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- DAZ 43/2006
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Diabetestherapie
A. Hahn, B. MangZimt und Diabetes (aktueller Stand d
Wissenschaftlicher Hintergrund Vor rund 15 Jahren wurden erstmals Arbeiten publiziert, nach denen Zimt neben den bis dahin bekannten Wirkungen (vor allem im Bereich Dyspepsie) auch Einfluss auf den Kohlenhydratstoffwechsel nehmen kann. Inzwischen liegen zahlreiche In-vitro-Untersuchungen sowie tier–experimentelle Daten vor, die diese Hypothese untermauern. In einer größeren Zahl von Untersuchungen ergab sich, dass Zimtzubereitungen bzw. bestimmte Zimtbestandteile dabei unterschiedliche Wirkweisen besitzen. So finden sich neben Effekten auf die Insulinsekretion [13; 25] vor allem Wirkungen auf der Ebene der Signaltransduktion von Insulin, wodurch es zur Steigerung von Glucoseaufnahme und –metabolismus kommt [3; 4; 9; 10; 17; 18]. Als potenziell insulinmimetisch wirksame Substanzen werden tri- und tetramere Pro–cyanidinoligomere aus der Gruppe der Catechine bzw. Epicatechine diskutiert [3]. Darüber hinaus führte Zimtextrakt im Tierexperiment zu einer Senkung der Aktivität der intestinalen α-Glucosidasen [13]. Bisweilen wurden auch Einflüsse auf den Lipidstoffwechsel beobachtet, wobei sich je nach Versuchsbedingungen sowohl eine Steigerung der Konzentration an Lipoproteinen hoher Dichte (HDL) sowie eine Senkung der Cholesterol- und Triglyceridspiegel [13; 14] als auch ein Anstieg der Cholesterinwerte [20] fanden [Übersicht bei 15]. Bei den Experimenten kamen unterschiedliche Zimtarten und Zimtzubereitungen zum Einsatz. Überwiegend wurde dabei chinesischer Zimt (Cinnamomum cassia) verwendet. Dieser erwies sich im direkten Vergleich mit ceylonesischem Zimt (Cinnamomum ceylanicum) im Hinblick auf die Insulinsekretion als wirksamer [25].
Hinsichtlich ihrer stimulierenden Wirkung auf die Insulinaktivität und damit auf die Insulinsignaltransduktionskaskade sollen sich die unterschiedlichen Zimtarten nach Untersuchungen an Adipozyten dagegen nicht signifikant unterscheiden [3].
Grundsätzlich ist darauf hinzuweisen, dass die vorgenannten Daten zwar Hinweise auf bestimmte Eigenschaften von Zimt geben, keinesfalls aber Belege dafür darstellen, dass derartige Effekte – qualitativ und insbesondere quantitativ – auch beim Menschen zum Tragen kommen. In-vitro-Experimente, tierexperimentelle Studien und nicht-kontrollierte Humanstudien sind grundsätzlich methodisch nicht dazu geeignet, die Wirksamkeit einer bestimmten Maßnahme beim Menschen zu belegen. Solche Nachweise können grundsätzlich nur auf Basis von randomisierten, placebokontrollierten Interventionsstudien erbracht werden.
Nur diese sind methodisch überhaupt geeignet, eine Aussage zur potenziellen Wirkung von Stoffen beim Menschen zu machen [19]. Gerade im Bereich der Wirkung von Lebensmitteln sind dabei auch Placebokontrollen unerlässlich, da sich auch unter Placebo bestimmte Versuchsparameter durch bewusste und unbewusste Veränderungen von Ernährung und Lebensstil während der Interventionsphase signifikant gegenüber dem Ausgangswert verändern und diese Effekte entsprechend korrigiert werden müssen [7; 23].
Humanstudien Bislang liegen drei Humanstudien zur Wirkung von Zimt bei Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2 vor, die die vorgenannten formalen Randbedingungen erfüllen. Bei näherer Betrachtung wird allerdings offenkundig, dass diese Untersuchungen sehr unterschiedlich angelegt waren und mit Blick auf Studienkollektiv und Studiendesign daher differenziert bewertet werden müssen.
