Arzneimittel und Therapie

Prostatakrebs: Hilfe mit fokussiertem Ultraschall

Totaloperationen mit dem Skalpell treten bei bösartigen Tumoren immer mehr in den Hintergrund. Nicht- oder minimal-invasive Operationstechniken sind in den meisten medizinischen Disziplinen auf dem Vormarsch. In der Heidelberger Klinik für Prostatatherapie werden seit über zehn Jahren nicht-invasive Verfahren ambulant durchgeführt. Die DAZ sprach mit Klinikleiter Dr. Joachim-Ernst Deuster, der an der Entwicklung eines hochmodernen Ultraschallgerätes zur Behandlung von Prostatakarzinomen selbst beteiligt war.

d:

Bislang gab es für die Behandlung von Prostatakrebs im Wesentlichen drei Verfahren: die chirurgische Entfernung der Prostata, ihre Bestrahlung mit verschiedenen Methoden und die hormonelle Behandlung. Was spricht gegen diese Verfahren, vor allem gegen die Radikaloperation?

Deuster:

Einmal der hohe medizinische Aufwand mit unter Umständen langem Krankenhausaufenthalt, das Risiko des Eingriffs selbst und der starken Vollnarkose, was gerade bei älteren und Herz-Kreislauf-gefährdeten Menschen ein zusätzliches Risiko darstellt. Und dann natürlich die Folgewirkungen – vor allem der Verlust der Potenz und die Inkontinenz, die leider in einem sehr hohen Prozentsatz auftreten.

d:

Sie setzen diesen klassischen Verfahren die so genannte HIFU-Methode entgegen. Was verbirgt sich hinter diesem Wort und worin liegt der Vorteil für den Patienten?

Deuster:

Die englische Abkürzung HIFU bedeutet hoch intensiv fokussierter Ultraschall. Es handelt sich um eine auf physikalischen Wirkungen beruhende Methode. Sie ist schonend und berührungsfrei, also für den Patienten weder riskant noch belastend. Zur Inkontinenz kommt es praktisch nicht, die Prognose für die Potenz hängt vom Ausgangsbefund ab. Das Prinzip selbst wird schon lange bei der Zertrümmerung von Nierensteinen verwendet, wir nutzen das Verfahren seit acht Jahren, wobei wir an unserer Klinik mit dem Sonablate 500 des amerikanischen Unternehmens Focus Surgery arbeiten.

d:

Worin besteht das Prinzip?

Deuster:

Schall in einem für uns nicht mehr hörbaren Frequenzbereich von etwa vier Megahertz durchdringt menschliches Gewebe ohne jede negativen Effekte. Werden die Schallwellen aber fokussiert, kann Gewebe zerstört werden. Im Brennpunkt werden die Zellen durch die stark gebündelten Schallwellen zu Schwingungen angeregt und dabei so erhitzt, dass sie bei Temperaturen von 90° bis 100° C absterben.

d:

Und wie funktioniert das in der Praxis?

Deuster:

Ein Schallkopf, der die Ultraschallwellen wie mit einem Brennglas bündelt, wird durch den Enddarm eingeführt. Er hat zwei Funktionen: einerseits erstellt er ein Ultraschallbild von der Prostata, andererseits erfasst und berechnet er den Bereich, der bestrahlt werden soll. Durch die Ultraschallanalyse kann eine Verletzung des umliegenden Gewebes und der anderen Organe weitgehend verhindert werden. Ein Rechner bestimmt während der Behandlung dreidimensional den korrekten Behandlungsbereich und markiert diesen auf dem Ultraschallbild.

d:

Der Eingriff wird in Lokalanästhesie durchgeführt?

Deuster:

Ja, der Patient erhält eine Kombination aus Lokalanästhesie und Sedierung, er spürt während des Eingriffs und danach überhaupt nichts. Ist der Patient wieder aufgewacht, kann er sofort völlig normal essen und trinken und die Klinik in der Regel wieder verlassen. Da die Prostatadrüse durch die Hitzeeinwirkung zunächst stark angeschwollen ist, muss der Patient für etwa zehn Tage einen Katheter tragen, um einen Urinstau zu vermeiden.

d:

Und warum dauert die Behandlung so lange?

