Praxis

W. SchlemmerReisen und Gesundheit 2000 (Bericht vom

Der dritte Tübinger Tag der Reisemedizin am 26. Februar 2000 und das erste Forum Reisen und Gesundheit im Rahmen der Internationalen Tourismusbörse (ITB) am 10./11. März 2000 in Berlin boten rund 30 Referate aus allen Gebieten der Reisemedizin. Im ersten Teil unseres Berichts "Reisen und Gesundheit 2000" (DAZ Nr. 13, S. 65) brachten wir aktuelle Empfehlungen z. B. für Trekkingtouren in großen Höhen, gegen Jetlag und Flugangst, bei Fernreisen von Kindern und im Alter. Der nachfolgende zweite Teil befasst sich u. a. mit dem Impfschutz, der allgemeinen Gesundheitsvorsorge und den neuen Empfehlungen zur Malariaprophylaxe, außerdem mit sexuell übertragbaren Krankheiten und den Gefahren durch Zecken. Bericht vom Tübinger Tag der Reisemedizin und dem Forum Reise und Gesundheit, Teil 2

Impfschutz für Reisen nach Afrika, Asien und Lateinamerika

Bei der reisemedizinischen Beratung werden üblicherweise folgende Impfungen diskutiert:

  • eventuell vorgeschrieben: Gelbfieber, Cholera;
  • allgemein empfohlen: Tetanus, Diphtherie, Kinderlähmung, Hepatitis A;
  • bei entsprechendem Risiko: Hepatitis B, Typhus, Tollwut, Meningokokken-Krankheit, japanische Enzephalitis, sonstige wie z. B. FSME, Grippe, Pneumokokken;
  • vor allem bei Kindern: Masern (Mumps, Röteln).

Nach einer neueren Umfrage ist für 93% der erwachsenen Bundesbürger eine Reise der Anlass, ihren Impfstatus zu überprüfen. Das betrifft vor allem Impfungen gegen Tetanus und Diphtherie, die generell alle zehn Jahre aufgefrischt werden sollten. Dies galt bis vor kurzem auch noch für die Kinderlähmung, inzwischen ist das Ausrottungsprogramm der Weltgesundheitsorganisation so weit fortgeschritten, dass weite Teile der Welt, wie zum Beispiel der gesamte amerikanische Kontinent schon seit Jahren poliofrei sind. In vielen afrikanischen und asiatischen Ländern gibt es die Krankheit noch. Bei Reisen dorthin ist ein belastbarer Impfschutz dringend anzuraten.

Einen breiten Empfehlungscharakter hat die Impfung gegen Hepatitis A, sobald das Reiseziel südlich der Alpen und östlich der Oder liegt. Alle anderen Impfungen sind sozusagen "Indikationsimpfungen" bei entsprechendem Risiko. Gelbfieber gibt es nur im tropischen Afrika und Lateinamerika. Die Infektion ist zwar selten, kann aber lebensbedrohlich sein, wie der tragische Tod des Kameramanns im vorigen Jahr zeigte. Bei Reisen in Epidemiegebiete ist ein Impfschutz daher dringend anzuraten. Zahlreiche Länder verlangen Gelbfieber als Pflichtimpfung, vor allem bei Einreise aus Infektionsgebieten.

Die Impfung gegen Cholera, früher für zahlreiche Länder ebenfalls vorgeschrieben, gehört nicht mehr in die internationalen Gesundheitsbestimmungen. Bei ausreichendem Hygieneverhalten gibt es kaum eine Indikation für diese Impfung. In seltenen Fällen wird sie im Reiseverkehr noch verlangt und sollte dann auch vorhanden sein.