Die erste Untersuchung, eine randomisierte, placebokontrollierte Interventionsstudie mit 60 pakistanischen Typ-2-Diabetikern (30 Männer und 30 Frauen) wurde Ende 2003 publiziert [11] und führte in der Folge zu einem schnell steigenden Interesse am Thema Zimt und Diabetes: In der Untersuchung zeigte sich, dass die Einnahme von 1 g, 3 g oder 6 g chinesischem Zimtpulver (C. cassia) über 40 Tage zu einer signifikanten Senkung der Nüchternblutzuckerspiegel (18-29%), der Serumkonzentrationen der Triglyceride (23-30%) und des Gesamtcholesterols (12-26%) innerhalb der jeweiligen Zimtgruppe führt. Eine eindeutige Dosis-Wirkungs-Beziehung war nicht feststellbar. Die Blutspiegel der Lipoproteine geringer Dichte (LDL) (7-27%) sanken in den Gruppen, die entweder 3 oder 6 g Zimtpulver einnahmen, signifikant ab. Die beobachteten Effekte müssen allerdings vor dem Hintergrund der ausgeprägten methodischen Limitationen dieser Studie gesehen werden.
So lagen beispielsweise die mittleren Nüchternglucosespiegel der pakistanischen Studienteilnehmer vor Studienbeginn zwischen 11,4-16,7 mmol/l (205,4-300,9 mg/dl). Sie sind damit im Vergleich zu den Zielvorgaben der evidenzbasierten Empfehlungen der American Diabetes Association (ADA), in denen ein Nüchternglucosewert ≤ 6,9 mmol/l angestrebt wird, als sehr hoch einzustufen [2]. Die Daten deuten darauf hin, dass die pakistanischen Probanden eine gänzlich unzureichende antihyperglykämische Behandlung der Erkrankung erhielten. Auch wenn Khan et al. (2003) keine Angaben zu den Spiegeln an glycosiliertem Hämoglobin (HbA1c) machen, so muss aus den Nüchternglucosewerten der pakistanischen Studienteilnehmer auf HbA1c-Werte von ca. 8,0-10,5% geschlossen werden [2]. Im Vergleich dazu geben die derzeit gültigen Empfehlungen zur Behandlung des Diabetes als Therapieziel mit einem HbA1c–Wert < 7% einen wesentlich niedrigeren Wert an. Auch wenn derart niedrige Zielwerte in den westlichen Ländern selten erreicht werden, liegt der HbA1c-Wert bei der Mehrzahl der Diabetiker (> 60%) zumindest unterhalb von 8,0% (21) und damit weit unter den HbA1c-Werten der pakistanischen Diabetiker.
Nüchternglucosespiegel in der Höhe wie sie bei den pakistanischen Probanden gemessen wurden, sind bei westlichen Diabetikern untypisch.
Damit sind die Ergebnisse der pakistanischen Untersuchung nicht auf die Verhältnisse übertragbar, wie sie sich bei behandelten Typ-2-Diabetikern in Deutschland und anderen Industrieländern ergeben. Inwieweit die adjuvante Aufnahme von Zimt bei einer adäquaten Therapie der Erkrankung von Nutzen ist, kann auf Basis dieser Studie daher nicht beurteilt werden.
