Gesundheitspolitik

Union, SPD, FDP und Linke für Fremd- und Vielbesitzverbot

Am 28. September fand im Deutschen Bundestag eine für Apothekerinnen, Apotheker und Apothekenmitarbeiter historische Debatte statt. In ihrer 54. Sitzung befassten sich die Parlamentarier ausführlich und auf bemerkenswertem Niveau mit den gesundheitspolitischen und rechtlichen Hintergründen des in Deutschland (und in den meisten europäischen Ländern geltenden) Fremd- und Vielbesitzverbotes bei Apotheken. Ausgangspunkt der Debatte war ein Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, der Ų im politischen Windschatten des Saarbrücker Falles Hecken/DocMorris Ų für eine Abschaffung des deutschen Approbationsgebots für Apothekeninhaber plädierte. Daraus wurde jedoch nichts. Im Gegenteil: In seltener Einmütigkeit sprachen sich Wolf Bauer (CDU/CSU), Daniel Bahr (FDP), Marlies Volkmar (SPD), Frank Spieth (Die Linke/PDS) und Margit Spielmann (SPD) dafür aus, das bestehende Fremd- und Vielbesitzverbot bei Apotheken zu erhalten. Der Grünen-Antrag wurde an die Ausschüsse für Gesundheit, für Wirtschaft und Technologie und für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz überwiesen.

Aufgrund ihrer Bedeutung dokumentieren wir die Debatte des Bundestages im Wortlaut.

Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 16 auf: Beratung des Antrags der Abgeordneten Birgitt Bender, Matthias Berninger, Kerstin Andreae, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen

"Fremd- und Mehrbesitzverbot für Apotheken aufheben" – Drucksache 16/2506 – Überweisungsvorschlag:

  • Ausschuss für Gesundheit (f)
  • Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
  • Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz

Es wurde verabredet, hierüber eine halbe Stunde zu debattieren. – Dazu höre ich keinen Widerspruch. Dann ist es so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache und gebe das Wort der Kollegin Biggi Bender, Bündnis 90/Die Grünen.

Birgitt Bender (Bündnis 90/Die Grünen): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das deutsche Apothekenrecht ist bizarr. Da verhindert ein Selbstbedienungsverbot, dass die Kundinnen und Kunden selber an das Regal mit verschreibungsfreien Arzneimitteln herantreten, um sich das preiswerteste Präparat herauszusuchen. Da ist der Besitz von Apotheken nur Apothekern gestattet. Das ist eine Regelung, die es in anderen Bereichen, wo der Verbraucherschutz ebenfalls eine wichtige Rolle spielt, etwa in Bäckereien oder Supermärkten, nicht gibt und die dort wohl auch jeder für absurd halten würde.

(Dr. Margrit Spielmann [SPD]: Das ist ja nun etwas ganz anderes!)

Da darf ein Apotheker neben seiner Hauptapotheke höchstens drei Filialapotheken betreiben, die auch noch nahe beieinander liegen müssen.

Um solche wettbewerbsbeschränkenden Regelungen aufrechterhalten zu können, muss man in einer marktwirtschaftlichen Ordnung schon gute Gründe haben. Hier findet man aber keine. Gerne wird das Fremdbesitzverbot damit begründet, dass die Qualität der Beratung gewährleistet sein müsse, was als Anforderung zutrifft. Dafür würde es allerdings reichen, wenn in jeder Apotheke ein Apotheker oder eine Apothekerin beschäftigt wäre. Für die Qualität der Beratung haben die Besitzverhältnisse doch keinerlei Bedeutung. Auch für das Mehrbesitzverbot werden höhere Gründe angeführt. Seine Befürworter behaupten, dass Kartelle und Monopolisten andernfalls überhöhte Preise verlangen könnten. Wir haben doch aber Erfahrungen mit Institutionen, die helfen, die Ausnutzung einer Marktmacht zu verhindern. Wir haben die Monopolkommission und das Bundeskartellamt. Warum sollten sie nicht auch auf diesem Markt tätig werden und einen Machtmissbrauch verhindern können?

Die Aufhebung des Mehrbesitzverbotes wird nicht zuletzt mit der Begründung abgelehnt, dass dann die flächendeckende Versorgung mit Arzneimitteln gefährdet sei. Die entstehenden Apothekenketten, so heißt es, würden sich nur die Rosinen heraussuchen. In strukturschwachen und ländlichen Regionen, so wird beschworen, gäbe es dann gar keine Apotheke mehr. Das ist kein gutes Argument; denn schließlich ist die Gründung einer Apotheke auch heute kein Akt der Nächstenliebe. Ein Apotheker, der eine Apotheke gründen will, oder eine Apothekerin, die eine Apotheke übernehmen möchte, überlegt sich doch sehr genau, ob an diesem Standort gute Umsätze zu erwarten sind. Das ist übrigens auch der Grund, warum die Apothekendichte in Deutschland zwischen Stadt und Land sowie zwischen wohlhabenden und ärmeren Regionen so unterschiedlich ist. Wir alle wissen doch, dass es in den Städten inzwischen mehr Apotheken als Briefkästen gibt. Im ländlichen Raum ist das nicht so.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

An diesem wirtschaftlichen Kalkül würde sich auf einem freieren Apothekenmarkt nichts ändern. Apotheker würden sich auch weiterhin außerhalb der Ballungsräume niederlassen; schließlich ist dort die Wettbewerbsintensität geringer. Verändern würden sich aber – das müssen wir uns angesichts der Diskussion im Rahmen der Gesundheitspolitik überlegen – die Kosten des Arzneimittelhandels. Aufgrund der Erfahrungen in anderen Ländern rechnen uns Fachleute vor, dass mit Einsparungen zwischen 1 und 2 Milliarden Euro zu rechnen sei. Angesichts der Anforderungen an die gesetzliche Krankenversicherung sind das nun wahrlich keine Peanuts. Wir können es uns nicht leisten, solche Wirtschaftlichkeitsreserven nicht zu nutzen.

