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Die Wahl an der Börse
Am Morgen nach der Wahl eröffnete die deutsche Aktienbörse erwartungsgemäß schwach, denn einerseits hatten die meisten Marktteilnehmer offenbar seit Mai auf schwarz-gelb gesetzt und andererseits belastet jede Form der Unsicherheit und damit auch die Unklarheit über das künftige Regierungsbündnis den Markt. So fiel der DAX nach der Eröffnung bei 4.928,14 Punkten schnell auf ein kurzfristiges Tief bei 4.872,64. Gegenüber dem Freitagsschlusskurs von 4.986,50 war das ein Verlust von über 2,2%. Doch schon gut eine Stunde nach Börseneröffnung drehte sich die Stimmung. Am Montag nach der Wahl kurz vor 15 Uhr lag der DAX bei etwa 4.945 Punkten und damit weniger als ein Prozent im Minus. So hat der DAX nur einen Teil des starken Zugewinns vom vorangegangenen Freitag verloren, der als großer Verfalltermin an den Terminbörsen ohnehin als Datum mit einer eigenen Logik gilt. Gegenüber dem Plus von fast 800 Punkten seit der Neuwahlankündigung im Mai ist die Reaktion auf die Wahl damit bisher durchaus moderat.
Wegen der international ausgerichteten Tätigkeit der DAX-Unternehmen wäre ein größerer Einbruch bei den Kursen der kleineren und mittleren, eher national engagierten Unternehmen zu erwarten. Doch auch der blieb aus. Nach schwacher Eröffnung drehten TecDAX, MDAX und SDAX bis zum frühen Montagnachmittag gegen 14 Uhr sogar leicht ins Plus.
Erstaunliche Reaktion
Angesichts der großen politischen Unsicherheit und der vielen Gedankenspiele um mögliche Koalitionen ist diese geringe Reaktion erstaunlich. Offenbar sind die Börsianer weitaus zuversichtlicher als sich Vertreter der Wirtschaft in ihren politischen Analysen äußern. Dies gilt erst recht, wenn man die echten Wahlverlierer herausrechnet. Die größten wahlbedingten Verluste im DAX hatten die Energieversorger EON und RWE zu verzeichnen, weil sich deren Erwartung auf eine längere Nutzungsdauer der Kernkraftwerke bei jeder nun denkbaren Koalition zerschlagen dürfte.
Mehr Sorgen als der DAX kann dagegen die internationale Bewertung der Wahl bereiten. Auch die meisten ausländischen Werte des EuroStoxx 50 eröffneten am Montag im Minus, stiegen aber später wieder an. Doch offenbar wird der Wahlausgang in Deutschland als Zeichen für eine geringere wirtschaftliche Attraktivität des Euroraums interpretiert. Denn deutlicher als die meisten Aktienindizes reagierte der Euro auf die Wahl. Nach Freitagskursen um 1,224 US-Dollar fiel der Kurs der europäischen Währung bis auf 1,2102 US-Dollar und stand auch am Montagnachmittag noch einen Cent unter dem Freitagsniveau. Das Ausland sieht die Entwicklung in Deutschland demnach wohl mit größerer Sorge als die Börsianer in Deutschland.
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