Vor kurzem wurden die Ergebnisse einer weiteren randomisierten, placebo–kontrollierten Zimtstudie an 25 postmenopausalen Typ-2-Diabetikerinnen aus den Niederlanden veröffentlicht [24]. Die Ausgangswerte der mittleren Nüchternglucosespiegel zwischen 8,28 ± 0,33 mmol/l (Placebo) und 8,37 ± 0,59 mmol/l (Verum) sowie der mittleren HbA1c–Werte zwischen 7,1 ± 0,2% (Placebo) und 7,4 ± 0,3% (Verum) lassen auf eine gute glykämische Einstellung der Probandinnen schließen. In der Untersuchung zeigte sich, dass die tägliche Einnahme von 1,5 g chinesischem Zimtpulver (C. cassia) über einen Interventions–zeitraum von sechs Wochen nicht zu einer signifikanten Verbesserung der Nüchternglucosewerte, der Insulinspiegel oder der Insulinresistenz, gemessen als HOMA-IR Index führte. Auch die Ergebnisse des oralen Glucosetoleranztests blieben unverändert. Bei den Nüchternglucosespiegeln war in der Verumgruppe im Laufe der Interventionsphase eine geringfügig stärkere Abnahme der Werte zu verzeichnen als in der Placebogruppe. Die HbA1c-Werte stiegen im Laufe der sechswöchigen Behandlungsphase in beiden Gruppen minimal um 0,1% an. Bei den Parametern des Lipidprofils Gesamt-Cholesterol, LDL-Cholesterol, HDL-Cholesterol und Triglyceride waren ebenfalls keine signifikanten Veränderungen festzustellen. In Anbetracht ihrer Ergebnisse sahen Vanschoonbeek et al. (2006) den für Zimt angenommenen positiven Effekt auf die Regulation der Stoffwechsellage bei Typ-2-Diabetikern als noch nicht erwiesen an und empfahlen die Durchführung weiterer Studien zur Wirkung von Zimt bei Diabetes, bevor entsprechende Health Claims ausgesprochen werden können. Die unterschiedlichen Ergebnisse zwischen den beiden o. g. Humanstudien führten Vanschoonbeek et al. (2006) auf das unterschiedliche Studienkollektiv (Geschlecht), die unterschiedlichen antihyperglykämischen Therapieformen, die wesentlich geringeren Ausgangswerte für die Glucose- und Triglyceridspiegel der niederländischen Diabetikerinnern und die bei Khan et al. (2003) fehlende Standardisierung der Ernährung vor den jeweiligen Untersuchungszeitpunkten zurück.
Auch wenn Anderson et al. (2004) im Hinblick auf die insulinstimulierenden Wirkungen zwischen den verschiedenen Zimtarten keine signifikanten Unterschiede gefunden haben, sollten dennoch Unterschiede hinsichtlich der geographischen Herkunft und der Herstellung der Zimtzubereitung als mögliche Quelle für Schwankungen im Inhaltsstoffmuster der Prüfpräparate berück–sichtigt werden. Bei der Bewertung der Ergebnisse dieser Untersuchung ist zudem zu berücksichtigen, dass eine Zimtmenge gewählt wurde, die im unteren Bereich des von Khan et al. (2003) gewählten Dosisbereichs lag. Auffallend ist darüber hinaus, dass ausschließlich postmenopausale Frauen in die Untersuchung einbezogen wurden.
Fast zeitgleich zur vorgenannten Studie wurden die Ergebnisse einer weiteren, von uns durchgeführten placebokontrollierten und randomisierten Untersuchung zur Wirkung von Zimt bei diätetisch und/oder mit oralen Antidiabetika behandelten, nicht aber insulinpflichtigen Typ-2-Diabetikern publiziert [16]. In dieser Interventionsstudie über vier Monate wurden deutlich höhere Fallzahlen untersucht als in den bisher dargestellten Studien (vergleiche Tabelle). Zum Einsatz kam ebenfalls chinesischer Zimt (C. cassia), im Unterschied zu den bisherigen Studien aber in Form eines wässrigen Extraktes. Zielgrößen waren ausgewählte Parameter des Glucosestoffwechsels (Nüchtern–glucosespiegel, HbA1c-Wert, Insulin, HOMA-IR Index), das Lipidprofil (Gesamtcholesterol, LDL-Cholesterol, HDL-Cholesterol, Triglyceride), das Gerinnungssystem und die Leberwerte. Die Tagesdosis betrug 3 x 112 mg Zimtextrakt, entsprechend 3 x 1 g Zimtpulver. In die Studienauswertung wurden ausschließlich Patienten einbezogen, deren antidiabetische Medikation sich in den letzten drei Monaten vor sowie während der Interventionsphase nicht verändert hatte. Auch Probanden, bei denen erhebliche Veränderungen im Lebensstil und Gewichtsveränderungen um ≥ 5% während der 4-monatigen Interventionszeit festgestellt wurden, wurden ausgeschlossen. Hierdurch sollte vermieden werden, dass Veränderungen der Stoffwechselsituation durch diese Faktoren das Interventionsergebnis verfälschten. Letztlich konnten die Daten von 65 Probanden ausgewertet werden. Die HbA1c-Werte zu Studienbeginn lagen mit 6,86 ± 1,0% (Verumgruppe) und 6,71 ± 0,7% (Placebogruppe) nochmals niedriger als in der holländischen Studie und erreichten damit im Mittel sogar den von Fachgesellschaften angestrebten Zielwert.
