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Pharmazeutisches Recht
Rheinland-Pfalz: – Berufsordnung
Die Landesapothekerkammer Rheinland-Pfalz hat sich in der Vertreterversammlung vom 12. November 2005 aufgrund des § 14 Abs. 1 und Abs. 4 Nr. 4 des Landesgesetzes über die Kammern für die Heilberufe "Heilberufsgesetz (HeilBG)" Rheinland-Pfalz vom 20. Oktober 1978 (i. d. F. v. 14. Juni 2004) folgende vom Ministerium für Arbeit, Soziales, Familie und Gesundheit mit Schreiben vom 19.12.2005 genehmigte Berufsordnung gegeben.
Präambel
Der Apotheker hat die öffentliche Aufgabe, die Bevölkerung ordnungsgemäß mit Arzneimitteln zu versorgen. Dieser Auftrag umfasst darüber hinaus pharmazeutische Leistungen sowie die Beratung der Verbraucher und anderer Beteiligter im Gesundheitswesen. Weiterhin obliegt dem Apotheker die Abgabe von Hilfsmitteln und Medizinprodukten. Der Apotheker handelt eigenverantwortlich, fachlich unabhängig und übt einen seiner Natur nach freien Beruf aus. Dies erfolgt in verschiedenen Tätigkeitsbereichen, insbesondere in der öffentlichen Apotheke, im Krankenhaus, in der pharmazeutischen Industrie, in Prüfinstitutionen, in der Bundeswehr, in Behörden und Körperschaften, an der Universität, an Lehranstalten und Berufsschulen.
I. Allgemeine Grundsätze der Berufsausübung
§ 1 – Berufsausübung
(1) Der Apotheker hat seinen Beruf gewissenhaft auszuüben. Er hat dem Vertrauen zu entsprechen, das den Angehörigen seines Berufes entgegengebracht wird.
(2) Der Apotheker hat sich über die für seine Berufsausübung geltenden Gesetze, Verordnungen und das Satzungsrecht der Landesapothekerkammer zu informieren. Er ist verpflichtet, diese Bestimmungen zu beachten und darauf gegründete Anordnungen und Richtlinien zu befolgen.
(3) Die fachlichen Standards (z. B. Leitlinien) zur Sicherung der Qualität der Berufsausübung sind zu beachten.
§ 2 – Berufspflichten
(1) Der Apotheker ist verpflichtet, sich gegenüber den Angehörigen seines Berufes und anderer Gesundheitsberufe kollegial zu verhalten.
(2) Der Apotheker hat das Ansehen des Berufsstandes und des Betriebes zu wahren, in dem er tätig ist.
(3) Der Apotheker ist verpflichtet, beim Führen einer Bezeichnung nach der Weiterbildungsordnung die dort niedergelegten Bestimmungen einzuhalten.
(4) Der Apotheker darf gegen einen nach § 9 Apothekengesetz geschlossenen Pachtvertrag, einen nach §12a Apothekengesetz geschlossenen Heimversorgungsvertrag, einen nach § 13 Apothekengesetz geschlossenen Verwaltervertrag sowie gegen einen nach § 14 Apothekengesetz geschlossenen Krankenhausversorgungsvertrag nicht schuldhaft verstoßen.
§ 3 – Eigenverantwortlichkeit
Der Apotheker entscheidet in pharmazeutischen Fragen frei und eigenverantwortlich. Vereinbarungen, die diese Unabhängigkeit beeinträchtigen, sind unzulässig.
§ 4 – Fortbildung
(1) Der Apotheker, der seinen Beruf ausübt, hat die Pflicht, die erforderlichen Fachkenntnisse durch fortwährende Fortbildung in geeigneter Weise zu erhalten und weiterzuentwickeln.
(2) Der Apotheker muss gegenüber der Landesapothekerkammer seine Fortbildung in geeigneter Form nachweisen können, z. B. durch das freiwillige Fortbildungszertifikat der Landesapothekerkammer.
§ 5 – Qualitätssicherung
(1) Der Apotheker hat geeignete, nachweisbare Maßnahmen zu ergreifen, die der Sicherung der Qualität pharmazeutischer Tätigkeiten und Leistungen dienen.
(2) Der Apotheker, der das Qualitätszertifikat der Landesapothekerkammer Rheinland-Pfalz nach deren QMS-Satzung unberechtigt nutzt, verstößt gegen die Berufsordnung.
(3) Der Apotheker, der die Ausübung pharmazeutischer Tätigkeiten durch nicht ausreichend qualifiziertes Personal anordnet oder duldet, verstößt gegen die Berufsordnung.
§ 6 – Pharmakovigilanz – Arzneimittelsicherheit
Der Apotheker wirkt bei der Ermittlung, Erkennung, Erfassung und Weitergabe von Arzneimittelrisiken mit. Er hat seine Feststellungen oder Beobachtungen der Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker unverzüglich mitzuteilen. Die Meldepflicht gegenüber der zuständigen Behörde nach der Apothekenbetriebsordnung bleibt unberührt.