Für die folgenden Impfungen ist nicht nur das Reiseziel, sondern auch der Reisestil maßgebend. Typhus wird vorwiegend aus Südostasien, Nordafrika und der Türkei importiert. Bei Reisen dorthin sollte man großzügig impfen, ansonsten nur bei unzureichender Nahrungs- und Trinkwasserhygiene, die einer Infektion Vorschub leistet. Vor allem in Afrika und Asien ist die Durchseuchung mit dem Hepatitis-B-Virus regional vierzigmal höher als in Deutschland. Hier setzt der Übertragungsweg (sexuelle oder so genannte Blutkontakte) entsprechendes Verhalten voraus. Hochgradig gefährdet sind Personen, die auch hier im Risiko stehen, vor allem bei längeren Aufenthalten.

Tollwut gibt es in allen Ländern der genannten Erdteile. Weltweit die höchsten Zahlen meldet Indien. Ein vorhersehbares Risiko besteht für Reisende, die beruflich oder privat mit Tieren zu tun haben oder die sich längere Zeit in hochendemischen Gebieten mit mangelhafter medizinischer Versorgung aufhalten, sie sollten prophylaktisch geimpft sein. Für die Übrigen gilt die Empfehlung, nach verdächtigem Tierkontakt oder Bissverletzung sofort einen Arzt aufzusuchen und sich "postexpositionell" behandeln zu lassen, dazu gehört die Auswahl eines modernen Gewebekulturimpfstoffes, der in manchen Ländern schwer erhältlich ist.

Die Infektion mit Meningokokken, die aerogen als Tröpfchen übertragen werden, setzt einen engen Kontakt mit einem Kranken oder Keimträger voraus. Den hat erfahrungsgemäß auch in Ländern mit Ausbrüchen nicht der Durchschnittsreisende, sondern Personen in medizinischen oder sozialen Berufen.

Ähnliches gilt für die japanische Enzephalitis, eine Viruskrankheit, die nur in Südostasien vorkommt. Sie wird durch nachtaktive Stechmücken im Freien übertragen. Zu den Risikogruppen gehören hier vor allem landwirtschaftliche Berufe sowie Abenteuerreisende in den betreffenden Ländern.

Eine Impfung gegen FSME kommt für Afrika und Amerika nicht in Betracht, weil es den Erreger dort nicht gibt. Für die asiatischen Teile Russlands (Sibirien) und der GUS-Staaten ist sie zu erwägen, wenn der Reisende zeckenexponiert ist.

Grippe und Pneumokokkenerkrankungen stellen ein besonderes Risiko für ältere Menschen oder chronisch Kranke auf Gruppenreisen dar - hier liegt die Impfindikation wesentlich beim Risiko, das der Reisende selbst mitbringt.

Gesundheitsvorsorge - Empfehlungen für Reisen in den mediterranen oder osteuropäischen Raum

Etwa 28 Millionen Reisende aus Deutschland besuchten 1997 Gebiete mit erhöhten Gesundheitsrisiken im Mittelmeerraum. Die entsprechende Zahl von Reisenden nach Osteuropa lag bei etwa 8,6 Millionen. Bei Reisen, die von Deutschland aus nach Osteuropa oder in den mediterranen Raum führen, sind in der Regel keine Impfungen vorgeschrieben. Dies veranlasst viele Reisende, zusätzlichen Impfschutz für unnötig zu erachten. Fehlende Impfpflicht ist aber kein Maßstab für das Infektionsrisiko der Reisenden und bedeutet auch nicht, dass Schutzimpfungen nicht aus epidemiologischen Gründen notwendig sind. Es sollte deshalb im Interesse aller Reiseveranstalter liegen, ihre Kunden objektiv über die am Urlaubsziel zu erwartenden Risiken und den Vorbeugemöglichkeiten zu informieren und ihre Reisenden auffordern, sich diesbezüglich beraten zu lassen.