Am Ende des Interventionszeitraumes zeigte sich in der Verumgruppe (10,3 ± 13,2%) gegenüber der Placebogruppe (3,37 ± 14,2%) eine signifikant höhere Abnahme der Nüchternglucosespiegel. In der Verumgruppe korrelierten die Nüchternglucosespiegel der Basisuntersuchung und die absoluten Differenzen der Nüchternglucosewerte vor und nach der Intervention auf hochsignifikantem Niveau. Demnach tritt bei Patienten mit höheren Ausgangswerten der Nüchternglucosespiegel eine stärkere Abnahme der Nüchternglucosespiegel auf; in der Abbildung ist dieser Zusammenhang dargestellt. Dabei wird erkennbar, dass bei Blutglucosewerten unter ca. 7 mmol/l (entsprechend 126 mg/dl) im Mittel keine weitere Senkung des Wertes durch Zimt erreicht werden konnte. Dies deckt sich auch mit der Beobachtung, dass Hypoglyk-ämien unter Gabe des Verums nicht auftraten. Unter den in Deutschland in der Praxis zu findenden Bedingungen führte die Gabe des wässrigen Zimtextraktes bei bereits adäquat behandelten Typ-2-Diabetikern damit zu einer moderaten Senkung der Nüchternglucosespiegel, wenn die Stoffwechseleinstellung der Patienten nicht optimal war.
Signifikante Veränderungen der HbA1c-Werte, der Insulinspiegel, der Insulinresistenz (HOMA-IR Index) [15] sowie der Lipidwerte waren im Laufe der Interventionsphase weder zwischen, noch innerhalb der Gruppen festzustellen. Gleichermaßen fanden sich keine Einflüsse auf die Leberwerte sowie die Blutgerinnung.
Bewertung der bisherigen Interventionsstudien Ein Vergleich der drei bisher publizierten Studien zur Wirkung von Zimt bei Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2 ist wegen der unterschiedlichen Untersuchungsbedingungen nur sehr eingeschränkt möglich. Während Vanschoonbeek et al. (2006) in ihrer Studie nur eine geringe, nicht signifikante Senkung der Nüchtern–glucosespiegel beobachteten, nahmen in unserer Studie die Nüchternglucosespiegel in der Verumgruppe im Laufe der Interventionsphase und gegenüber der Placebogruppe signifikant ab. Verglichen mit dem Studienkollektiv von Vanschoonbeek et al. (2006) (8,3 mmol/l) lagen die Ausgangswerte der Nüchternglucosespiegel in unserem Kollektiv etwas (8,96 mmol/l) höher. Da mit höheren Ausgangsspiegeln offensichtlich eine stärkere Abnahme der Glucosewerte einhergeht, könnten die Unterschiede in den Ausgangswerten ein Grund für die verschieden starke Ausprägung des Effektes gewesen sein. Bedeutsamer dürften allerdings möglicherweise Unterschiede in der Dosierung und in der Zubereitung des Prüfpräparates sein (Zimtextrakt, entsprechend 3 g/d Zimt gegenüber 1,5 g/d Zimtpulver); offenbar bedarf es der höheren Dosierung, um unter diesen Bedingungen Wirkungen zu erzielen. Auch die Unterschiede im Geschlecht bzw. der Geschlechterverteilung und in der Dauer der Interventionsphase spielen vermutlich eine Rolle.
Die deutlich geringere Reduktion der Nüchternglucosespiegel in unserer Studie im Vergleich zur Studie von Khan et al. (2003) ist vermutlich darauf zurückzuführen, dass in der pakistanischen Studie Patienten mit extrem hohen Ausgangswerten untersucht wurden, die in westlichen Ländern üblicherweise nur bei schlecht eingestellten Personen zu finden sind. Wie die Abbildung verdeutlich, besteht ein Zusammenhang zwischen der Senkung des Nüchternglucosespiegels und den Ausgangswerten zu Untersuchungsbeginn. Es kann daher nicht verwundern, dass sich bei völlig inadäquat behandelten Patienten wie sie in die pakistanische Studie einbezogen wurden, erheblich stärkere Effekte ergaben als im Falle einer zusätzlichen Verabreichung von Zimt zu einer – gemessen an den HbA1c-Werten – effizienten Behandlung. Es ist hingegen nicht davon auszugehen, dass die Unterschiede durch die Verwendung von Zimtextrakt statt Zimtpulver bedingt sind, da In-vitro- und In-vivo-Experimente gezeigt haben, dass wässrige Zimtextrakte insulinstimulierende Eigenschaften besitzen [3; 25].
