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Positivliste: Mit "Schamanenmedizin" zur Qualitätsverbesserung der Arzneitherap

KÖLN/BERLIN (ks). Die Ärzteschaft steht der Positivliste grundsätzlich positiv gegenüber und weist die von der Pharmaindustrie entwickelten "Horrorszenarien" als "inadäquate Agitation" zurück. Das bestätigte der Vorsitzende der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) Prof. Dr. Bruno Müller-Oerlinghausen vergangene Woche. Allerdings verursache der nunmehr vorliegende Entwurf der Positivliste viel Verwunderung und Empörung. Grund sei weniger der Hauptteil der Liste als vielmehr die Anhänge, in denen ein "bizarres Sammelsurium" von Mitteln aus dem Bereich der Pflanzenmedizin, Homöopathie und anthroposophischer Medizin aufgelistet sei.

Neben Schweinehaut, Lapis albus, Rinderprostata oder Brechwurz werden auf über 150 Seiten auch Potenzholz und Schweinezahn als verordnungsfähig dargestellt, so Müller-Oerlinghausen. Der Kölner Kardiologe Professor Erdmann habe bereits von "Schamanenmedizin in der Positivliste" gesprochen. Die AkdÄ wurde daraufhin von einigen ihrer Mitglieder aufgefordert, gegen diesen "haarsträubenden Unsinn" ihre kritische Stimme zu erheben, erklärte der AkdÄ-Vorsitzende.

Zu einigen – ihrer Meinung nach inadäquaten – Bewertungen von Wirkstoffen im Hauptteil hat die AkdÄ gegenüber dem Ministerium bereits Stellung genommen. Müller-Oerlinghausen betonte allerdings, dass man keinen Grund sehe, sich mit dem Inhalt der "Anhänge" auseinander zu setzen.

Mit Blick auf den für die Positivliste verantwortlichen Pharmakologen Prof. Dr. Ulrich Schwabe, der zugleich ordentliches Mitglied der AdkÄ und Mitherausgeber des Arzneiverordnungs-Reports ist, sagte Müller-Oerlinghausen: "Wir sehen darin vielmehr eine gewollte Provokation der Öffentlichkeit und der politischen Entscheidungsträger durch eine Gruppe von Kollegen, die uns durch ihren unermüdlichen Einsatz für eine rationale und wissenschaftlich begründbare Therapie in unseren eigenen Intentionen nahe steht."

Angesichts der bestehenden gesetzlichen Vorgaben habe die Arbeitsgruppe vermutlich keine andere Möglichkeit gehabt, als all diese "Schamanenmedizin" mehr oder minder unbesehen als prinzipiell verordnungsfähig zu übernehmen. Der AkdÄ-Vorsitzende weiter: "Der innere Widerspruch einer Gesundheitspolitik, die auf der einen Seite die Ärzteschaft endlich dazu "erziehen" will, nur noch nach den Kriterien der Evidence Based Medicine innerhalb der GKV zu verordnen, andererseits nicht den Mut hat, die nötige Aufräumungsarbeit im Gerümpel der "besonderen Therapierichtungen" in Angriff zu nehmen, konnte kaum schriller illustriert werden."

Müller-Oerlinghausen stellt jedoch die Frage, welche Experten sich sonst um die Positivliste bemüht hätten, wenn nicht die Expertengruppe unter Schwabe? Möglicherweise wäre es eine noch eindrucksvollere Demonstration gewesen, wenn sich überhaupt keiner der anerkannten pharmakologischen Experten in Deutschland dazu hergegeben hätte, dieses janusköpfige Projekt zu übernehmen, so der AkdÄ-Vorsitzende.

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