II. Apothekerliche Dienstleistungen
§ 7 – Belieferung von Verschreibungen
Der Apotheker hat ärztliche Verschreibungen in einer ihnen angemessenen Zeit ohne schuldhaftes Zögern zu beliefern. Gleiches gilt für die Anfertigung von Rezepturen, die mit von der Apothekenbetriebsordnung vorgeschriebenen Geräten hergestellt werden können.
§ 8 – Beratung
(1) Patienten und Ärzte sind über Arzneimittel herstellerunabhängig zu beraten und zu informieren, insbesondere wenn dies aus Gründen der Arzneimittelsicherheit oder einer sinnvollen Therapiebegleitung erforderlich ist. Hierzu ist der Apotheker verpflichtet, den Beratungsbedarf des Verbrauchers durch geeignete Fragen aktiv festzustellen. Durch die Information und Beratung des Verbrauchers darf die ärztliche Therapie nicht beeinträchtigt werden.
(2) Der Apotheker bietet auf Wunsch patientenorientierte pharmazeutische Betreuung an, die im Einvernehmen mit Arzt und Patient erfolgt.
(3) In der Apotheke muss die Möglichkeit zur vertraulichen Beratung gewährleistet sein.
§ 9 – Abgabe an Kinder
Sofern Arzneimittel an Kinder abgegeben werden, trägt der Apotheker besondere Verantwortung, die Arzneimittelsicherheit zu bewahren und einem Arzneimittelmissbrauch vorzubeugen.
§ 10 – Notdienst
Der Leiter einer öffentlichen Apotheke hat die ordnungsgemäße Teilnahme seines Betriebes am Notdienst im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen und der Anordnungen der Landesapothekerkammer sicherzustellen. Hierfür hat er insbesondere Arzneimittel in einer Art und Menge zu bevorraten, die im Notdienst erfahrungsgemäß benötigt werden. Kann die notdienstbereite Apotheke das erforderliche Arzneimittel nicht liefern, hat sie die notwendige Hilfestellung zur Erlangung des Arzneimittels zu gewähren.
§ 11 – Zustellung von Arzneimitteln durch Boten
Im Falle der Zustellung von Arzneimitteln durch Boten hat der Apotheker pharmazeutisches Personal einzusetzen, sofern nicht Gelegenheit besteht, den Verbraucher pharmazeutisch zu beraten. Die Pflicht zur Prüfung einer ärztlichen Verschreibung durch pharmazeutisches Personal der Apotheke vor der Abgabe der Arzneimittel bleibt unberührt.
III. Pflichten gegenüber Patienten und Dritten
§ 12 – Verbot der Heilkunde
Die Ausübung der Heilkunde verstößt gegen die Berufspflichten. Die Mitteilung von Mess- und Referenzwerten sowie eine daraus resultierende Empfehlung, einen Arzt aufzusuchen, stellt keine Ausübung der Heilkunde dar, sofern kein konkreter Krankheitsbezug hergestellt wird.
§ 13 – Freie Apothekenwahl /Unabhängigkeit der Arzneimittelauswahl
(1) Der Apotheker arbeitet in Ausübung seines Berufes mit Personen und Institutionen des Gesundheitswesens, auch der Alten- und Krankenpflege zusammen.
(2) Unzulässig sind jedoch gesetzlich nicht ausdrücklich zugelassene Vereinbarungen, Absprachen und schlüssige Handlungen – wie z. B. Rat, Tat und Organisationshilfe oder Zuwendungen – , die eine bevorzugte Lieferung von Arzneimitteln, die Zuführung von Patienten, die Zuweisung von Verschreibungen oder die Abgabe von Arzneimitteln ohne volle Angabe der Zusammensetzung zum Gegenstand haben oder zur Folge haben können.
§ 14 – Verschwiegenheit und Datenschutz
(1) Der Apotheker ist zur Verschwiegenheit über alle Vorkommnisse verpflichtet, die ihm in Ausübung seines Berufes bekannt werden. Er hat alle unter seiner Leitung tätigen Personen, die nicht der Berufsordnung unterliegen, über die gesetzliche Pflicht* zur Verschwiegenheit zu belehren und dies schriftlich festzuhalten.
(2) Die Speicherung und Nutzung patientenbezogener Daten bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Betroffenen, sofern sie nicht nach dem Bundesdatenschutzgesetz** oder anderen Ermächtigungsgrundlagen zulässig sind oder von gesetzlichen Bestimmungen gefordert werden.
§ 15 – Wettbewerb und Werbung
(1) Apotheken unterliegen dem Wettbewerb. Wettbewerb ist verboten, wenn er unlauter ist. Der Apotheker ist verpflichtet, seine Verantwortung im Rahmen der Gesundheitsberufe wahrzunehmen. Er hat dem Arzneimittelfehlgebrauch entgegenzuwirken und in seinem gesamten Verhalten die ordnungsgemäße Berufsausübung zu stärken. Er hat durch seine berufliche Integrität das Vertrauen der Bevölkerung in seine Tätigkeit zu erhalten und zu fördern.