Im Übrigen wird der deutsche Weg auch im Hinblick auf das europäische Recht nicht aufrechtzuerhalten sein. Die Europäische Kommission wendet sich gegen Wettbewerbshindernisse auf den Apothekenmärkten. Sie sagt, das Fremdbesitzverbot sei zur Wahrung der Volksgesundheit nicht notwendig, stelle deswegen einen Verstoß gegen die europäische Niederlassungsfreiheit dar. Deswegen hat die Kommission bereits Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich, Italien und Spanien eingeleitet.

(Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Aber nicht gegen Deutschland!)

Kurzum: Die Aufhebung von Mehr- und Fremd–besitzverbot ist erstens wirtschaftlich geboten, zweitens ordnungspolitisch richtig und hat drittens keine gesundheitspolitischen Auswirkungen, die ihr entgegenstünden. Angesichts dieser Ausgangslage ist es schon bemerkenswert, dass die Bundesregierung auf diesem Felde so gar nicht tätig sein will. Das gilt übrigens auch für die FDP, Herr Bahr. Immerhin führen Sie sich ja gerne als Schild und Schwert des Liberalismus auf. Aber im Apothekenwesen halten Sie Wettbewerb für Teufelszeug. Das ist bizarr.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen sowie bei Abgeordneten der SPD)

Das Regelungsdickicht im Apothekenwesen ist doch nur aufgrund guter Lobbyarbeit und enger Klientelbeziehungen entstanden und keinen sachlichen Erwägungen geschuldet. Die Bundeskanzlerin hat die Losung ausgegeben, dass in der Gesundheitspolitik das Gemeinwohl Vorrang vor Gruppeninteressen haben müsse. Wenn das so ist, dann lassen Sie uns dem folgen und eine Liberalisierung des Apothekenmarktes angehen.

Danke schön.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen – Zuruf von der SPD: Wir machen jetzt erst einmal die Gesundheitsreform!)

Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:

Das Wort hat der Kollege Dr. Wolf Bauer, CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Dr. Wolf Bauer (CDU/CSU): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben uns heute mit einer sehr inte–ressanten Frage zu beschäftigen, nämlich: Welchen Stellenwert hat die öffentliche Apotheke in unserer Gesellschaft im Allgemeinen und in unserem Gesundheitswesen im Besonderen? Ich glaube, wir sind uns alle darin einig: Zweifellos hat die Apotheke einen sehr hohen Stellenwert, da sie Garant für die ordnungsgemäße und sichere Arzneimittelversorgung unserer Bevölkerung ist.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Dabei haben sich insbesondere die mittelständischen Strukturen und die Freiberuflichkeit bewährt, und das über viele Jahrhunderte. Über die freien Berufe findet sich im Partnerschaftsgesellschaftsgesetz eine sehr interessante Aussage. Ich zitiere: Die Freien Berufe haben im allgemeinen auf der Grundlage besonderer beruflicher Qualifikation oder schöpferischer Begabung die persönliche, eigenverantwortliche und fachlich unabhängige Erbringung von Dienstleistungen höherer Art im Interesse der Auftraggeber und der Allgemeinheit zum Inhalt.

Nicht umsonst hat der Gesetzgeber die Aufgabe der Arzneimittelversorgung in die Hände der eigenständigen Apotheken gegeben. Ich meine, wir sollten es dabei belassen. Mit den Gründen, die Sie, Frau Bender, genannt haben, können wir uns gerne einzeln auseinander setzen.

(Birgitt Bender [Bündnis 90/Die Grünen]: Ja, tun Sie das doch!)

Ich lade Sie heute ein, einmal mit mir gemeinsam in eine Apotheke in Berlin zu gehen.

(Ute Kumpf [SPD]: Ein bisschen shoppen!)

Danach können Sie nicht mehr behaupten, man gehe dort ans Regal und nehme sich einfach etwas heraus. Ich glaube, Sie müssen einmal sehen, dass das gar nicht so einfach geht. Etwas ganz anderes ist es, wenn Kapitalgesellschaften die Erlaubnis erteilt wird, öffentliche Apotheken zu betreiben. Wir beklagen doch auch in diesem Haus permanent, wie sich Kapitalgesellschaften in unserer Gesellschaft verhalten, wie sie mit ihren Mitarbeitern umgehen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD – Birgitt Bender [Bündnis 90/Die Grünen]: Das sagt die Union! Das merk ich mir! Das ist ja eine interessante wirtschaftspolitische Aussage!)

Dann sollen wir den Kapitalgesellschaften in diesem sensiblen Bereich Tür und Tor öffnen? Dieser Vorschlag kommt ausgerechnet von Ihnen, den Grünen. Aber lassen wir das. Zum wiederholten Male wurde die Diskussion über die Entscheidung des Saarlandes angestoßen – das haben Sie angesprochen –, einer niederländischen Aktiengesellschaft eine Betriebserlaubnis für eine Apotheke in Saarbrücken zu erteilen.

