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Arzneimittel und Therapie
Altersabhängige Makuladegeneration: Pegaptanib erhält das Sehvermögen
Die altersabhängige Makuladegeneration (AMD) ist eine chronisch-progrediente Erkrankung der Makula, die zu einem Verlust des zentralen Sehvermögens führen kann. Die Makula ist der kleine zentral gelegene Abschnitt der Netzhaut, der für das scharfe, fokussierte Sehen verantwortlich ist. Die AMD kommt vor allem bei älteren Menschen vor: 18% bei Personen zwischen 70 und 74 Jahren und 47% bei Personen im Alter von 85 Jahren und darüber sind davon betroffen. Die Erkrankung führt zu einem ausgeprägten Visusverlust und Erblindung.
Wodurch die altersabhängige Makuladegeneration verursacht wird, ist nicht bekannt. Zu den Risikofaktoren für die Erkrankung gehören Alter, genetische Faktoren, Nicotinabusus, starke UV-Licht-Exposition und eine hohe Fettzufuhr mit der Nahrung. Die häufigsten Symptome der AMD sind ein verschwommenes zentrales Sehen, ein zentraler blinder Fleck oder ein verzerrtes Sehen von Objekten. Das periphere Sehvermögen bleibt in der Regel erhalten. Die Erkrankung tritt typischerweise zunächst nur an einem Auge auf. Die Wahrscheinlichkeit, dass innerhalb von fünf Jahren auch das andere Auge betroffen ist, beträgt jedoch 45%.
Trockene und feuchte Form
Die altersabhängige Makuladegeneration lässt sich in zwei Formen unterteilen: Die trockene (atrophische) AMD ist durch das Auftreten gelblich-weißer Ablagerungen unter der Netzhaut (Drusen), durch Pigmentstörungen des retinalen Pigmentepithels, Atrophie und manchmal Netzhautschäden gekennzeichnet. Im frühen Stadium der trockenen Form der AMD bemerkt der Betroffene beispielsweise beim Lesen eines Textes mitten im Schriftbild einen verschwommenen Fleck oder einen grauen Schatten. Dieser wird bei fortschreitender Degeneration immer größer.
Die trockene altersabhängige Makuladegeneration schreitet langsamer voran als die feuchte Form der AMD. Sie kann jedoch mit der Zeit in eine feuchte AMD mit krankhafter Gefäßneubildung unter der zentralen Netzhaut übergehen. Typische Anzeichen der Entwicklung einer feuchten Makuladegeneration sind eine veränderte Farbwahrnehmung sowie ein verbogenes und verzerrtes Bild.
Schwerwiegendere Variante: feuchte Form
Die feuchte AMD ist eine schwerwiegende Variante der Erkrankung und schreitet schneller voran als die trockene Form. Hierbei kommt es durch verschiedene Ursachen wie Alterungsprozesse oder oxidativen Stress zur Ausschüttung von Wachstumsfaktoren wie VEGF (vaskulärer endothelialer Wachstumsfaktor). Die Folge davon ist die Bildung neuer krankhafter Blutgefäße (choroidale Neovaskularisationen) sowie der Austritt von Blut und Flüssigkeit in die Netzhaut (Leckage) und letztendlich die Schädigung der Makula und eine damit verbundene Störung des zentralen Sehens. Die Durchlässigkeit der neu gebildeten Gefäße zeigt sich in Form eines Makulaödems, das heißt, der Akkumulation extrazellulärer Flüssigkeit im Bereich der Netzhaut.
Beeinträchtigung der Sehfunktion
Obwohl die feuchte AMD nur 10% aller Fälle von altersabhängiger Makuladegeneration ausmacht, ist sie für 90% der durch die Erkrankung verursachten Erblindungsfälle verantwortlich. Die feuchte Makuladegeneration kann sehr schnell zu einer Beeinträchtigung der Sehfunktion durch den irreversiblen Funktionsverlust der zentralen Netzhaut führen. Bei der Mehrzahl der Patienten ist diese bereits innerhalb weniger Monate nach Diagnosestellung schwer beeinträchtigt.
Während es für die trockene altersabhängige Makuladegeneration noch keine anerkannte Therapie gibt, kann im Fall der feuchten Form der AMD bei rechtzeitiger Diagnose und Behandlung der Verlust des Sehvermögens verlangsamt oder sogar gestoppt werden. Eine möglichst frühzeitige Diagnose ist für den maximalen Erhalt der Sehfähigkeit dabei entscheidend. Da die frühen Erkrankungsstadien häufig ohne Symptome verlaufen, sind regelmäßige Kontrolluntersuchungen der Netzhaut ab einem Alter von zirka 60 Jahren für alle Menschen wichtig.
Alle sechs Wochen in das Auge injizieren
Pegaptanib (Macugen®) ist ein chemisch synthetisiertes pegyliertes Oligonukleotid aus 28 Basenpaaren, das zur Behandlung der feuchten Form der altersabhängigen Makuladegeneration eingesetzt wird.