Deuster:

Die Behandlung dauert lange, zwischen zwei und vier Stunden, je nach Größe des Tumors. Das hängt damit zusammen, dass der Ultraschallbrennpunkt Millimeter für Millimeter durch das erkrankte Gewebe geführt werden muss. Das befallene Gewebe wird mit Hunderten von Einzelschallstößen zur Gerinnung gebracht und damit zerstört, wobei der Arzt den Behandlungserfolg ständig am Ultraschallbild auf dem Rechner verfolgen kann.

d:

Und wie sind die Behandlungserfolge an Ihrem und an anderen Zentren?

Deuster:

In unserer Klinik wurden mit diesem Ultraschallgerät bisher rund 350 Patienten behandelt, in den USA und Japan weit über 2000. Die Behandlungsergebnisse sind in den allermeisten Fällen sehr gut, doch wie weit diese guten Behandlungsergebnisse auch über lange Zeit anhalten, muss sich noch in Langzeitbeobachtungen zeigen. Immerhin kann gesagt werden, dass diese guten Behandlungsergebnisse über den von uns überblickten Beobachtungszeitraum von fünf Jahren gleich gut geblieben sind. Aus anderen HIFU-Zentren werden ebenfalls sehr gute Behandlungsergebnisse berichtet.

d:

Und die Nebenwirkungen?

Deuster:

Im Vergleich zu den bisher angewandten Therapien sind die Negativwirkungen enorm minimiert. Es kann nach einer Behandlung vorübergehend zu geringen Blutbeimengungen im Urin oder im Sperma kommen, was aber medizinisch unbedenklich ist.

d:

Kommt die HIFU-Methode für jeden Patienten mit Prostatakrebs in Frage?

Deuster:

Leider nein, nicht jeder Prostatakrebs-Patient kann mit diesem Verfahren behandelt werden. Wenn der Tumor noch nicht bis zum Endstadium vorgedrungen ist – wir unterscheiden vier Krankheitsstufen – dann haben besonders die ersten beiden, unter Umständen auch die dritte, gute Aussichten. Die Prostata sollte allerdings nicht größer als 30 Millimeter sein, sonst müssten wir durch eine mehrmonatige Hormonbehandlung erst für eine Verkleinerung sorgen. Auch können Verkalkungen größeren Ausmaßes ein Hindernis für das Eindringen der Schallwellen sein.

d:

Welche Kosten entstehen und werden sie von den Kassen getragen?

Deuster:

Im Schnitt muss man für eine Behandlung mit etwa 8000 Euro rechnen. Die Kassen behandeln die Frage der Erstattung noch unterschiedlich, der Patient muss also mit seiner Kasse Rücksprache halten. In zunehmendem Maße allerdings werden die Kosten für HIFU übernommen, denn die Kassen erkennen, dass das Verfahren wesentlich kostengünstiger ist als konventionelle Methoden. Es entfallen teure Krankenhauskosten, und die Kosten für eine unter Umständen aufwendige Nachsorge. Die für den Patienten gewonnene Lebensqualität ist allerdings unbezahlbar.

d:

Herr Dr. Deuster, wir danken Ihnen für dieses Gespräch!

Totaloperationen mit dem Skalpell treten bei bösartigen Tumoren immer mehr in den Hintergrund. Eine neue nicht-invasive Methode beruht auf dem Einsatz von hochintensiv fokussiertem Ultraschall, mit dem schonend und berührungsfrei entartetes Gewebe zerstört werden kann. Die Behandlungsergebnisse sind in den allermeisten Fällen sehr gut.

Weitere Infos

Klinik für Prostata-Therapie am Brückenkopf GmbH Brückenkopfstr. 1 – 2 69120 Heidelberg Tel. (0 62 21) 40 90 22 Fax (0 62 21) 40 90 33 www.prostata-therapie.de

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