(Zuruf vom Bündnis 90/Die Grünen: Gute Entscheidung!)

Auch wenn es sich vorrangig um eine von Europarecht geprägte Entscheidung handelt, sollten wir bei der Beurteilung dieses Vorgangs nicht vergessen, dass die Europäische Union nicht nur eine Wirtschaftsgemeinschaft und erst recht nicht nur eine Wettbewerbsgesellschaft, sondern auch eine Wertegemeinschaft ist. Der Europäische Gerichtshof hat in diesem Zusammenhang mehrmals festgestellt, dass Leben und Gesundheit in der EU Vorrang vor wirtschaftlichen Interessen genießen. Die Wirtschaft dient den Verbrauchern und nicht umgekehrt. Dies hat zur Folge, dass die Wirtschaftsordnung auch im Gemeinschaftsrecht flexibel an die sachlichen und fachlichen Erfordernisse einzelner Sektoren anzupassen ist. Daher belässt Art. 152 des EG-Vertrages die primäre Zuständigkeit für die Regelung und Organisation der Gesundheitsfürsorge bei den Mitgliedstaaten.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Die Europäische Gemeinschaft beschränkt sich lediglich auf die Ergänzung von Maßnahmen, die Förderung der Gesundheit und die Koordinierung der Mitgliedstaaten. In diesem Artikel steht auch, dass bei der Tätigkeit der Gemeinschaft im Bereich der Gesundheit der Bevölkerung die Verantwortung der Mitgliedstaaten für die Organisation des Gesundheitswesens und die medizinische Versorgung in vollem Umfang gewahrt wird. Das ist letztendlich auch Ausdruck des Subsidiaritätsprinzips, auf das wir so stolz sind und das im EG-Vertrag verankert ist.

Die Gegner des deutschen Fremdbesitzverbotes stützen sich auf die unterschiedlichsten Gründe, warum man es endlich beseitigen muss. Aber ich glaube, das bringt uns nicht weiter. Zwingende Gründe wie das Gemeinwohl werden angeführt. Ich glaube aber, dass all das Gründe für die Beibehaltung des Verbots sind. Laut Europäischem Gerichtshof nimmt die Gesundheit – das muss ich noch einmal betonen – (Birgitt Bender [Bündnis 90/Die Grünen]: Dadurch wird es nicht wahrer!) unter allen Rechtsgütern, die zur Einschränkung der Grundfreiheiten berechtigen, den ersten Rang ein. Das Verbot des Fremd- und uneingeschränkten Mehrbesitzes dient dem Zweck, eine geordnete, verlässliche und kontrollierte Arzneimittelversorgung zu gewährleisten.

(Birgitt Bender [Bündnis 90/Die Grünen]: Na gut! Dann machen wir das doch auch im Lebensmittelrecht! – Dr. Margrit Spielmann [SPD]: Da gibt es schon noch einen Unterschied, Frau Bender!)

Dazu gehört, dass den besonderen Gefahren des Arzneimittelgebrauchs Rechnung getragen und ein ungehinderter Arzneimittelkonsum verhindert wird.

Gleichwohl wird diese Entscheidung letztlich in der Hand des Europäischen Gerichtshofes liegen. Wir sollten abwarten, was dabei herauskommt. Es ist allerdings schade, dass man sich im Saarland auf nur ein Gutachten gestützt hat.

(Zuruf von der SPD: Ja!)

Ich kenne auch Gutachten, die das genaue Gegenteil besagen. Sie wissen ja: zwei Juristen, drei Meinungen. Hier hätte man etwas sorgfältiger vorgehen sollen.

Die Aufhebung des Fremd- und Mehrbesitzverbotes wird mit der Zulassung von mehr Wettbewerb begründet; das haben wir gerade wieder gehört. Im Antrag vom Bündnis 90/Die Grünen ist von einer Einsparung von bis zu 2 Milliarden Euro die Rede. Außerdem heißt es, es fehle an empirischen Belegen dafür, dass eine Aufhebung des Fremd- und Mehrbesitzverbotes zu einer Einschränkung der Sicherheit und der Qualität der Arzneimittelversorgung führt. Frau Bender, wenn es schon um empirische Belege geht, würde es mich natürlich unheimlich freuen, wenn auch eine betriebs- und volkswirtschaftlich nachvollziehbare Berechnung vorgelegt würde, aus der ein Einsparvolumen von 2 Milliarden Euro hervorgeht.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Birgitt Bender [Bündnis 90/Die Grünen]: Ich schicke Ihnen das Gutachten!)

Der Kollege Lauterbach zum Beispiel spricht von Einsparungen in Höhe von lediglich 1 Milliarde Euro. Hier ist also eine gewaltige Differenz festzustellen.

Zudem bitte ich die Verfasser des Antrags, darzulegen – möglichst auch empirisch; das ist ja ein schönes Wort –, in welchen Ländern sich die Sicherheit und die Qualität der Arzneimittelversorgung durch die Freigabe verbessert hat. Auch das lässt sich nicht nachweisen.

