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Arzneimittel und Therapie
Angiotensin-II-Antagonist vs. ACE-Hemmer: Losartan oder Captopril bei Hochrisiko
Ein Herzinfarkt mit ausgedehnter Verletzung des Herzmuskels führt häufig zu Herzinsuffizienz oder linksventrikulärer Dysfunktion. Solche Herzinfarktpatienten haben eine hohe Morbidität und Mortalität und werden deshalb als Hochrisikopatienten bezeichnet. ACE-Hemmer senken die Morbidität und erhöhen die Überlebenschancen nach frischem Herzinfarkt, insbesondere bei Hochrisikopatienten.
In mehreren klinischen Studien wird seit einigen Jahren untersucht, ob Angiotensin-II-Antagonisten ebenso wirksam wie ACE-Hemmer oder gar wirksamer sind. Auch sie blockieren das Renin-Angiotensin-Aldosteron-System. Während ACE-Hemmer die Umwandlung von Angiotensin I in Angiotensin II verhindern, blockieren Angiotensin-II-Antagonisten selektiv die entscheidenden Rezeptoren des Angiotensins II (die so genannten AT1-Rezeptoren).
Hochrisikopatienten nach Herzinfarkt
In der OPTIMAAL-Studie (Optimal trial in myocardial infarction with the angiotensin II antagonist losartan) wurden die Wirkungen des Angiotensin-II-Antagonisten Losartan (Lorzaar®) und des ACE-Hemmers Captopril (z. B. Lopirin®, Tensobon®) auf Mortalität und Morbidität von Patienten nach frischem Herzinfarkt und Anzeichen einer Herzinsuffizienz oder linksventrikulären Dysfunktion verglichen. Dosierung und Wirksamkeit von Captopril bei Patienten nach kompliziertem frischem Herzinfarkt sind hinlänglich bekannt. Die Ausgangshypothese besagte, dass Losartan die Gesamtsterblichkeit bei Hochrisikopatienten nach frischem Herzinfarkt genauso stark oder stärker senkt als Captopril.
Losartan unterliegt im Wirksamkeitsvergleich
Die Patienten wurden durchschnittlich 2,7 Jahre lang behandelt. In dieser Zeit starben 946 Patienten: 499 in der Losartan-Gruppe (18%) und 447 in der Captopril-Gruppe (16%). Das relative Risiko lag für Patienten mit Losartan im Vergleich zu Patienten mit Captopril bei 1,13. Der Unterschied war nicht signifikant. Losartan erfüllte beim primären Endpunkt weder das Kriterium für Überlegenheit noch das Kriterium für Nicht-Unterlegenheit.
Auch bei den übrigen Endpunkten gab es keine signifikanten Unterschiede zwischen den Behandlungsgruppen: Plötzlicher Herztod oder Herzstillstand mit Reanimation betraf 239 Patienten mit Losartan (9%) und 203 mit Captopril (7%). Einen tödlichen oder nicht-tödlichen Reinfarkt erlitten 384 Patienten mit Losartan und 379 mit Captopril (jeweils 14%). Von den sonstigen prospektiv festgelegten Zielkriterien (darunter tödlicher oder nicht-tödlicher Schlaganfall, Zahl der Krankenhausaufnahmen, Änderung der NYHA-Klasse) unterschied sich nur die Zahl der kardiovaskulären Todesfälle zwischen den Behandlungsgruppen: 420 Patienten der Losartan-Gruppe (15%) und 363 Patienten der Captopril-Gruppe (13%) starben aus kardiovaskulärer Ursache.