Pegaptanib 0,3 mg wird alle sechs Wochen (neun Injektionen pro Jahr) intravitreal in das betroffene Auge injiziert. Vor dem intravitrealen Eingriff müssen eine adäquate Anästhesie und ein lokales Breitspektrumantibiotikum verabreicht werden.
Pegaptanib wirkt als so genanntes Aptamer wie ein Antikörper und bindet hochselektiv mit einer hohen Affinität an die Isoform 165 des extrazellulären vaskulären endothelialen Wachstumsfaktors (VEGF). Dadurch wird das Andocken an die Rezeptoren der Gefäßendothelzellen und damit die Signalweiterleitung verhindert. Die Isoform VEGF 165 ist hauptsächlich an der pathologischen Neovaskularisation des Auges beteiligt.
VEGF reguliert physiologische und pathologische Prozesse
Der Wachstumsfaktor Vascular endothelial growth factor ist ein hochspezifisches Mitogen für Endothelzellen. Er reguliert unter anderem die Angiogenese, die Permeabilität der Gefäße und entzündliche Prozesse und spielt zum Beispiel bei der Embryonalentwicklung, dem Menstruationszyklus, der Wundheilung, bei Entzündungen und bei der Knochenbildung eine Rolle. Außerdem fördert VEGF Krankheitsprozesse wie Neoplasien, Arthritis, Endometriose, die diabetische Retinopathie, Psoriasis, Ulcera und Ischämien.
VEGF fördert auch die Entwicklung von choroidalen Neovaskularisationen, welche die feuchte (neovaskuläre) altersabhängige Makuladegeneration charakterisieren. Dabei kommt es zu einer vermehrten Bildung von VEGF durch die Zellen des retinalen Pigmentepithels und dadurch zu einem Ungleichgewicht zwischen wachstumfördernden und wachstumshemmenden Faktoren. Das verstärkt gebildete VEGF bindet an Zellen des Gefäßendothels und erhöht somit die Angiogenese sowie die Durchlässigkeit der Blutgefäße (Leckage) auf ein pathologisches Maß, beides Merkmale einer feuchten AMD.
Hemmung von VEGF
Bisher wurden mehrere Möglichkeiten entwickelt, um die pathologischen Wirkungen von VEGF zu verhindern. Dazu gehören der Antikörper Ranibizumab (LucentisTM), der ebenfalls zur Behandlung der feuchten Form der AMD eingesetzt wird, und das Antikörperfragment Bevacizumab (Avastin®), der als Angiogenesehemmer in der Krebstherapie eingesetzt wird.
Pegaptanib reduziert Größe der Läsion
Bei den AMD-Patienten, die mit Pegaptanib behandelt wurde, reduzierte sich die durchschnittliche Größe der Gesamtläsion und der choroidalen Neovaskularisation.
Pegaptanib wurde in zwei kontrollierten, doppelblinden und identisch angelegten randomisierten Phase-III-Studien bei Patienten mit neovaskulärer AMD untersucht. Insgesamt wurden 1190 Patienten mit einem Durchschnittsalter von 77 Jahren behandelt (892 Pegaptanib, 298 Scheininjektionen). Die Patien–ten aller Behandlungsarme erhielten im ersten Jahr durchschnittlich zwischen 8,4 und 8,6 von insgesamt 9 möglichen Behandlungen. Sie erhielten randomisiert alle sechs Wochen entweder eine Scheininjektion oder 0,3 mg, 1 mg bzw. 3 mg Pegaptanib als intravitreale Injektion über einen Zeitraum von 48 Wochen.
Nach zwölf Monaten stabilisierte sich bei 70% der Patienten in der Behandlungsgruppe der Befund (definiert als Verringerung der Sehschärfe von weniger als drei Zeilen auf einer standardisierten Lesetafel) gegenüber 55% in der Kontrollgruppe.
Am Ende des ersten Jahres (Woche 54) wurden 1053 der Patienten erneut randomisiert, um entweder die Behandlung fortzusetzen oder keine Weiterbehandlung bis zur 102. Woche mehr zu erhalten. Im Durchschnitt konnte der Behandlungsnutzen bis zur 102. Behandlungswoche aufrecht erhalten werden, wobei die Sehschärfe bei Patienten, die für eine Weiterbehandlung mit Pegaptanib randomisiert wurden, konstant blieb. Bei den Patienten, die nach einem Jahr für eine Beendigung der Therapie mit Pegaptanib randomisiert wurden, wurde die Sehschärfe im zweiten Jahr schwächer.
Damit war eine Behandlung von zwei Jahren effektiver als eine kürzere Therapie. Besonders effektiv war eine kontinuierliche Therapie mit Pegaptanib bei Patienten mit frühen Läsionen einer exsudativen AMD. Die Behandlung mit Pegaptanib sollte demnach so früh wie möglich begonnen werden.
Systemische Resorption und Elimination
Bei Tieren wird Pegaptanib nach intravitrealer Verabreichung aus dem Auge langsam systemisch resorbiert. Beim Menschen beträgt die mittlere Plasma-Halbwertszeit von Pegaptanib nach einer Verabreichung von 3 mg (zehnfache empfohlene Dosis) in ein Auge 10 ± 4 Tage. Pegaptanib wird über Endo- und Exonukleasen metabolisiert. Bei Kaninchen wird Pegaptanib als unveränderte Substanz und in Form von Metaboliten hauptsächlich mit dem Harn ausgeschieden.