(Birgitt Bender [Bündnis 90/Die Grünen]: Die Kosten sind niedriger!) Da wir gerade bei der Empirie sind: Mich würde brennend interessieren, in welchen Ländern die Arzneimittelabgabepreise aufgrund der Existenz von Kettenapotheken günstiger wurden. Dass das der Fall ist, stimmt nämlich auch nicht. Das können Sie in jedem Gutachten und in vielen anderen Schriftstücken nachlesen.

Ich frage Sie, meine Damen und Herren vom Bündnis 90/Die Grünen: Wollen Sie eigentlich einen Wettbewerb wie in Norwegen? Dort waren 80 Prozent aller Apotheken innerhalb von zwei Jahren nach Aufhebung des Mehr- und Fremdbesitzverbotes in der Hand von vier Ketten. Nur 15 Apotheken stehen nicht unter direktem Ketten- oder Großhandelseinfluss.

(Birgitt Bender [Bündnis 90/Die Grünen]: Gibt es da Wettbewerb? – Maria Michalk [CDU/CSU]: Das ist ja eine Leistung!)

In Norwegen ist es so weit gekommen, dass bei einer Apothekenkette mittlerweile 45 Prozent der abgegebenen Generika vom zum selben Unternehmen gehörenden Hersteller stammen. Ist das Wettbewerb?

Interessant ist auch, dass das norwegische Gesundheitsministerium im Jahre 2004 feststellen musste, dass die Handelskonzerne zwar bei ihren Zulieferern, vor allem bei Generikaherstellern, Rabatte einforderten und auch erhielten, diese jedoch nicht an die Verbraucher oder Krankenkassen weitergaben. Ist es das, was Sie wollen? Das kann es doch auch nicht sein.

Wie kann man – siehe den Antrag vom Bündnis 90/ Die Grünen – einen Wettbewerb zwischen großen Apothekenketten und kleinen, herkömmlichen Apotheken als segensreich fordern? Nichts anderes besagt folgendes Zitat aus Ihrem Antrag:

Die kleinteilige Struktur des Apothekenmarkts lässt einen effizienz- und effektivitätssteigernden Wettbewerb zwischen den Apotheken nicht zu.

Angesichts der Entwicklung in Norwegen, die ich vorhin angesprochen habe, frage ich Sie: Wollen Sie das wirklich?

Sie sagten, es sei kein Problem, eine flächen–deckende Versorgung sicherzustellen. Aber sie ist in Gefahr. In Norwegen musste die Regierung den drei marktbeherrschenden Unternehmen Übernahmegarantien für aufgegebene Landapotheken geben. In Großbritannien subventioniert der Staat mittlerweile jede vierzigste Apotheke, um eine flächendeckende Versorgung zu gewährleisten. Ist es wirklich das, was Sie wollen?

Anstatt unsere qualitativ hochwertige Arzneimittelversorgung zu zerschlagen, sollten wir zunächst einmal die Auswirkungen des AVWG und des sich gegenwärtig in der Diskussion befindlichen GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetzes abwarten.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Außerdem bin ich sicher, dass sich auch der Europäische Gerichtshof noch ausführlich mit dieser Materie auseinander setzen wird. Sie haben es bereits angesprochen: Gegen Österreich, Italien und Spanien sind bereits Verfahren, die eine ähnliche Thematik betreffen, beim Europäischen Gerichtshof anhängig. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass gegen Deutschland bisher noch kein Verfahren vonseiten der EU-Kommission in die Wege geleitet worden ist.

(Maria Michalk [CDU/CSU]: So ist das!)

Daraus lässt sich schließen, dass unsere Gesetzgebung durchaus EU-rechtskonform ist. (Beifall der Abg. Maria Michalk [CDU/CSU])

Ich appelliere an das Hohe Haus, nicht in vorauseilendem Gehorsam gute, gewachsene Strukturen zu zerstören. Wir werden den Antrag der Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen ablehnen. Ich wiederhole meine Einladung: Lassen Sie uns einmal zusammen in eine Apotheke gehen, damit Sie sich ein Bild von dem umfangreichen Leistungskatalog machen können! Danke schön.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:

Für die FDP hat Daniel Bahr das Wort.

(Beifall bei der FDP – Birgitt Bender [Bündnis 90/Die Grünen]: Jetzt erklärt uns die FDP, warum sie gegen Wettbewerb ist!)

Daniel Bahr (FDP): Liebe Frau Präsidentin! Meine liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Fremd- und Mehrbesitzverbot für Apotheken ist ein klassisches Beispiel für einen Interessenkonflikt zwischen verschiedenen Politikfeldern, zwischen Wirtschaftspolitik auf der einen und Gesundheitspolitik auf der anderen Seite.

Die FDP will einen Ausgleich zwischen den berechtigten Interessen der Gesundheits- und der Wirtschaftspolitik. Aus wirtschaftspolitischer Sicht sind Apotheker gewerbetreibende Kaufleute, die sich am Umsatz orientieren und Gewinne anstreben. Die Apothekenpreise von Medikamenten kommen allerdings nicht durch das freie Spiel von Angebot und Nachfrage zustande, sondern durch einen gesetzlich festgelegten, prozentualen Aufschlag auf die Preise des Großhandels. In der Gesundheitspolitik muss so viel Wettbewerb wie nötig und möglich für Effizienzsteigerungen sorgen; dafür stehen wir als FDP. Der Gesundheitsmarkt ist aber nach wie vor ein ganz besonderer Markt, wie hier im Hause wohl keiner bestreiten wird. Mehr als in anderen Bereichen spiegeln sich die Präferenzen der Kunden eben nicht im freien Spiel der Kräfte von Angebot und Nachfrage wider. Dieser Bereich unterliegt ganz eigenen Gesetzen.

