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Arzneistoffporträt
H.-C. Korting et al. Fußpilzerkrankung: Therapie mit Terbinafin-Creme
Die Fußpilzerkrankung (Tinea pedis) ist eine der häufigsten dermatologischen Erkrankungen und betrifft ca. 20 Prozent aller Erwachsenen in Deutschland [1]. Besonders gefährdet sind einschlägig familiär belastete Personen sowie Personen mit Fußfehlstellungen, bedingt durch das Tragen ungeeigneten Schuhwerks. Weitere Risikofaktoren sind Diabetes mellitus, Durchblutungsstörungen sowie höheres Alter [2].
Tinea pedis lässt sich topisch meist gut mit Antimykotika behandeln. Zwei vielfach empfohlene antimykotische Wirkstoffe sind Terbinafin aus der Gruppe der Allylamine und Bifonazol, ein Vertreter der Azole. Die häufigste Variante des Fußpilzes, Tinea pedis interdigitalis (Fußpilzerkrankung zwischen den Zehen und in angrenzenden Bereichen), kann mit beiden Wirkstoffen topisch behandelt werden. Die Behandlungsdauer mit Canesten® Extra Bifonazol Creme beträgt laut Zulassung drei Wochen [3]. Dagegen ist Terbinafin (Lamisil® Creme) bei Tinea pedis interdigitalis mit einer Behandlungsdauer von einer Woche zugelassen [4]. Zahlreiche Studien belegen, dass dieser Behandlungszeitraum ausreicht, um die Erreger effizient abzutöten [5]. Beide Antimykotika sind einmal täglich anzuwenden [3, 4].
Terbinafin wirkt bereits in sehr niedrigen Konzentrationen fungizid (Pilz abtötend) gegen Dermatophyten, Schimmelpilze und einige Hefen [5, 6]. Zusätzlich reichert sich der Wirkstoff in der Haut an (Depoteffekt) und ist daher über insgesamt zwei Wochen wirksam [7], obwohl er nur eine Woche lang aufgetragen wird. Fungizide Wirkung und Depoteffekt ermöglichen also die kurze Anwendungszeit von nur einer Woche.
Bifonazol wirkt erst in höheren Konzentrationen fungizid gegen Dermatophyten und primär fungistatisch gegen Schimmelpilze und Hefen [5].
Test von Compliance und Wirksamkeit Ziel dieser Apotheken gestützten Kohortenstudie ist es gewesen, die Compliance und Wirksamkeit unter praxisnahen Bedingungen in der Selbstmedikation der Fußpilzerkrankung zwischen den Zehen zu vergleichen. Die Compliance (= Therapietreue) ist sehr wichtig, da bei unzureichend langer Behandlung neben der Ansteckungsgefahr und der Möglichkeit einer chronischen Fußpilzerkrankung auch die Risiken einer Ausbreitung auf die Nägel und einer bakteriellen Superinfektion wie der Wundrose (Erysipel) drohen [8].
Das Verschwinden der Fußpilzbeschwerden wurde als Maß für die Wirksamkeit gewählt. Die Selbstmedikation bei Tinea pedis interdigitalis wird grundsätzlich von Experten (Gesellschaft für Dermopharmazie) unterstützt [2].
Apotheken-gestützte Kohortenstudie: Studiendesign und verlauf Insgesamt wurden in einem Zeitraum von einem Jahr (Januar 2005 bis Januar 2006) 335 Patienten eingeschlossen, die in 67 deutschen Apotheken – unbeeinflusst vom Apothekenpersonal – entweder Terbinafin-Creme (n = 187) oder Bifonazol-Creme (n = 148) kauften. In die Studie wurden nur Patien–ten aufgenommen, die Lamisil® Creme (Terbinafin) oder das Vergleichspräparat auf Creme-Basis mit dem Wirkstoff Bifonazol (Canesten® Extra) zur Anwendung gegen Fußpilz im Zehenzwischenraum erworben hatten.
Die Datenerfassung erfolgte anhand von Fragebögen, die zum Zeitpunkt der Rekrutierung (Anamnesebogen), nach 7 Tagen (Fragebogen 1) und nach 3 Wochen (Fragebogen 2) aus–gefüllt wurden. Die Fragebögen 1 und 2 wurden den Patienten kurz vor dem Ausfüllen zugesandt.
Alle Daten wurden detailliert analysiert und unter Angabe der absoluten und relativen Häufigkeiten, der Mittelwerte, Mediane, Standardabweichungen und Signifikanzen dokumentiert.
Alle in diesem Bericht genannten Prozentwerte sind adjustierte relative Prozentwerte (Ausschluss von Patienten mit fehlenden Angaben beim jeweiligen Parameter).
