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Trotz Strafanzeige: GEK macht sich für DocMorris stark
"Einen unkontrollierten Internethandel mit Medikamenten wünschen auch wir uns nicht für unsere Versicherten", erklärte Hebel am 16. September in Berlin. Aber es sollte jedem die Möglichkeit gegeben werden, sich selbst eine Apotheke auszuwählen – möge diese auch in Holland oder der Schweiz sitzen. DocMorris, so der GEK-Chef, sei eine ganz normale von Apothekern betriebene Apotheke, die dazu einen kundenfreundlichen Service biete. Und so unterstütze er auch die Bestrebungen der Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt, Versandapotheken in Deutschland zuzulassen.
Apotheker haben ihre Energie falsch eingesetzt
Für die deutsche Apothekerschaft, die sich gegen die Zulassung des Versandhandels wehrt, hat Hebel kein Verständnis: Die ABDA räume selbst ein, zwei Jahre erfolglos gegen DocMorris gekämpft zu haben. Statt Gerichtsverfahren und Unterschriftenaktionen durchzuführen, hätten sie sich besser an die Spitze der Bewegung setzen sollen, um die Situation zu ihren Gunsten zu beeinflussen, so Hebel.
Aber es gab auch wohlwollende Worte: Die Initiative Pro Apotheke habe durchaus ihre guten Seiten gehabt: "Die Leute sollen sehen, dass es hochqualifizierte Gesundheitsberufe und Beratung gibt". Trotzdem ist Hebel sicher: Der Arzneimittelversandhandel ist in Deutschland nicht mehr aufzuhalten. Die GEK habe im August dieses Jahres bereits einen Umsatz von 200 000 Euro mit DocMorris gemacht. Das seien bislang rund ein Prozent ihres Gesamtumsatzes mit Apotheken – Tendenz steigend.
Keine Rosinenpickerei
Unterstützung erhält Hebel vom Bremer Arzneimittelexperten Dr. Gerd Glaeske. Er ist der Auffassung, dass die Argumente der Apotheker gegen DocMorris nicht ziehen. So etwa das der Rosinenpickerei: Den Großteil der bei der GEK abgerechneten Verordnungen machen Medikamente zur Behandlung chronischer Krankheiten aus. So etwa ACE-Hemmer, Analgetika, Betarezeptorenblocker, Lipidsenker und Antidiabetika. Dabei lägen 75 Prozent dieser Arzneimittel im Preis unter 50 Euro – von Rosinenpickerei also keine Spur.
Auch ein Vollsortiment stehe zur Verfügung, so Glaeske. Schließlich gelten auch in Holland gesetzliche Bestimmungen für die Vorrätighaltung. Keine klare Antwort konnten Glaeske und Hebel allerdings auf die Frage geben, wie es denn um gesetzliche Vorschriften zur Lagerhaltung von Arzneimitteln mit deutschem Beipackzettel stehe.
Mehrwertsteuer ordnungsgemäß abgeführt?
Auch die Behauptung, DocMorris führe nur sechs statt 16 Prozent Mehrwertsteuer ab, will Glaeske nicht gelten lassen. Gesprochen wird von zwei Gutachten, die belegen sollen, dass DocMorris über das Finanzamt Kleve 16 Prozent Mehrwertsteuer an den deutschen Staat abführt.
Als "Beweis" hierfür wurde ein Brief von DocMorris an Ulla Schmidt vorgelegt, in welchem beteuert wird, dass die holländische Apotheke ordnungsgemäß 16 Prozent Mehrwertsteuer "für alle nach Deutschland verbrachten Arzneimittel" zahle. Dieser Steuersatz sei auch auf den Rechnungen vermerkt. Hierzu wird wiederum ein Schreiben eines Wirtschaftsprüfungsinstituts als Beleg angeführt. Zweifel bleiben trotzdem: Was gilt für Waren, die offiziell gar nicht nach Deutschland versendet werden dürfen, sondern die der Kunde durch ein Transportunternehmen abholen lässt?