Die Gesundheitspolitik muss die Arzneimittelversorgung in Deutschland so organisieren, dass sie den Bedürfnissen der Menschen entspricht. Kaum ein anderes Land hat eine so gute Arzneimittelversorgung wie Deutschland.

(Beifall bei der FDP)

Was ist gut an der derzeitigen Arzneimittelversorgung? Erstens: Jeder Bürger hat jederzeit Zugang zu Medikamenten, egal ob er in der Stadt oder auf dem Land wohnt, egal ob er sie vormittags oder nachts oder am Wochenende benötigt. Zweitens: Die Arzneimittelversorgung weist einen hohen Grad an Sicherheit auf. Das Problem, dass Fälschungen aufkommen, hat deshalb nicht auf die Verbraucher durchschlagen können.

Drittens: Der einzelne Apotheker fühlt sich für seine Apotheke und seine Kunden verantwortlich. Teilweise übernimmt er eine Mittlerfunktion zwischen Arzt und Patient. Wenn die Zeit beim Arzt nicht gereicht hat, wenn Zusatzinformationen notwendig sind, nimmt sich der Apotheker die Zeit, entsprechend zu informieren.

Was haben wir davon, wenn die Versorgung qualitativ schlechter würde? Wer immer etwas an dem bestehenden System ändern will, muss nachweisen, dass das Angestrebte qualitativ besser ist als der Istzustand: Erstens: Wird die räumliche Versorgung wirklich besser? Zweitens: Wird die Auswahl an Medikamenten wirklich größer? Drittens: Wird die Beratung besser? Viertens: Werden die Arzneimittelpreise niedriger? – Frau Bender, Sie fordern mit Ihrem Antrag, die rechtlichen Voraussetzungen zu ändern, wer eine Apotheke besitzen darf, mehr nicht. Dadurch würden die Arzneimittelpreise nicht niedriger. Doch das steht nicht in Ihrem Antrag. Er ist deshalb eine Verkürzung dieses Bereiches.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)

Nur wenn die Arzneimittelpreisverordnung komplett aufgehoben wird, die Pharmahersteller bei den Preisen trotz Festbeträgen und Arzneimittelhöchstbeträgen noch nennenswerte Spielräume haben, die nicht durch die Krankenkassen mit Rabattverträgen ausgeschöpft werden, und – ein ganz wesentlicher Aspekt – das Zusammenspiel aus vertikaler und horizontaler Konzentration den Preissetzungsspielraum für die Apothekenketten nicht sogar zulasten der Verbraucher erhöht, würden Arzneimittel billiger. Sonst würden Apothekenketten nur eines bewirken, nämlich eine Produzentenrente beim Apothekenkettenkonzern, also eine Erhöhung des Gewinns beim Konzern.

Das Fremd- und Mehrbesitzverbot erklärt sich aus der heilberuflichen Komponente des Apothekerberufs. Der Apotheker galt bisher traditionell als Heilberufler. Das rechtfertigt die flächendeckende Versorgung mit Apotheken, die wir in Deutschland haben. Diese heilberufliche Komponente des Apothekers wurde mit dem Arzneimittelversorgungs-Wirtschaftlichkeitsgesetz von Anfang dieses Jahres – Herr Bauer hat es angesprochen – durch das Verbot von Naturalrabatten noch betont.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP, der CDU/ CSU und der SPD)

Man muss sich einmal Gedanken machen, was man eigentlich will. Natürlich ist der Apotheker sowohl Heilberufler als auch Kaufmann. Man kann aber nicht, wie es einem gerade gefällt, das eine Mal betonen, dass der Apotheker ein Heilberufler ist, und Naturalrabatte verbieten, und dann wieder einfordern, dass er als Kaufmann direkt mit den Kassen oder der Pharmaindustrie verhandelt. In diesem Zwiespalt befinden wir uns. Deshalb müssen wir uns diese Frage immer wieder stellen. Nicht Kommerzialismus, sondern die Gesundheitsversorgung soll im Vordergrund stehen. Eine Apothekenkette im Besitz einer Kapitalgesellschaft würde zumindest dies anders gewichten.

Die Grünen betonen in ihrem Antrag allein die wirtschaftspolitische Sicht. Ich vermisse dabei die gesundheitspolitische Komponente. Auch die wirtschaftspolitische Komponente ist nicht konsequent durchdacht. Wer wirtschaftspolitisch konsequent handeln will, der muss den gesamten Arzneimittelmarkt marktwirtschaftlich ausrichten.

(Beifall bei der FDP)

Das steht nicht in Ihrem Antrag. Er müsste auch die Abschaffung von Festbeträgen und Festpreisen sowie die Aufhebung der Importquoten, der gesetzlichen Zwangsrabatte, der Bonus-Malus-Regelung, der Aut-idem-Regelung, des Verbots von Naturalrabatten usw. fordern. Mit diesen ganzen Fragen beschäftigen Sie sich in Ihrem Antrag nicht. Sie beschäftigen sich allein mit dem Fremd- und Mehrbesitzverbot. Es ist deshalb nicht gerechtfertigt, diesem Antrag zuzustimmen.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

All das müsste dem freien Spiel der Kräfte überlassen werden und sich als Ergebnis des Handelns von Ärzten, Patienten, Pharmaherstellern, Großhändlern und Apothekern ergeben. Tun wir also nicht so, als ob allein die Wirtschaftspolitik hier eine Rolle spielt, und führen wir ernsthaft eine Auseinandersetzung darüber, in welchen Bereichen der Apotheker in seiner heilberuflichen Verantwortung gestärkt werden muss und in welchen Bereichen rein marktwirtschaftliche Lösungen ohne Verlust wichtiger gesundheitspolitischer Anliegen möglich und sinnvoll sind.

