reaktiven Steigerung der Magensäurebildung ("rebound") begleitet wird. Bei Natriumhydrogencarbonat ist die Gefahr geringer, jedoch treten häufig Aufstoßen und Völlegefühl auf.

Im Fall von Calciumcarbonat spielen diese Zusammenhänge wahrscheinlich eine noch geringere Rolle. Dies gilt insbesondere bei niedriger Dosierung. Nachteilig erscheint, dass manche Hersteller in ihrer Fachinformation auf Hinweise für die Anwendung in der Schwangerschaft verzichten (z.B. Rennie®). Antazida können über die gesamte Schwangerschaft gegeben werden.

Alternative H2-Rezeptorantagonisten Eine therapeutische Alternative sind – bei strenger Indikationsstellung – Histamin-H2-Rezeptorantagonisten, wenn Antazida nicht ausreichen oder wenn Magen-Darm-Ulzera vorliegen. Zu Cimetidin und Ranitidin liegt ein großes therapeutisches Erfahrungspotenzial vor. Cimetidin ist ebenfalls ein potenter Hemmstoff des Cytochrom- P450-Systems in der Leber und kann dadurch den Metabolismus vieler Arzneimittel beeinflussen. Daraus ergeben sich sehr viele Arzneimittelinteraktionen, die die therapeutische Sicherheit von Cimetidin beeinträchtigen. Ranitidin weist keine Hemmung des hepatischen CYP-P450-Systems auf und ist der einzige Histamin-H2-Rezeptorantagonist, der für die Selbstmedikation zur Kurzzeitbehandlung von Sodbrennen in einer niedrigen Dosierung von 75 mg zur Verfügung steht. Einer Empfehlung für Ranitidin sollte ein erfolgloser oder unzureichend wirksamer Therapieversuch mit Antazida vorausgegangen sein.

Antidiarrhoika nicht empfehlenswert Auch in der Schwangerschaft werden die meisten Diarrhöen durch Bakterien, Bakterientoxine oder Viren verursacht und dauern nur wenige Tage an. In der Regel ist eine Pharmakotherapie nicht notwendig, obwohl im Rahmen der Selbstmedikation häufig danach gefragt wird. Wichtig erscheint bei Diarrhöen in der Schwangerschaft ein ausreichender Flüssigkeits- und Elektrolytersatz, der unter anderem wegen der besseren Resorption von Elektrolyten zusätzlich Zucker enthalten sollte. Bei akuten Zuständen könnte, um den Flüssigkeitsverlust zu minimieren, für kurze Zeit (zwei bis drei Tage) Loperamid eingesetzt werden. Da der Hersteller der verschreibungspflichtigen 2-mg-Dosierung jedoch von einer Anwendung in der Schwangerschaft abrät, ist die Abgabe in der Selbstmedikation nicht zu empfehlen. Dieses Opiat ist ausschließlich symptomatisch wirksam, darf jedoch bei Antibiotika-assoziierten Diarrhöen nicht ohne ärztliche Verordnung abgegeben werden. Die Wirksamkeit der nicht resorbierbaren Adstringenzien und Adsorbenzien ist umstritten, so dass eine aktive Empfehlung für diese Präparate in der Schwangerschaft nicht gerechtfertigt erscheint.

Richtige Ernährung gegen Obstipation ... Obstipation gehört ebenfalls zu den schwangerschaftstypischen Beschwerden und wird unter anderem durch hormonelle Veränderungen, zum Beispiel relaxierende Effekte von Progesteron auf die glatte Darmmuskulatur, erklärt. Hämorrhoiden, konstipierend wirkende Arzneimittel (z.B. Dextrometorphan, s. u.), präkonzeptioneller Laxanzienabusus, Eisenpräparate, mangelnde Flüssigkeitszufuhr und Bewegungsmangel können erschwerend hinzukommen. Daraus ergibt sich, dass sowohl eine ballaststoffreiche Ernährung (Leinsamen) als auch regelmäßige körperliche Bewegung wichtige Maßnahmen für die betroffenen Schwangeren darstellen.

... und zur Ergänzung Bisacodyl oder Magnesium Für die Selbstmedikation steht eine Reihe von Präparaten zur Verfügung. Nicht verwendet werden sollten salinische Abführmittel, (z.B. Natriumsulfat, Magnesiumsulfat), Anthrachinone (z.B. Sennesblätter), Ricinusöl und Paraffinöl. Dagegen können, als Ergänzung zu den genannten nicht pharmakologischen Maßnahmen, Wirkstoffe wie Bisacodyl in der Schwangerschaft kurzfristig eingesetzt werden. Orales Magnesium beispielsweise in Form von Magnesiumoxid, Magnesiumhydrogenaspartat oder Magnesiumhydrogenglutamat kann wegen der laxierenden Wirkung ebenfalls zur Regulation der Darmtätigkeit eingesetzt werden, denn nicht resorbiertes Magnesium verbleibt im Darm und wirkt osmolaxierend.