Das Finanzamt Kleve, das in Deutschland für die Umsatzsteuer niederländischer Unternehmer zuständig ist, gibt auf seiner Homepage nur Erläuterungen zum Versand: niederländische Handelsunternehmen, die ihre Waren insbesondere an Privatpersonen in Deutschland befördern oder versenden, haben grundsätzlich die holländische Steuer zu berechnen. Sobald die Nettoumsätze jedoch in einem Kalenderjahr den Betrag von 100 000 Euro überschreiten, muss deutsche Umsatzsteuer berechnet werden, heißt es dort.
Das Steuergeheimnis tut sein Übriges, hier manches im Dunkeln zu halten. Hebel jedenfalls lässt keinen Zweifel zu: Er stehe für "Ehrlichkeit im Geschäft" und versichere, dass in den Kosten, die die GEK für DocMorris-Arzneimittel erstatte, 16 Prozent Mehrwertsteuer enthalten seien.
Preisbildung in Hollands Apotheken
Die günstigeren Preise bei DocMorris erklärten sich allein aus dem holländischen Preissystem. Glaeske erläuterte: Der holländische Apotheker erhält für jedes verkaufte Medikament einen Aufschlag von sechs Euro auf den Einkaufspreis – egal ob das Mittel einen oder 1000 Euro kostet. Dieser Aufschlag habe damit den Charakter eines Beratungshonorars. Hinzu kommen sechs Prozent Mehrwertsteuer, in Abzug kommen 6,8 Prozent Apothekenrabatt, der jedoch auf maximal sieben Euro festgesetzt ist. Kostet ein Arzneimittel also im Einkauf 100 Euro, werden davon 6,80 Euro Kassenrabatt abgezogen und 11,59 Euro draufgeschlagen (5,59 Euro Mehrwertsteuer und 6 Euro Fixzuschlag). Macht für die Kasse einen Erstattungspreis von 104,79 Euro.
Da scheint der Gewinn für den Apotheker nicht eben üppig – doch Einkaufsrabatte, die bei üblichen Arzneimitteln zwischen sechs und acht Prozent, bei Generika und Importen bei 15 bis 25 Prozent liegen, schaffen hier den Ausgleich, so Glaeske. Vorteil: Für den Apotheker gibt es keinen Anreiz, besonders hochpreisige Arzneimittel zu verkaufen – an dem Fixzuschlag von 6 Euro ändert sich nichts.
Ob der Versandhandel allerdings – wie von der Gesundheitsministerin erhofft – große Einsparungen für die gesetzliche Krankenversicherung mit sich bringen wird, bezweifeln selbst Glaeske und Hebel. Es sei nicht zu erwarten, dass der Versandhandel "wie Phoenix aus der Asche" steige und eine weitere Steigerung der Arzneimittelkosten verhindern könne. Das wäre zwar schön, so Glaeske, aber der Versand sei "kein Allheilmittel". Sparen könne man eher mit Hilfe der Negativliste und einer "vierten Hürde" für neue Arzneimittel.
Hebel will sich auch in Zukunft nicht von seinem Weg abbringen lassen: "Man muss doch nicht gleich jeden, der etwas Neues probiert, in die kriminelle Ecke stellen".
Der Vorstandsvorsitzende der Gmünder Ersatzkasse (GEK) Dieter Hebel kann nicht verstehen, dass gegen ihn ein Ermittlungsverfahren eingeleitet worden ist. Die GEK gehört zu jenen gesetzlichen Krankenkassen, die sich für einen Medikamenten-Bezug über die holländische Internet-Apotheke DocMorris stark machen. Dies hatte den Bundesverband Deutscher Apotheker (BVDA) Ende August veranlasst, nicht nur gegen DocMorris, sondern auch gegen Hebel persönlich Strafanzeige zu erstatten.
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