Derzeit scheinen auf Basis der bislang vorliegenden Daten damit folgende Schlüsse zulässig:
- Chinesischer Zimt bzw. daraus hergestellte Zubereitungen sind potenziell in der Lage, den Nüchternglucosespiegel bei Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2 zu senken.
- Offenbar ist die Effektgröße von der Ausgangssituation des Patienten abhängig: Je höher der Nüchternglucosespiegel, umso stärker die Senkung. Bei optimaler Stoffwechseleinstellung mit Glucosewerten im Normbereich ergibt sich keine weitere Reduktion des Glucosespiegels. Bei guter Stoffwechseleinstellung finden sich keine Effekte von Zimt(zubereitungen) auf die HbA1c-Werte sowie das Lipidprofil.
- Bisher ist nicht eindeutig sicher, welche Inhaltsstoffe des Zimtes für die antidiabetischen Wirkungen verantwortlich sind. Daher kann auch noch keine Aussage getroffen werden, welche Provenienz der Pflanze in welchem Umfang wirksam ist. Gleichermaßen sind die Wirkungen verschiedener Zimtextrakte nicht vergleichbar, da im Bereich von Lebensmitteln Standardisierungen nicht üblich sind. Produktspezifische Untersuchungen sind daher unumgänglich.
Toxikologische Aspekte Bereits seit einiger Zeit sind Diskussionen zur lebensmitteltoxikologischen Bewertung von Zimt in Gange. Diese entzünden sich nicht an der Verwendung von Zimt bzw. Zimtpräparationen zur Senkung des Blutzuckerspiegels, sondern sind genereller Natur und betreffen den Einsatz von Zimt in weiteren Bereichen der Lebensmittelindustrie, z.B. in Gebäck. Entsprechend seiner Verwendung als Gewürz wird Zimt seit Jahrtausenden gelegentlich und in kleinen Mengen verzehrt, ohne dass dafür Nebenwirkungen bekannt sind.
Dagegen fehlen bislang wissenschaftlich fundierte Daten zur Toxikologie bei der täglichen Langzeitaufnahme hoher Zimtmengen. Als toxikologisch problematische Inhaltsstoffe von Zimt sind in erster Linie Cumarine und Zimtaldehyd einzustufen. Zimtrinde besitzt ein allergenes Potenzial, das auf die sensibilisierende Wirkung von Zimtaldehyd, dem Hauptbestandteil des ätherischen Öles, zurückgeführt wird [26; 27]. Cumarine sind aufgrund ihrer gerinnungsbeeinflussenden Eigenschaften [8; 12] und ihrer karzinogenen und hepatotoxischen Wirkungen [1] toxikologisch relevant. Das wissenschaftliche Gremium für Lebensmittelzusatzstoffe, Aromastoffe, Verarbeitungshilfsstoffe und Materialien, die mit Lebensmitteln in Berührung kommen (AFC), legte deshalb in seinem Gutachten von 2004 [1] die tolerierbare tägliche Aufnahmemenge (TDI-Wert) mit 0-0,1 mg Cumarin/ kg Körpergewicht fest. Cumarine sind aber nicht in allen Zimtarten enthalten. Während im Cassia-Zimt ca. 0,45% Cumarine vorhanden sind, kommen Cumarine in Ceylon-Zimt nur in Spuren vor (27).
Das Bundesinstitut für Risikobewertung hat sich vor diesem Hintergrund in zwei Stellungnahmen [5; 6] mit den möglichen Gesundheitsrisiken durch den Verzehr von Zimt beschäftigt. Anlass hierfür gaben Analysen des Chemischen Landes- und Staatlichen Veterinäruntersuchungsamts (CVUA) in Münster, bei denen sehr hohe Werte für Cumarin in Zimtgebäck festgestellt wurden. Auch in Kapselprodukten mit Zimtpulver fanden sich erhebliche Cumaringehalte. Die Behörde kommt dabei zu der Einschätzung, dass insbesondere Kinder, die langfristig hohe Mengen an Zimtpulver oder Zimtgebäck verzehren, den langfristigen Wert für die tolerierbare Aufnahme an Cumarinen überschreiten können. Gleichermaßen sieht sie ein Risiko bei Diabetikern, die Zimtpulver verwenden.
