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Arzneimittel und Therapie
Weltpoliotag: Sprunghafter Polioanstieg in Indien und Nigeria
Ursprünglich hatte die WHO vorgesehen, die Welt zum Jahr 2000 für poliofrei zu erklären, dann wurde der Zeitpunkt auf das Jahr 2005 verlegt. Doch auch zum Weltpoliotag am 28. Oktober 2006 kann kein durchschlagender Erfolg vermeldet werden. Nach den am 18. Oktober 2006 veröffentlichten Daten der Global Polio Eradication Initiative wurden im Jahr 2006 49 Poliofälle mehr registriert als im Vergleichszeitraum 2005.
Polio in vier Ländern endemisch Endemisch ist die Kinderlähmung in den Ländern Nigeria, Indien, Afghanistan und Pakistan. In diesen Ländern befinden sich die letzten Wildvirus-Reservoire. Diese Viren waren für über 90% aller weltweit registrierten Poliofälle verantwortlich. Mit ihrer Eradikation steht und fällt das Ziel der weltweiten Ausrottung. Dazu muss zunächst in den endemischen Ländern selber die Verbreitung gestoppt werden. Das ist bisher nicht gelungen.
In diesem Jahr wurden bis zum 18. Oktober allein 1337 der 1441 Poliofälle aus diesen Ländern gemeldet. In Indien hat sich die Zahl der Polioerkrankungen im Vergleich zum Vorjahr verzehnfacht, in Nigeria nahezu verdoppelt (Tab. 1). Dagegen konnten dank eines neuen monovalenten Impfstoffs und eines schnelleren Nachweisverfahrens Ausbrüche im Jahr 2005 im Jemen und in Indonesien schnell gestoppt werden. Das wäre auch nach Ansicht des Advisory Committee for Polio Eradication (ACPE), einem Gremium, das die WHO in der Durchführung der Impfprogramme unterstützt, in Indien und Nigeria möglich. Es gäbe kein Problem bei der Lieferung der Impfstoffe, auch die Finanzierbarkeit sei gesichert und die Bevölkerung von der Notwendigkeit eines Impfprogramms überzeugt. Es fehle lediglich am politischen Willen. Um eine weitere Ausbreitung zu verhindern, müssen auch in nicht-endemischen Ländern die Schutzmaßnahmen verstärkt werden. Ein wichtiger Schritt ist die Forderung nach einem Impfnachweis für Reisende aus und in Länder, in denen Polio endemisch ist. Saudi-Arabien verlangt beispielsweise einen entsprechenden Nachweis für Mekkapilger.
Empfehlungen für Deutschland Die Ständige Impfkommission am Robert Koch-Institut (STIKO) empfiehlt in Deutschland als Polio-Impfstoff für die Routine-Impfung nur die inaktivierte Polio-Vakzine (IPV). Es handelt sich dabei im Gegensatz zu der früher üblichen oralen Polio-Vakzine (OPV) um einen zu injizierenden Impfstoff, der sicher wirksam ist und keine Vakzine-assoziierte paralytische Poliomyelitis (VAPP) verursachen kann. OPV-Impfstoff darf nur noch zur Abriegelung von eventuellen Polio-Ausbrüchen nach ausdrücklicher Anordnung durch die Gesundheitsbehörden angewandt werden.
Die Grundimmunisierung beginnt entsprechend dem Impfkalender für Säuglinge, Kinder und Jugendliche im 3. Lebensmonat und umfasst in der Regel bei der Verwendung von Kombinationsimpfstoffen mit IPV-Anteil drei Dosen im ersten und eine weitere zu Beginn des 2. Lebensjahres. Sofern kein Kombinationsimpfstoff verwendet wird, werden zwei Impfungen im ersten bzw. drei Impfungen im ersten und zweiten Lebensjahr durchgeführt. Für Kinder und Jugendliche im Alter von neun bis 17 Jahren wird eine Auffrischimpfung mit einem IPV-haltigen Impfstoff empfohlen.
Erwachsene mit über vier dokumentierten OPV- bzw. IPV-Impfungen im Kindes- und Jugendalter bzw. nach einer Grundimmunisierung im Erwachsenenalter gelten als vollständig immunisiert. Ungeimpfte Personen erhalten eine inaktivierte Polio-Vakzine entsprechend den Angaben des Herstellers. Ausstehende Impfungen der Grundimmunisierung werden mit IPV nachgeholt. Eine routinemäßige Auffrischung wird nach dem vollendeten 18. Lebensjahr nicht empfohlen.
Wer sollte sich vor Polio unbedingt schützen? Nach den Empfehlungen der STIKO sollten Angehörige folgender Gruppen über eine aktuelle Polio-Impfimmunität verfügen (Auffrischung der Polio-Impfimmunität durch eine inaktivierte Polio-Vakzine, falls die letzte Impfstoffgabe länger als zehn Jahre zurückliegt, gegebenenfalls Grundimmunisierung oder Ergänzung fehlender Impfungen):
- Reisende in Regionen mit Infektionsrisiko. Dabei ist die aktuelle epidemische Situation zu beachten, insbesondere die Meldungen der WHO;
- Aussiedler, Flüchtlinge und Asylbewerber, die in Gemeinschaftsunterkünften leben, bei der Einreise aus Gebieten mit Polio-Risiko;
- Personal der oben genannten Einrichtungen;
- medizinisches Personal, das engen Kontakt zu Erkrankten haben kann;
- Personal in Laboratorien mit Poliomyelitis-Risiko.
du
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