Die Altersspanne der befragten Patienten war in beiden Studiengruppen (Terbinafin und Bifonazol) vergleichbar und lag zwischen 10 und 85 Jahren. Der Altersschwerpunkt lag jeweils bei 40 bis 50 Jahren. In der Terbinafin-Gruppe waren 54,3 Prozent männlich und 45,7 Prozent weiblich, in der Bifonazol-Gruppe 47,3 Prozent respektive 52,7 Prozent.
Ausprägung der Beschwerden Die Ausprägung der aktuellen Fußpilzbeschwerden wurde anhand von Scores (0 = keine bis 5 = sehr stark) bewertet. Juckreiz (mittlerer Score 3,75) und Hautrötung (mittlerer Score 3,6) waren die am stärksten ausgeprägten Beschwerden, gefolgt von Hautschuppung (mittlerer Score 3,3) und Hauteinrissen (mittlerer Score 3,3). Bläschen traten nur relativ selten auf oder waren nicht stark ausgeprägt (mittlerer Score 1,95).
Das Beschwerdeprofil der beiden Behandlungsgruppen unterschied sich bei Beginn der Behandlung nicht wesentlich. Alle Patienten litten zum Zeitpunkt des Therapiebeginns nach eigenen Angaben an Fußpilzerkrankung zwischen den Zehen, teilweise mit Befall angrenzender Bereiche, z.B. Fußballen und Zehen (Terbinafin-Gruppe: 31,0%; Bifonazol-Gruppe: 26,3%).
Nur 9,6% (Terbinafin-Gruppe) bis 10,8% (Bifonazol-Gruppe) der Patienten wiesen einen zusätzlichen Befall von Fußsohle oder Fußrücken auf (Abb. 1). In den meisten Fällen waren der Zehenzwischenraum der 3. Zehe / 4. Zehe (insgesamt ca. 55,3%) und der 4. Zehe / 5. Zehe (insgesamt ca. 59,6%) betroffen.
Etwa zwei Drittel der Patienten (Terbinafin-Gruppe: 68,1%; Bifonazol-Gruppe: 56,8%) litten bereits länger als fünf Tage unter ihren aktuellen Beschwerden, bevor sie das Arzneimittel kauften.
In der Terbinafin-Gruppe waren mehr Patienten (p = 0,0179) schon früher an Fußpilzerkrankung zwischen den Zehen erkrankt (69,0%) als in der Bifonazol-Gruppe (53,1%).
Ergebnis: Kurze Therapiedauer verbessert die Compliance Die Therapietreue wurde aufgrund der unterschiedlichen empfohlenen Anwendungsdauer beider Präparate folgendermaßen definiert:
- Anwendung in der Terbinafin-Gruppe: einmal täglich, mindestens eine Woche lang.
- Anwendung in der Bifonazol-Gruppe: einmal täglich, mindestens drei Wochen lang.
Nach dieser Definition erwiesen sich 84,2 Prozent der Patienten in der Terbinafin-Gruppe als therapietreu, während weniger als die Hälfte (43,6%) der Patienten der Bifonazol-Gruppe als therapietreu eingestuft werden konnten (p < 0,0001; Abb. 2). Als Hauptgrund für den vorzeitigen Therapieabbruch wurde in der Bifonazol-Gruppe am häufigsten die Symptomfreiheit angegeben (90,9%), während für 9,1 Prozent der Patienten die Behandlung zu lange dauerte.
Beide Arzneimittel wurden am häufigsten abends (insgesamt 64,1%) und nach dem Duschen oder Baden (insgesamt 99,1%) angewendet.
Schnellere und intensivere Besserung mit Terbinafin-Creme Es zeigte sich, dass Terbinafin die Fußpilzsymptome schneller lindert als Bifonazol (Abb. 3). Bis zum sechsten Behandlungstag (Fragebogen 1) berichteten stets mehr Terbinafin als Bifonazol-Anwender von einer Besserung ihrer Beschwerden (p < 0,0143). Beispielsweise zeigte sich bei 71,2 Prozent der Terbinafin-Anwender eine spürbare Besserung nach dem dritten Behandlungstag; hingegen berichteten nur 58,5 Prozent der Bifonazol-Anwender zu diesem Zeitpunkt über eine spürbare Besserung.
Ein merklicher Vorsprung der Terbinafin-Behandlung war auch in der zweiten Woche noch gegeben. Hier berichteten insgesamt 95,8 Prozent der Terbinafin-Anwender von einer spürbaren Besserung gegenüber 90,1 Prozent der Bifonazol-Anwender.
Ähnlich stellten sich die Verhältnisse bei der Beurteilung nach 3 Wochen dar (Fragebogen 2): 87,9 Prozent der Terbinafin-Anwender beurteilten die gesamte Besserung ihrer Fußpilzerkrankung mit sehr gut oder gut. Unter den Bifonazol-Anwendern waren es nur 80,2 Prozent.