Dabei ist entscheidend, dass sich der Reisende an eine auf dem Gebiet der Tropen- und Reisemedizin kompetente Beratungsstelle wendet. Bei einer Gesundheitsberatung müssen die jeweils aktuellen epidemiologischen Daten bekannt sein und berücksichtigt, aber nicht überbewertet werden. So sollten sich Impfempfehlungen nicht lediglich auf Kosten-Nutzen-Analysen stützen, zumal die auf größte Sicherheit bedachten Reisenden oft bereit sind, die Kosten einer wirksamen und gut verträglichen Impfung selbst zu tragen, auch wenn das Erkrankungsrisiko gering ist.

Um die Risiken gering zu halten, ist die Einhaltung bestimmter Verhaltensregeln und die Durchführung wichtiger Präventionsmaßnahmen erforderlich. Weniger die epidemiologische Situation der besuchten Region bestimmt das Risiko, als die individuelle Exposition gegenüber den möglichen Gesundheitsrisiken. Abhängig vom individuell zu erwartenden Risiko des Reisenden (allgemeiner Gesundheitszustand, Lebens- oder Reisestil, berufliche Tätigkeit, beabsichtigte Aktivitäten sowie Ort und Dauer der Reise) sollten die notwendigen Empfehlungen zur spezifischen Prophylaxe (zum Beispiel Impfungen gegen Tetanus, Diphtherie, Poliomyelitis, Hepatitis A und B, Typhus, Tollwut, FSME) und zur Expositionsprophylaxe (zum Beispiel Nahrungsmittel und Trinkwasserhygiene, allgemeine Ratschläge, Schutz vor Mücken- und Zeckenstichen) erfolgen. Schwangerschaft, Reisen mit Kindern, Immunschwäche und chronische Krankheiten sind weitere Faktoren, die bei der individuellen Beratung von Reisenden eine Rolle spielen.

Reisende in Malariagebiete - vorbeugende Maßnahmen

In Deutschland ging mit 996 gemeldeten Fällen und mindestens 20 Malariatoten auch im Jahr 1998 die Einschleppung dieser Tropenkrankheit Nr. 1 auf hohem Niveau weiter. Von den erkrankten Deutschen holten sich 80 Prozent die Malaria auf einer Urlaubsreise, vor allem in Kenia und Gambia. Insgesamt ist die Zahl der aus Westafrika eingeschleppten Fälle deutlich angestiegen, was die zunehmende touristische Beliebtheit dieser Region widerspiegelt. 53 Prozent der erkrankten Deutschen hatten keine Malariaprophylaxe betrieben, insgesamt 81 Prozent hatten keine oder nur unzureichende Chemoprophylaxe vorgenommen.

Über 60 Prozent aller Malariaeinschleppungen und etwa 90 Prozent der Malaria-tropica-Fälle wurden im tropischen Afrika erworben. Todesfälle traten fast ausschließlich bei der Malaria tropica auf. Während die Letalität der importierten Malaria tropica in Deutschland in den 70er-Jahren noch fast 10 Prozent erreichte, lag sie in den letzten Jahren bei 2 bis 3,5 Prozent.

Neben der Expositionsprophylaxe ist eine zusätzliche Chemoprophylaxe bei Aufenthalten in allen Gebieten mit wesentlichem Malariarisiko zu empfehlen. Ebenso wie die Therapie ist die Chemoprophylaxe durch die Zunahme resistenter Stämme von Plasmodium falciparum kompliziert. Dennoch kann sie das Risiko auch in Gebieten mit Verbreitung von multiresistenten Malaria-tropica-Erregern nach wie vor wesentlich reduzieren.

Der Verzicht auf eine Chemoprophylaxe und die alleinige Mitnahme einer Notfallmedikation zur eventuellen notfallmäßigen Selbstbehandlung kommt in Betracht bei

  • kurzfristiger Malariaexposition (nur wenige Tage)
  • Reisen in Gebiete mit sehr niedriger Malariainzidenz
  • bekannter Unverträglichkeit einer Chemoprophylaxe.