Demgegenüber stellen Cumarine in wässrigen Zimtextrakt-Präparaten kein Problem dar. Während bei den verschiedenen Zimtextrakten die Werte für die Ausschöpfung des TDI-Wertes (< 0,1 mg/kg Körpergewicht) für die empfohlene Tagesdosis der jeweiligen Zimtpräparate bezogen auf 70 kg Körpergewicht zwischen 3% und 7% lagen, betrug bei den Zimtpulvern die Ausschöpfung zwischen 31% und 64% [6].
Fazit Die bislang vorliegenden Daten zeigen, dass in ihrer Struktur noch nicht endgültig zuzuordnende Bestandteile von Zimt offenbar Insulinsekretion und Insulinwirkung beeinflussen und damit Glucoseaufnahme und Glucoseverwertung bei diabetischer Stoffwechsellage verbessern können. Daten liegen hierbei überwiegend zum chinesischen Zimt (C. cassia) vor. Einer Vielzahl von In-vitro-Studien und tierexperimentellen Untersuchungen stehen bislang drei Interventionsstudien an Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2 gegenüber. Sie zeigen, dass der Konsum von Zimtpulver bzw. Zimtextrakt bei dieser Personengruppe prinzipiell zu einer Senkung der Blutglucosespiegel beitragen kann. Allerdings sind die Effekte von verschiedenen Faktoren abhängig, vor allem von Zielgruppe, Präparat und Dosierung.
So ergeben sich die stärksten Effekte dann, wenn die Stoffwechseleinstellung der Patienten unzureichend ist. Bei unter westlichen Bedingungen zu findenden, nach üblichen Kriterien behandelten Patienten scheint zudem eine Dosis an Zimt erforderlich, die ca. 3g/d Droge entspricht. In diesen Fällen sind noch moderate Senkungen der Nüchternglucosewerte zu erreichen. Bei weitgehend optimaler Situation ergeben sich hingegen keine Verbesserungen, was auch zu erwarten ist.
In toxikologischer Hinsicht bestehen Bedenken gegen die Verwendung von Zimtpulver wegen dessen hohen Gehalten an Cumarinen und Zimt–aldehyd. Demgegenüber sind wässrige Extrakte, bei denen das ätherische Öl entfernt wurde, offenbar weitgehend frei von diesen Substanzen und in dieser Hinsicht unbedenklich. Da die Extrakt–beschaffenheit im Lebensmittelbereich sehr unterschiedlich sein kann und keine Vorgaben existieren, können solche Extrakte im Hinblick auf ihren Gehalt an – nicht eindeutig identifizierten (!) – wertgebenden Inhaltsstoffen sehr unterschiedlich sein. Mit einzelnen Extrakten gewonnene Ergebnisse zur antidiabetischen Wirkung können daher nicht auf alle Zimtpräparate übertragen werden; vielmehr bedarf es damit extraktspezifischer Studien, um die jeweilige Wirkung und damit den Nutzen für den Patienten abschätzen zu können [15].
Prof. Dr. Andreas Hahn und Apothekerin Bärbel Mang
Die Frage nach der möglichen Bedeutung von Zimt bei Diabetes mellitus wird bereits seit geraumer Zeit kontrovers diskutiert. Der Beitrag unternimmt den Versuch, die wissenschaftliche Datenlage zu resümieren. Die bislang vorliegenden Daten zeigen, dass in ihrer Struktur noch nicht endgültig zuzuordnende Bestandteile von Zimt offenbar Insulinsekretion und Insulinwirkung beeinflussen und damit Glucoseaufnahme und Glucoseverwertung bei diabetischer Stoffwechsellage verbessern können. Die Ergebnisse können nicht auf alle Präparate übertragen werdne. In toxikologischer Hinsicht bestehen Bedenken gegen die Verwendung von Zimtpulver wegen dessen hohen Gehalten an Cumarinen und Zimtaldehyd. Wässrige Extrakte sind jedoch weitgehend frei von diesen Substanzen und in dieser Hinsicht unbedenklich.
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