Natürlich muss sich der Gesundheitssektor und müssen sich auch die Gesundheitsberufe – Ärzte, Apotheker, Pflegekräfte – den wandelnden Bedingungen anpassen. Ziel muss es aber doch sein, die Versorgungsqualität zu verbessern oder zumindest auf dem heutigen Niveau zu sichern. Deswegen werden wir als FDP diesen Antrag der Grünen ablehnen.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:

Das Wort hat die Kollegin Dr. Marlies Volkmer, SPD-Fraktion.

Dr. Marlies Volkmer (SPD): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Ausgaben für Medikamente sind ein wichtiger Kostenfaktor in der gesetzlichen Krankenversicherung. Frau Bender, sie stehen von daher sehr im Mittelpunkt des Interesses und sind häufig Ziel gesetzgeberischer Maßnahmen.

Eine solche Maßnahme haben wir Anfang dieses Jahres mit dem Arzneimittelversorgungs-Wirtschaftlichkeitsgesetz – AVWG – durchgeführt. Mit diesem Gesetz waren wir durchaus erfolgreich. Wir haben die Arzneimittelpreise mit diesem Gesetz gesenkt. Die Arzneimittelausgaben im Juli sind gegenüber dem Vorjahr um 3,5 Prozent zurückgegangen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Heute beschäftigen wir uns mit einem Antrag der Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen und es geht um die Abschaffung des Mehrbesitz- und Fremdbesitzverbots für Apotheken. Sie wollen also, dass ein Nichtapotheker eine unbeschränkte Zahl von Apotheken besitzen kann – vorausgesetzt, er kann das bezahlen. Sie versprechen sich davon – ich zitiere – "einen effizienz- und effektivitätssteigernden Wettbewerb" sowie die Erschließung erheblicher Wirtschaftlichkeitsreserven.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, woher nehmen Sie denn die Gewissheit, dass die Zulassung des unbeschränkten Apothekenbesitzes und die damit einhergehende Bildung von Apothekenketten wirklich zu einer höheren Wirtschaftlichkeit und Effizienz und vor allen Dingen auch zu niedrigeren Kosten für die gesetzliche Krankenversicherung führt? Es ist vorhin schon gesagt worden: In Norwegen ist der Markt inzwischen unter drei Apothekenketten aufgeteilt. Die Einzelapotheke ist fast verschwunden. Das hat zur Störung der flächendeckenden Versorgung geführt. Durch das Beispiel Norwegen wird auch deutlich, dass durch eine Marktfreigabe des Apothekenbesitzes nicht automatisch für dauerhaft billigere Arzneimittel gesorgt wird.

Natürlich könnte man sich vorstellen, dass zukünftig auch in Deutschland zahlungskräftige Nichtapotheker oder kapitalstarke Unternehmen Apothekenketten besitzen und Apotheker bei sich einstellen.

Zu fragen ist aber, ob das den Kunden oder nur denjenigen nutzen wird, die heute gern in den lukrativen Markt möchten, aber noch nicht dürfen.

Es gibt im Arzneimittelgroßhandel schon jetzt eine erhebliche Konzentration. Teilweise bestehen enge Verflechtungen zu Generikaherstellern. Wenn diese Unternehmen nun Apotheken aufkaufen würden, dann führte das zu einer perfekten vertikalen Konzentration von den Pharmaherstellern über den Arzneimittelgroßhandel bis hin zur Apotheke. Das würde die Gefahr mit sich bringen, dass die Apotheke nur noch ein eingeschränktes und nicht unbedingt das preiswerteste Arzneimittelsortiment vorhalten würde. Zudem wäre es fahrlässig, wenn die Pharmaindustrie über den Weg der Apothekenkette einen direkten Zugang zu Patientendaten erhalten würde. Ich war immer der Ansicht, da seien wir einer Meinung. Wozu die Konzentration eines Marktes auf wenige Anbieter, also ein so genanntes Oligopol, führen kann, zeigen doch eindeutig der Mineralölmarkt und der Energiemarkt. Aus meiner Sicht wäre es jedoch ein großer Fehler, bei diesem Thema nur über Markt, Wirtschaftlichkeit und Preise zu sprechen. Der Verkauf von Medikamenten ist eben nicht dasselbe wie der Verkauf von Waschmitteln oder Brot und Brötchen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Birgitt Bender [Bündnis 90/ Die Grünen]: Und Fleisch?)

Ein Medikament ist ein Produkt, das neben seiner erwünschten Wirkung auch Risiken und Nebenwirkungen hat. Jeder kennt den Hinweis aus der Werbung: Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker. Die Nebenwirkungen können lebensbedrohlich sein, vor allen Dingen bei der gleichzeitigen Einnahme von vielen Medikamenten, bei chronischen Erkrankungen und bei Allergien. Es kommt beim Arzneimittel eben nicht nur auf den günstigen Preis an, sondern auch auf die Qualität der Beratung. Die Hausapotheke mit dem direkten Kontakt zu den Patienten ist deswegen aus unserer Sicht kein Auslaufmodell, sondern ein Zukunftsmodell.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Ich sage ganz klar: Die SPD steht zum Apotheker als Heilberuf und sieht in ihm eben nicht nur den einfachen Arzneimittelkaufmann.