Losartan besser verträglich
Nach einem Monat hatten in beiden Gruppen etwa 70% ihre Zieldosis erreicht. Am Studienende waren es gut 80%. Losartan wurde signifikant besser vertragen als Captopril. Folgende Nebenwirkungen traten unter dem Angiotensin-II-Antagonisten signifikant seltener auf als unter dem ACE-Hemmer:
- Hypotonie (13% gegenüber 16%)
- Husten (9% gegenüber 19%)
- Hautausschlag (3% gegenüber 5%)
- Geschmacksstörung (1% gegenüber 3%)
- Angioödem (0,4% gegenüber 0,8%)
In der Losartan-Gruppe gab es 458 Therapieabbrüche (17%) und in der Captoril-Gruppe 624 (23%). Wegen Nebenwirkungen brachen 202 Patienten die Losartan-Behandlung (7%) und 387 Patienten die Captopril-Behandlung ab (14%).
Losartan war in der OPTIMAAL-Studie bei Patienten mit Anzeichen einer Herzinsuffizienz oder linksventrikulären Dysfunktion nach frischem Herzinfarkt nicht wie erwartet ebenso wirksam oder wirksamer als Captopril. Bei der Gesamtsterblichkeit schnitt der ACE-Hemmer nicht signifikant besser ab.
Allerdings wurde der Angiotensin-II-Antagonist besser vertragen und führte zu weniger Therapieabbrüchen als der ACE-Hemmer. Die Autoren folgern, dass bei Patienten nach kompliziertem frischem Herzinfarkt ACE-Hemmer Therapie der ersten Wahl bleiben sollten. Losartan kommt ihrer Ansicht nach für Patienten in-frage, die ACE-Hemmer nicht vertragen.
War die Dosis zu niedrig?
Möglicherweise wurde die Losartan-Zieldosis in der OPTIMAAL-Studie zu niedrig gewählt und die Dosierung zu langsam erhöht. In der VALIANT-Studie (Valsartan in acute myocardial infarction trial), die kurz vor dem Ende steht, wird der Angiotensin-II-Antagonist Valsartan (Diovan®, Provas®) in einer hohen Zieldosis (zweimal täglich 160 mg) mit dreimal täglich 50 mg Captopril bei Postinfarktpatienten verglichen. In einem dritten Behandlungsarm erhalten Patienten Captopril plus Valsartan.
Studiendesign der OPTIMAAL-Studie
Die OPTIMAAL(Optimal trial in myocardial infarction with the angiotensin II antagonist losartan)-Studie fand multizentrisch, randomisiert und doppelblind an 329 Zentren in sieben europäischen Ländern statt, darunter auch in Deutschland. Teilnehmen konnten Patienten ab 50 Jahre mit
- einem frischen Herzinfarkt und Anzeichen einer Herzinsuffizienz oder linksventrikulären Dysfunktion oder
- neuem Vorderwandinfarkt und Q-Zacke im EKG oder einem Reinfarkt.
Die Patienten wurden innerhalb von 10 Tagen nach Beginn der Infarktsymptome in die Studie aufgenommen. Randomisiert und doppelblind bekamen sie entweder den Angiotensin-II-Antagonisten Losartan und ein Plazebo oder den ACE-Hemmer Captopril plus ein Plazebo. Die Losartan-Zieldosis betrug einmal täglich 50 mg. Begonnen wurde mit 12,5 mg, die Dosis wurde langsam erhöht. Zieldosis für Captopril waren dreimal täglich 50 mg. Als Initialdosis wurden 6,25 mg Captopril gegeben, anschließend dreimal täglich 12,5 mg.
Primärer Endpunkt war die Gesamtsterblichkeit, sekundärer Endpunkt plötzlicher Herztod oder Reanimation nach Herzstillstand, tertiärer Endpunkt tödlicher oder nicht-tödlicher Herzinfarkt. 5477 Patienten nahmen teil und wurden in der Intention-to-treat-Analyse erfasst. 2744 kamen in die Losartan-Gruppe, 2733 in die Captopril-Gruppe. Die Patienten waren durchschnittlich 67 Jahre alt, über 70% waren Männer. Im Median vergingen zwischen dem Herzinfarkt und der Randomisierung drei Tage.
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