Erkältungssymptome zielgerichtet behandeln Zur Behandlung einfacher Erkältungskrankheiten werden hauptsächlich Schmerz- und Fiebermittel (s. o.) sowie Husten- und Schnupfenmittel verwendet. Hinzu kommen häufig auch Sedativa, bevorzugt vom Typ der älteren Antihistaminika (s. o.), vor allem in Kombinationspräparaten. Auch wenn sich solche Kombinationspräparate in Form von Säften oder Kapseln großer Beliebtheit erfreuen, sind sie für Schwangere aus mehreren Gründen ungeeignet. Zur Behandlung der Symptome einfacher Erkältungskrankheiten bei Schwangeren empfiehlt sich die Verwendung von Arzneistoffen, die zielgerichtet gegen ein bestimmtes Symptom wirksam sind. Dabei sind, wann immer möglich, topisch anzuwendende Arzneiformen vorzuziehen.

Verstopfte Nase kann vielfältige Ursachen haben Eine Behinderung der Luftpassage in der Nase, in der Regel eine Schwellung der Nasenschleimhäute um die Nasenmuscheln, kann viele verschiedene Ursachen haben. Hierzu zählen beispielsweise allergische Reaktionen (allergische Rhinitis, s. u.), Infektionen und hyperreaktive Schleimhäute. Auch der Dauergebrauch von Nasentropfen, die vasokonstriktorisch wirksame Sympathomimetika enthalten, kann die Nasenatmung behindern ("Rebound"-Schwellung).

Darüber hinaus ist seit über 100 Jahren bekannt, dass solche Symptome durch die Schwangerschaft selbst verursacht sein können, ein Krankheitsbild, dass Schwangerschaftsrhinopathie (Schwangerenrhinitis, Rhinopathia gravidarum) genannt wird und nach Schätzungen ca. 20 bis 30% der Schwangeren betrifft. Leider existiert kein Therapiealgorithmus. Grundsätzlich erscheint es jedoch sinnvoll, eine beschwerdeorientierte stufenweise Behandlung anzubieten.

Unbedenklich: isotonische Kochsalzlösung Als unbedenklich gelten 0,9%ige NaCl-Lösung zur Befeuchtung der Nasenschleimhaut und mechanische Hilfen wie Nasenflügelheber (z.B. Breathe Right®, OXY2000®). Bei bestehender Milbenallergie kann sich ein milbendichter Matratzenbezug als hilfreich erweisen. Etwas problematischer und daher nur mit strenger Indikationsstellung (keine Langzeittherapie!) zu empfehlen sind abschwellend wirkende Nasentropfen, die Sympathomimetika wie Oxymetazolin (z.B. Nasivin®) enthalten. Xylometazolin (z.B. Olynth®) soll nach Angaben des Herstellers in der Schwangerschaft wegen unzureichender Erfahrung nicht angewendet werden. Zur Verminderung der Exposition des Organismus mit dem jeweiligen Wirkstoff (geringe Resorption möglich) sowie einer Tachyphylaxie und der lokalen Symptomatik nach Dauergebrauch (s o.) bietet sich eine abwechselnde unilaterale Applikation an, wobei die jeweils wirkstofffreie Nasenhöhle mit NaCl-Lösung befeuchtet werden kann.

Hemmstoffe der Mastzelldegranulation bei Allergie Der wichtigste und am besten klinisch untersuchte Arzneistoff dieser Gruppe ist die Cromoglicinsäure. Arzneistoffe dieser Art wirken nur prophylaktisch. Sie hemmen die IgE-vermittelte Freisetzung von Mediatorstoffen, hauptsächlich Histamin, aus Mastzellen und können somit die Reaktion auf ein Allergen abschwächen. Daher werden sie vor allem bei leichtem Asthma bronchiale, allergischer Rhinitis und allergischer Konjunktivitis eingesetzt. Ihre Anwendung, auch die orale Gabe, ist in der Schwangerschaft möglich. Allerdings gilt für das 1. Trimenon eine strenge Indikationsstellung.