Noch einige Worte zur Vereinbarkeit der deutschen Regelungen mit dem europäischen Recht. Es ist schon gesagt worden: Vertragsverletzungsverfahren laufen gegen Österreich, Italien und Spanien, und zwar vor allen Dingen deswegen, weil die Niederlassungsfreiheit in diesen Ländern nicht gewährleistet ist. In Deutschland ist sie gewährleistet.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:

Das Wort für die Linksfraktion hat Frank Spieth.

(Beifall bei der Linken)

Frank Spieth (Die Linke): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir haben es gehört: Kein Bereich im deutschen Gesundheitswesen hat höhere Zuwachsraten als der Pharmabereich. Wir zahlen hier mittlerweile mehr als für die ambulante ärztliche Versorgung. Darüber sollte man in der Tat einmal nachdenken.

Trotz aller Kostendämpfungsbemühungen sind die Kosten für die Arzneimittel in den zurückliegenden Jahren gestiegen. Die Milliarden, die hier ausgegeben werden, fehlen an anderer Stelle im Gesundheitswesen.

(Beifall bei der Linken)

Gleichzeitig mussten sich die Patientinnen und Patienten daran gewöhnen, immer höhere Eigenanteile zu zahlen.

Nun kommen die Grünen mit der Idee, durch die Abschaffung des Fremd- und Mehrbesitzverbotes für Apotheken einen besseren Wettbewerb und mehr Wirtschaftlichkeit herstellen zu können und damit unter Umständen round about 2 Milliarden Euro einsparen zu können. Abgesehen davon, dass ich die Grünen, die einmal für Nachhaltigkeit und lokalen Zusammenhalt eingetreten sind, nicht mehr verstehe, halte ich diesen Ansatz in der Tat für einen schweren Denkfehler.

(Beifall bei der Linken – Birgitt Bender [Bündnis 90/Die Grünen]: Jetzt kommt die Linkspartei auch noch damit!)

Schon heute können Apotheker bis zu drei Filialen betreiben, Frau Bender; denn Rot-Grün hat damals dafür gesorgt, dass es die Möglichkeit dieses Mehrbesitzes gibt. Der Vorschlag der Grünen, das Mehrbesitzverbot für Apotheken gänzlich aufzuheben, geht aber nach meiner Einschätzung an dem tatsächlichen Problem vorbei: Die Ausgaben für Arzneimittel haben sich von 1995 bis 2005 von 8,94 Milliarden Euro auf 15,44 Milliarden Euro erhöht. Im gleichen Zeitraum, Frau Bender, haben sich die Rohgewinne der Apotheken und des Großhandels in Höhe von 5 Milliarden in 1995 und 4,94 Milliarden in 2005 sogar geringfügig reduziert. Das heißt, nicht die Apotheken sind die Kostentreiber; (Beifall bei der Linken sowie bei Abgeordneten der SPD) vielmehr haben die Pharmakonzerne 72 Prozent der Kostensteigerungen im Bereich der Arzneien zu verantworten. Die Auseinandersetzung über diesen Fakt wird von Ihnen gescheut. An dieser mächtigen Lobby ist bisher im Kern noch jede Reform gescheitert. Ich befürchte, dass mit der Einführung von Apothekenketten zwangsläufig die Qualität der unabhängigen Beratung leidet. Wenn Apothekenketten von Pharmaunternehmen geführt werden, dann ist an eine unabhängige Medikamentenberatung nicht mehr zu denken.

(Beifall bei der Linken)

Aber gerade das sollte unser Ziel sein: die qualifizierte und hochwertige Arbeit der Pharmazeuten. Es bleibt nach meiner Erkenntnis – das haben Gespräche mit vielen Apothekern bestätigt – die Notwendigkeit, den Apotheker als letztes Korrektiv bei falschen Verschreibungen einzusetzen.

Es stimmt, dass die meisten Apothekenbesitzer in Deutschland ein durchaus auskömmliches Nischendasein führen. Daran haben auch die Internetapotheken und der Versandhandel mit Arzneimitteln nichts geändert. Richtig ist auch, dass die

Am 28. September fand im Bundestag eine historische Debatte statt. Die Parlamentarier befassten sich ausführlich und auf bemerkenswertem Niveau mit den gesundheitspolitischen und rechtlichen Hintergründen des in Deutschland (und in den meisten europäischen Ländern geltenden) Fremd- und Vielbesitzverbotes bei Apotheken. In seltener Einmütigkeit sprachen sich alle Parteien –(außer dem Antragsteller, den Grünen) für den Erhalt des Fremd- und Vielbesitzverbots aus.

Zitate

"Fachleute rechnen uns vor, dass mit Einsparungen zwischen 1 und 2 Milliarden Euro zu rechnen sei. Angesichts der Anforderungen an die gesetzliche Krankenversicherung sind das nun wahrlich keine Peanuts."