(2) Bei der Werbung hat der Apotheker die folgenden Grundsätze zu beachten:
1. Nicht erlaubt ist eine Werbung, die irreführend oder nach Form, Inhalt oder Häufigkeit übertrieben oder unangemessen wirkt, sowie eine Werbung, die einen Fehlgebrauch von Arzneimitteln begünstigt. Die Werbung des Apothekers darf seinem beruflichen Auftrag, die ordnungsgemäße Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln sicherzustellen, nicht widersprechen.
2. Die Werbung des Apothekers für Dienstleistungen muss seiner besonderen Stellung als Angehöriger eines Heilberufes und den Geboten einer wahren und sachlichen Information ohne wertende Zusätze entsprechen.
(3) Nicht erlaubt sind vorbehaltlich der besonderen Umstände des Einzelfalles:
1. jegliche Werbemaßnahmen für verschreibungspflichtige Arzneimittel außerhalb der Apothekenbetriebsräume;
2. das Vortäuschen einer bevorzugten oder besonderen Stellung der eigenen Apotheke, der eigenen Person oder des Apothekenpersonals;
3. eine irreführende Namensgebung der Apotheke;
4. die kostenlose Abgabe von Arzneimitteln – auch als Proben – oder die kostenlose Durchführung von Untersuchungen wie z. B. Blutdruckmessung, physiologisch-chemische Untersuchungen;
5. das Abgehen von den sich aus der Arzneimittelpreisverordnung ergebenden einheitlichen Apothekenabgabepreisen, insbesondere das Gewähren von Rabatten und sonstigen Preisnachlässen bei verschreibungspflichtigen Fertigarzneimitteln und Rezepturen sowie die Werbung hierfür,
6. die Erstattung der Praxisgebühr, der Verzicht oder teilweise Verzicht auf gesetzlich vorgeschriebene Zuzahlungen oder Mehrzahlungen oder das Einbehalten eines Befreiungsbescheides einer Krankenkasse in der Apotheke sowie Hinweise darauf,
7. Zugaben, Zuwendungen oder Warenproben zu gewähren, so weit es das Wettbewerbsrecht nicht gestattet;
8. Geschäftsbeziehungen mit Herstellern, Vertriebsunternehmen oder Großhandelsunternehmen in der Weise zu unterhalten, dass apothekenpflichtige Arzneimittel unmittelbar an Patienten, Ärzte, Krankenanstalten, Altenheime oder andere Bezieher geliefert und über die Apotheke nur abgerechnet werden;
9. Werbemaßnahmen innerhalb der Geschäftsräume, welche die Apotheke in ihrer gesamten Aufmachung zu einem Einzelhandelsgeschäft für apothekenübliche Waren gemäß § 25 ApBetrO umfunktionieren oder diesen Eindruck entstehen lassen können.
10. das Sammeln, Nutzen oder Weitergeben von Kundendaten entgegen den Bestimmungen des Datenschutzes u. a. zum Zwecke der Werbung;
11. die Nichteinhaltung der Vorschriften des Gesetzes über den Ladenschluss und der sich daraus ergebenden Anordnungen-,
12. das Sammeln von Verordnungsblättern entgegen den Bestimmungen der Apothekenbetriebsordnung.
§ 16 – Soziale Verantwortung
(1) Der Apotheker hat im Rahmen seiner persönlichen und betrieblichen Möglichkeiten an der Aus-, Fort- und Weiterbildung mitzuwirken.
(2) Der Apothekenleiter hat nach dem vereinbarten Beginn des Arbeits- oder Ausbildungsverhältnisses die wesentlichen Vertragsbedingungen schriftlich in einer Art niederzulegen, die mindestens den Anforderungen des Nachweisgesetzes entsprechen***.
(3) Sofern der Apothekenleiter Auszubildende ausbildet, hat er unverzüglich nach dem Abschluss des Berufsausbildungsvertrags, spätestens vor Beginn der Berufsausbildung, den wesentlichen Inhalt des Vertrages schriftlich niederzulegen. Die Niederschrift muss vom Apothekenleiter, dem Auszubildenden und gegebenenfalls dessen gesetzlichen Vertreter unterzeichnet werden. Je eine Ausfertigung ist dem Auszubildenden und seinem gesetzlichen Vertreter auszuhändigen.
§ 17 – Abschluss einer Betriebshaftpflichtversicherung
Der Leiter einer öffentlichen Apotheke soll eine ausreichende Haftpflichtversicherung zur Abdeckung von Haftungsansprüchen aus seiner beruflichen Tätigkeit abschließen.
§ 18 – Berufsgerichtsbarkeit
Verstöße gegen die Berufsordnung können nach dem Heilberufsgesetz mit den Mitteln des Standesrechtes geahndet werden.
§19 – In-Kraft-Treten
Diese Berufsordnung tritt am Tage nach der Veröffentlichung in Kraft. Gleichzeitig tritt die Berufsordnung vom 12. Juli 1997 außer Kraft.
Fußnoten
Diese Formulierung verwendet aus Gründen der besseren Lesbarkeit die maskuline Form, ohne hiermit diskriminieren zu wollen.
* § 203 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 – 5 und § 204 Strafgesetzbuch
** § 28 Abs. 1 und Abs. 2 Bundesdatenschutzgesetz
*** § 2 Nachweisgesetz
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