Hustenreiz lindern, Sekret verflüssigen Husten ist eine sinnvolle Reaktion des Körpers, die dazu beiträgt Bronchialschleim abzutransportieren. Dies ist wichtig, weil der Schleim ein guter Nährboden für Bakterien ist, die sich beispielsweise bei viralen Atemwegsinfektionen im Rahmen von Erkältungskrankheiten ansiedeln (Sekundärinfektion) und die Grunderkrankung bis hin zur lebensgefährlichen Pneumonie verschlimmern können. Dennoch kann der Husten sehr quälend werden, zum Beispiel wenn sich zu Beginn der Erkrankung ein trockener Reizhusten entwickelt oder der ständige Hustenreiz zu Schlaflosigkeit oder gar Erbrechen führt. Zur Dämpfung des Hustenreizes sind zwei grundsätzliche Strategien möglich,

  • die zentrale Unterdrückung der Signale afferenter Neuronen im Hustenzentrum der Medulla oblongata durch Antitussiva und
  • die Anwendung von Expektoranzien, welche zu einer Verflüssigung des Bronchialsekretes sowie einer Steigerung des Sekrettransportes durch die Zilien der Bronchialschleimhaut führen sollen.

Eine gleichzeitige Gabe von Medikamenten beider Therapieprinzipien ist allerhöchstens zu Beginn sinnvoll, denn das Abhusten des gelösten Schleims sollte nicht behindert werden.

In schweren Fällen: Beta-Sympathomimetika Schließlich kann es in schwereren Fällen sinnvoll sein, den Tonus der Bronchialmuskulatur durch Beta-Sympathomimetika wie Salmoterol abzusenken. Eine nicht pharmakologische Möglichkeit zur Behandlung eines hartnäckigen Hustens in der Schwangerschaft besteht in der Befeuchtung der Atemwege mit einem Sprühvernebler.

Strenge Indikationsstellung für Antitussiva Wenn Antitussiva notwendig werden, sind Codein und Dextromethorphan Mittel der Wahl. Beide Substanzen sind Morphinderivate. Für beide Präparate liegen jedoch über die Anwendung in der Schwangerschaft keine ausreichenden Erfahrungen vor. Die Indikation muss deshalb streng gestellt werden. Dextromethorphan (z.B. Silomat® DMP) darf nur an Schwangere jenseits des 1. Trimenons (1. Trimenon ist relative Kontraindikation), nicht kurz vor der Geburt und nur in Ausnahmefällen abgegeben werden. Erscheint die Abgabe von Dextromethorphan gerechtfertigt, empfiehlt es sich, die Anwendungsdauer auf wenige Tage zu begrenzen und auf die Tageszeit zu beschränken, in welcher der hartnäckige Husten der Schwangeren die meisten Probleme bereitet. So ist zum Beispiel zur Vermeidung von Schlafstörungen nur die nächtliche Einnahme zu empfehlen.

Umstrittene Wirkung von Expektoranzien Die Wirksamkeit der Expektoranzien gilt als umstritten. Bedenkenswert erscheint, dass viele Expektoranzien Kombinationsarzneimittel oder Phytopharmaka und damit oft Wirkstoffmischungen sind, zum Teil mit nicht genau definierbarer Zusammensetzung. Zur Gruppe von Arzneistoffen, die auch als Monotherapeutika verwendet werden, zählen unter anderem Guaifenesin, Acetylcystein, Bromhexin, Ambroxol und Carbocistein. Während Guaifenesin in der Schwangerschaft kontraindiziert ist, gilt für die anderen Substanzen eine strenge Indikationsstellung, weil ausreichende Erfahrungen über die Anwendung beim Menschen nicht vorliegen. Nicht pharmakologische Maßnahmen zur Behandlung eines Hustens wie Sprühvernebler und ausreichende Flüssigkeitszufuhr, beispielsweise durch wohlschmeckende und wirkstofffreie Früchtetees, sollten in der Beratung Schwangerer bevorzugt werden. Nur bei fehlender Wirkung oder stärkeren Beschwerden sollte auf Expektoranzien zurückgegriffen werden.

Erkrankungen in der Schwangerschaft erfordern ein differenziertes Vorgehen. Auf der einen Seite sind die Bedürfnisse der Schwangeren nach Symptomlinderung zu beachten, auf der anderen Seite müssen schädigende Einflüsse einer Therapie auf das Ungeborene ausgeschlossen oder zumindest minimiert werden. Bei leichteren Beschwerden, die im Rahmen der Selbstmedikation zu behandeln sind, sollten nur als sicher eingestufte Arzneimittel eingesetzt werden. Dabei gilt der Grundsatz: so wenig Arzneimittel so kurz wie möglich einsetzen.

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