"Wir beklagen uns doch permanent, wie sich Kapitalgesellschaften in unserer Gesellschaft verhalten, wie sie mit ihren Mitarbeitern umgehen. Dann sollen wir den Kapitalgesellschaften in diesem sensiblen Bereich Tür und Tor öffnen? Und dieser Vorschlag kommt ausgerechnet von den Grünen..."

"Mich würde brennend interessieren, in welchen Ländern die Arzneimittelabgabepreise aufgrund der Existenz von Kettenapotheken günstiger wurden."

"In Großbritannien subventioniert der Staat mittlerweile jede vierzigste Apotheke, um eine flächendeckende Versorgung zu gewährleisten. Ist es wirklich das, was Sie (Bündnis 90/Die Grünen) wollen?"

"Das Verbot des Fremd- und uneingeschränkten Mehrbesitzes dient dem Zweck, eine geordnete, verlässliche und kontrollierte Arzneimittelversorgung zu gewährleisten. Dazu gehört, dass den besonderen Gefahren des Arzneimittelgebrauchs Rechnung getragen und ein unkontrollierter Arzneimittelkonsum verhindert wird."

"In Norwegen waren 80 Prozent aller Apotheken innerhalb von zwei Jahren nach Aufhebung des Mehr- und Fremdbesitzverbotes in der Hand von vier Ketten. Nur 15 Apotheken stehen nicht unter direktem Ketten- oder Großhandelseinfluss. In Norwegen ist es soweit gekommen, dass bei einer Apothekenkette mittlerweile 45 Prozent der abgegebenen Generika vom zum selben Unternehmen gehörenden Hersteller stammen. Ist das Wettbewerb?"

"Der Gesundheitsmarkt ist ein ganz besonderer Markt. Mehr als in anderen Bereichen spiegeln sich die Präferenzen der Kunden eben nicht im freien Spiel der Kräfte von Angebot und Nachfrage wider. Kaum ein anderes Land hat eine so gute Arzneimittelversorgung wie Deutschland."

"Nicht Kommerzialismus, sondern die Gesundheitsversorgung soll im Vordergrund stehen. Eine Apothekenkette im Besitz einer Kapitalgesellschaft würde dies anders gewichten."

"Apothekenketten würden nur eines bewirken, nämlich eine Produzentenrente beim Apothekenkettenkonzern, also eine Erhöhung des Gewinns beim Konzern. Das Fremd- und Mehrbesitzverbot erklärt sich aus der heilberuflichen Komponente des Apothekerberufs."

"Woher, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, nehmen sie die Gewissheit, dass die Zulassung des unbeschränkten Apotheken–besitzes und die damit einhergehende Bildung von Apothekenketten wirklich zu einer höheren Wirtschaftlichkeit und Effizienz und vor allen Dingen auch zu niedrigeren Kosten für die gesetzliche Krankenversicherung führt?"

"Wenn Unternehmen Apotheken aufkaufen würden, dann führte das zu einer perfekten vertikalen Konzentration von den Pharmaherstellern über den Arzneimittelgroßhandel bis hin zur Apotheke."

"Wozu die Konzentration eines Marktes auf wenige Anbieter, also ein so genanntes Oligopol, führen kann, zeigen doch eindeutig der Mineralölmarkt und der Energiemarkt."

"Die Hausapotheke mit dem direkten Kontakt zu den Patienten ist kein Auslaufmodell, sondern ein Zukunftsmodell. Die SPD steht zum Apotheker als Heilberuf und sieht in ihm eben nicht nur den einfachen Arzneimittelkaufmann."

"Wenn Apothekenketten von Pharmaunternehmen geführt werden, dann ist an eine unabhängige Medikamentenberatung nicht mehr zu denken. Es bleibt nach meiner Erkenntnis die Notwendigkeit, den Apotheker als letztes Korrektiv bei falschen Verschreibungen einzusetzen."

"Die Apotheken erhalten unabhängig vom Abgabepreis des jeweiligen Medikaments eine Pauschale in Höhe von 6,10 Euro. Naturalrabatte sind mittlerweile verboten. Kurzum: Apothekerinnen und Apotheker haben kein eigenes wirtschaftliches Interesse mehr an den Arzneimittelpreisen."

"Die Ausgaben für Arzneimittel haben sich von 1995 bis 2005 von 8,94 Milliarden Euro auf 15,44 Milliarden Euro erhöht. Im gleichen Zeitraum haben sich die Rohgewinne der Apotheken und des Großhandels in Höhe von 5 Milliarden in 1995 und 4,94 Milliarden in 2005 sogar geringfügig reduziert. Das heißt, nicht die Apotheken sind die Kostentreiber."

"Aus welchen Gründen sollen all die Apothekenketten bereit sein, die Vorteile aus ihren ausgehandelten Rabatten an die Versichertengemeinschaft weiterzugeben? Die Erfahrungen in den USA und in Norwegen zeigen, dass dieser Weg in die falsche Richtung führt. Monopole wie sie dort entstehen, würden uns das Fürchten lehren."

"Mit Ihrem Antrag wollen Sie die Axt an ein System legen, das den Menschen eine flächendeckende und qualitativ hochwertige Arzneimittelversorgung sichert."

"Es muss verhindert werden, dass in Deutschland Kettenstrukturen ähnlich wie bei den Lebensmittelketten oder den angeführten Bäckern etabliert werden. Solche Systeme sind profitorientiert. Der Verbraucherschutz und die Heilberuflichkeit treten in der Hintergrund."

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