Zur zusammenfassenden Auswertung der Fußpilzbeschwerden wurde ein Summenscore errechnet. Die Beschwerden konnten Werte zwischen 0 (gar keine Beschwerden vorhanden) und 35 (sehr starke Ausprägung aller genannten Beschwerden) annehmen:
- Unter der Behandlung mit Terbinafin reduzierte sich der mittlere Summenscore von 12,1 Punkten um 9,6 Punkte auf 2,68 Punkte.
- In der Bifonazol-Gruppe sank der Summenscore von 11,74 Punkten um 8,56 Punkte auf 3,18 Punkte.
Bei Chronikern bessere Heilung mit Terbinafin Chronische Fußpilzerkrankungen stellen nach allgemeiner Auffassung ein eher größeres Behandlungsproblem dar. Da über Heilungserfolge bei dieser Subgruppe bisher wenig Daten verfügbar sind, wurden Patienten mit wiederkehrenden Fußpilzbeschwerden (Chroniker) in der Kohortenstudie genauer analysiert. Fast alle Patienten, die erneut unter einer Fußpilz–erkrankung litten, hatten ihre früheren Beschwerden bereits mit Medikamenten behandelt (Terbinafin-Gruppe: 94,0%; Bifonazol-Gruppe: 95,8%). Mit diesen –Medikamenten waren nur wenige dieser Patienten voll und ganz zufrieden (35,4 bis 38,3%). Diejenigen Patienten, die ihre aktuellen Fußpilzbeschwerden mit Terbinafin-Creme behandelten, beurteilten den Heilungserfolg insgesamt merklich besser als die Patienten in der Bifonazol-Gruppe (Abb. 4; p < 0,0103). Als Heilungserfolg wurde die gesam–te Besserung der Beschwerden (Juckreiz, Brennen, Hautschuppung, Hautrötung, Hauteinrisse, Bläschen) gewertet.
Keine mehrwöchige Pflege der Haut nötig
Die erkrankte Haut regenerierte sich in beiden Patientengruppen unterschiedlich schnell. So beurteilten knapp 70 Prozent der Terbinafin-Anwender ihren Hautzustand eine Woche nach Beginn der Behandlung mit sehr gut bis gut, bei den Bifonazol-Anwendern waren es nur 51 Prozent. Drei Wochen nach dem Beginn der Behandlung schätzten 83,6 Prozent der Terbinafin-Anwender und 79,7 Prozent der Bifonazol-Anwender ihren Hautzustand als sehr gut bis gut ein (Abb. 5).
Zusammenfassung Arzneimittel für die Selbstmedikation müssen besondere Anforderungen erfüllen, um eine effektive Therapie ohne Kontrolle des Arztes zu gewährleisten. Es müssen nicht nur ihre Wirksamkeit und Verträglichkeit in klinischen Studien bewiesen sein, sie sollten sich auch durch eine möglichst einfache Anwendung auszeichnen. Denn eine bequeme Handhabung fördert eine hohe Compliance und somit eine erfolgreiche Therapie.
Klinische Studien untersuchen sorgfältig die Wirksamkeit und Verträglichkeit von Arzneimitteln. Die Wirksamkeit von Antimykotika wird meist in Form von mykologischen und klinischen Heilungsraten bestimmt. Allerdings entsprechen klinische Stu–dien zum Zwecke der Arzneimittelzulassung nicht immer bzw. nicht vollständig der Alltagssituation. Wichtige Informationen wie Compliance oder Zufriedenheit der Patienten unter Alltagsbedingungen können nur durch einen Blick in die Praxis etwa im Kontext einer Kohortenstudie bestimmt werden.
Die vorliegende Apotheken-gestützte Kohortenstudie zeigt: Die einwöchige Therapie mit Terbinafin-Creme (Kurzzeittherapie) führte zu einer höheren Compliance als die dreiwöchige Therapie mit Bifonazol-Creme. Terbinafin lindert die Symptome der Fußpilzerkrankung schneller, und chronische Fußpilzpatienten beurteilen den Heilungserfolg unter der Terbinafin-Creme merklich besser als unter der Bifonazol-Creme. Es zeigt sich außerdem, dass eine mehrwöchige Anwendung eines topischen Mittels für die Abheilung der Hautveränderungen nicht notwendig ist.
Terbinafin-Creme (Lamisil®) ist somit für die Selbstmedikation der Fußpilzerkrankung zwischen den Zehen gut geeignet. Der Wirkstoff Terbinafin gehört nicht nur zu den derzeit wirksamsten Antimykotika gegenüber Dermatophyten als den bei weitem wichtigsten Erregern [6]; er erfüllt zudem durch die kurze Anwendungsdauer von nur einer Woche hohe Anforderungen an eine einfache Handhabung.
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