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Rechtsprechung aktuell
OVG Lüneburg: Grünes Licht für Wochenblister aus der Apotheke
Vor gut einem Jahr hatte bereits das Verwaltungsgericht Osnabrück zugunsten des Sanicare-Chefs Johannes Mönter entschieden (siehe DAZ Nr. 29, 2005, S. 18). Der Apotheker hatte gegen eine Verfügung der zuständigen Bezirksregierung geklagt, die ihm die Neuverblisterung von Arzneimitteln untersagte. Wie das Verwaltungsgericht geht auch das OVG davon aus, dass das Verblistern ein "Herstellen" im Sinne des Arzneimittelgesetzes (AMG) ist und damit grundsätzlich einer behördlichen Erlaubnis bedarf (§ 13 Abs. 1 Satz 1, § 4 Abs. 14 AMG). Diese Herstellungserlaubnis sei jedoch im konkreten Fall entbehrlich, da der Ausnahmetatbestand § 13 Abs. 2 Nr. 1 AMG greife. Danach benötigt der Inhaber einer Apotheke für die Herstellung von Arzneimitteln im Rahmen des üblichen Apothekenbetriebes keine Erlaubnis. Das Herstellen von Wochenblistern mit Hilfe eines Baxter-Verblisterungsautomaten hält sich nach Auffassung des Gerichts im Rahmen des üblichen Apothekenbetriebes. Insbesondere die Vorschriften der Apothekenbetriebsordnung (Ap–BetrO) zeigten, dass das Herstellen von Arzneimitteln zu den üblichen Aufgaben einer Apotheke zähle. So fordert § 6 ApBetrO Qualitätsstandards für die Herstellung und regeln die §§ 7 und 8 ApBetrO die Anfertigung von Rezepturen und Defekturen. Darüber hinaus eröffnet § 12 a Apothekengesetz (ApoG) Apotheken die Möglichkeit, mit Heimen Verträge zur Versorgung mit Arzneimitteln – auch selbst hergestellten – abzuschließen. Dabei sei der Apotheker bei der Arzneimittelherstellung nicht auf die ausdrücklich geregelte Rezeptur und Defektur beschränkt. Diese Begriffe geben dem Urteil zufolge lediglich einen Hinweis auf den Produktionsumfang. Auch das patientenindividuelle Verblistern könne Gegenstand eines solchen Heimversorgungsvertrages sein.
Arzneimittelsicherheit nicht in Gefahr Gegen die Verblisterung bestehen nach Auffassung des OVG auch keine Bedenken im Hinblick auf die Arzneimittelsicherheit. Durch das ApoG und die ApBetrO unterliegen Apotheken, die selbst Arzneimittel herstellen, bereits der Überwachung. Die Gefahr von Kontaminationen oder Qualitätseinbußen durch das Umfüllen und Neuabpacken seien Risiken, die der Herstellung von Arzneimitteln regelmäßig innewohnten und die mit Hilfe der gesetzlich vorgeschriebenen Qualitätsstandards auszuschließen bzw. zu minimieren seien.
Keine Zulassungspflicht Dem OVG zufolge besteht für die Verblisterung von Fertigarzneimitteln in der Apotheke ferner keine Zulassungspflicht nach § 21 AMG. Nach Abs. 1 Satz 1 dieser Vorschrift dürfen Fertig–arzneimittel nur in den Verkehr gebracht werden, wenn sie durch eine nationale oder die europäische Zulassungsbehörde zugelassen sind. Fertigarzneimittel sind nach § 4 Abs. 1 Satz 1 AMG zum einen "Arzneimittel, die im Voraus hergestellt und in einer zur Abgabe an den Verbraucher bestimmten Packung in den Verkehr gebracht werden". Unter die Definition fallen aber auch "andere zur Abgabe an Verbraucher bestimmte Arzneimittel, bei deren Zubereitung in sonstiger Weise ein industrielles Verfahren zur Anwendung kommt oder die, ausgenommen in Apotheken, gewerblich hergestellt werden". Bedingung ist stets, dass die Arzneimittel im Voraus, d. h. nicht nur für einen Einzelfall, hergestellt werden. Mit der Verblisterung von Fertigarzneimitteln entstehe demzufolge kein neues Fertigarzneimittel im Sinne des § 21 Abs. 1 Satz 1 AMG. Vielmehr handle es sich um ein individuell auf den Arzneimittelempfänger zugeschnittenes und von diesem angefordertes neues Arzneimittel, so das OVG.
Revision zugelassen Auch unter anderen Gesichtspunkten sahen die Richter keinen Grund, eine Zulassungspflicht anzunehmen. Ebenso wenig seien weitere Vorschriften der ApBetrO, des SGB V und des ApoG verletzt. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung des Rechtsstreits hat das OVG die Revision zugelassen. Noch hat die Bezirksregierung Weser-Ems kein Rechtsmittel eingelegt. Die Revisionsfrist läuft allerdings noch bis zum 3. Juli – und Fristen werden erfahrungsgemäß bis zum Schluss ausgenutzt.
Wochenblister bald auch im Versand? Sanicare sieht seine Zukunft nach diesem Urteil rosig. Derzeit verblistert die Versandapotheke Medikamente für die Bewohner in insgesamt zehn Pflegeeinrichtungen. Für eine Expansion stehe man in den Startlöchern, lässt Sanicare in einer Pressemitteilung verlauten. So lägen nicht nur Verträge mit weiteren Pflegeeinrichtungen zur Unterschrift bereit – auch die Ausweitung auf den ambulanten Bereich sei geplant. Künftig will die Apotheke auch ihren chronisch kranken Versandhandelskunden die individuelle, automatische Verblisterung ihrer Medikamente anbieten.
Die Sanicare-Apotheke in Bad Laer darf auch weiterhin Fertigarzneimittel automatisch in Wochenblister verpacken und an Pflegeeinrichtungen abgeben. Genau wie die Vorinstanz sah das Oberverwaltungsgericht Lüneburg (OVG) in der Neuverblisterung keinen Verstoß gegen das Arzneimittel- und Apothekenrecht.
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