Vor allem Nebenwirkungen am Auge
Nach Injektionen von Pegaptanib können akute (am Tag der Injektion) und spätere intravitreale Blutungen auftreten. Bei der intravitrealen Injektion besteht das Risiko einer Endophthalmitis: In klinischen Studien mit Pegaptanib betrug die Inzidenz 0,1% pro Injektion. Im Anschluss an die intravitreale Injektion mit Pegaptanib kann es vorübergehend zu verschwommenem Sehen kommen. Solange dieses Symptom nicht abgeklungen ist, sollten die Patienten keine Fahrzeuge lenken oder Maschinen bedienen.
Sehr häufig waren Nebenwirkungen am Auge. Dazu gehören Entzündung der vorderen Augenkammer, Augenschmerzen, erhöhter Augeninnendruck, Keratitis punctata, Mouches volantes und Glaskörpertrübungen. Häufig kam es außerdem zu Kopfschmerzen.
Nach der Markteinführung wurde über seltene Fälle von anaphylaktischem Schock/anaphylaktoiden Reaktionen einschließlich Quincke-Ödemen bei Patien–ten berichtet, die Pegaptanib zusammen mit anderen Medikamenten im Rahmen der Injektionsvorbereitung erhalten hatten.
egaptanib (Macugen) ist ein Oligonukleotid, das mit hoher Affinität an den extrazellulären vaskulären endothelialen Wachstumsfaktor bindet und dessen Wirkung hemmt. Es wird zur Behandlung der feuchten Form der altersabhängigen Makuladegeneration eingesetzt und wird alle sechs Wochen intravitreal injiziert.
Handelsname/Hersteller:
Macugen/Pfizer, Karlsruhe
Einführungsdatum:
1. Mai 2006
Zusammensetzung:
1 Fertigspritze zur Einmalgabe mit einem Nominalvolumen von 90 µl enthält 1,65 mg Pegaptanib-Natrium, entsprechend 0,3 mg der freien Säure des Oligonukleotids.
Sonstige Bestandteile:
Natriumchlorid, Natriumdihydrogenphosphat 1 H2O, Dinatriumhydrogenphosphat 7 H2O, Natriumhydroxid, Salzsäure, Wasser für Injektionszwecke.
Packungsgrößen, Preise und PZN:
1 Fertigspritze, 832,61 Euro, PZN 4818737.
Stoffklasse:
Ophthalmika, ATC-Code: S01XA17.
Indikation:
Zur Behandlung der neovaskulären (feuchten) altersabhängigen Makuladegeneration (AMD).
Dosierung:
Macugen® 0,3 mg wird alle sechs Wochen intravitreal in das betroffene Auge injiziert (neun Injektionen pro Jahr).
Gegenanzeigen:
Bestehende okuläre oder periokuläre Infektion oder Verdacht darauf; Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen Bestandteile.
Nebenwirkungen:
Sehr häufig: Entzündung der vorderen Augenkammer, Augenschmerzen, erhöhter Augeninnendruck, Keratitis punctata, Mouches volantes und Glaskörpertrübungen; häufig: Fehlempfindung im Auge, Katarakt, Bindehautblutung, Bindehauthyperämie, Bindehautödem, Konjunktivitis, Hornhautdystrophie, Defekt des Hornhautepithels, Störung des Hornhautepithels, Hornhautödem, trockene Augen, Endophthalmitis, Augenausfluss, Augenentzündung, Augenreizung, Augenjucken, Augenrötung, Augenschwellung, Augenlidödeme, verstärkte Tränensekretion, Makuladegeneration, Mydriasis, Augenbeschwerden, okuläre Hypertension, periorbitale Hämatome, Photophobie, Photopsie, Netzhautblutungen, verschwommenes Sehen, verringerte Sehschärfe, Sehstörungen, Glaskörperablösung und –funktionsstörung, Kopfschmerzen, Rhinorrhö.
Wechselwirkungen:
Pegaptanib wird durch Nukleasen metabolisiert; Wechselwirkungen mit Arzneimitteln, die über Cytochrom P450 metabolisiert werden, sind daher unwahrscheinlich.
Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen:
Bei intravitrealer Injektion kann sich der Augeninnendrucks vorübergehend erhöhen, daher muss die Durchblutung der Papille überprüft und ein Anstieg des Augeninnendrucks nach der Injektion kontrolliert und bei Bedarf entsprechend behandelt werden. Nach Injektionen von Pegaptanib können akute (am Tag der Injektion) und spätere intravitreale Blutungen auftreten. Bei der intravitrealen Injektion besteht das Risiko einer Endophthalmitis. Nach Markteinführung wurden Fälle von anaphylaktischem Schock/anaphylaktoiden Reaktionen einschließlich Quincke-Ödemen nach der intravitrealen Anwendung von Pegaptanib berichtet. Im Anschluss an die intravitreale Injektion mit Pegaptanib kann bei den Patienten vorübergehend verschwommenes Sehen auftreten.
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