Da innerhalb der Malaria-Zonen A bis C das Malariarisiko selbst innerhalb eines Landes und jahreszeitlich (zum Beispiel Regenzeit) sehr unterschiedlich sein kann, muss die Entscheidung für Notwendigkeit und Art der Chemoprophylaxe anhand des konkreten Reiseziels sowie der Reisezeit, der Reisedauer und des Reisestils individuell getroffen werden, wobei auch die persönlichen Umstände des Reisenden (zum Beispiel Vorerkrankung, Unverträglichkeit, Medikamenteneinnahme usw.) zu berücksichtigen sind.

Wichtigste Neuerungen der Malariaprophylaxeempfehlungen:

  • Beginn der prophylaktischen Mefloquineinnahme schon zwei bis drei Wochen vor Abreise zur rechtzeitigen Feststellung von Nebenwirkungen.
  • Mefloquin ist auch in Deutschland zur Prophylaxe und Therapie bei Kleinkindern (ab 5 kg Körpergewicht) zugelassen.
  • Atovaquon/Proguanil-Kombination (Malarone) zur Malariatherapie zugelassen.
  • Atovaquon/Proguanil-Kombination (Malarone) und Chloroquin/Proguanil-Kombination (Stabarine) zur Prophylaxe in klinischer Prüfung.

Einschleppung übertragbarer Krankheiten - Daten und Fakten

Ca. 1000 Erkrankungen an Malaria werden jährlich in Deutschland gemeldet. In jedem Jahr kommt es auch zu 20 bis 25 Sterbefällen infolge Malaria. Die Infektionen werden ganz überwiegend in Afrika erworben. Von den Malariaerkrankungen sind vor allem Deutsche betroffen (ca. zwei Drittel). Der größte Teil von ihnen erkrankt im Rahmen einer Urlaubsreise.

Virusbedingte hämorrhagische Fieber, wie Ebola- oder Lassa-Fieber haben - hinsichtlich der Schwere der Erkrankungen und der Gefahren, die mit einer Weiterverbreitung dieser Krankheiten verbunden sind - eine besondere Bedeutung. Zu Anfang des Jahres 2000 erfolgte die Einschleppung eines Falles von Lassa-Fieber, der für die Patientin tödlich endete. Im Jahre 1999 war es - erstmals in Deutschland - zu einem Erkrankungs- und Sterbefall an Gelbfieber gekommen.

In den letzten Jahren waren in Deutschland einige Fälle von Cholera (1997 bis 1999 ein bis fünf Fälle im Jahr) zu registrieren, die ihren Ursprung in Afrika oder Asien hatten. Auch Erkrankungen an Typhus und Paratyphus wurden zu einem großen Teil im Ausland erworben. Diese Erkrankungen treten heute in Deutschland in relativ geringen Fallzahlen (1998: Typhus 78 Erkrankungen, Paratyphus 61 Erkrankungen) auf. Bei der Shigellenruhr wurden ca. 75 Prozent der Erkrankungen (1998: 1642) nach Deutschland importiert. Zu den Krankheiten, die zu einem großen Teil nach Deutschland mitgebracht wurden, gehören ebenso die Brucellose und die Trichinose.

In jedem Jahr wurden in Deutschland auch einige Fälle von Lepra diagnostiziert (1998: 5 Erkrankungen). Diese betrafen jedoch vorwiegend ausländische Bürger, in seltenen Fällen erwarben auch Deutsche die langjährig in entsprechenden Ländern gelebt hatten, Lepraerkrankungen.

Analysen der erfassten Einzelfälle lassen die Schlussfolgerung zu, dass viele der im Ausland erworbenen Erkrankungen durch besseres Einhalten von Prophylaxemaßnahmen vermeidbar sind. Dazu zählen die entsprechenden Schutzimpfungen, eine adäquate Chemoprophylaxe, insbesondere aber auch eine konsequente Expositionsprophylaxe.

Sexuell übertragbare Krankheiten (STD) - Risiken und Aufklärung

In den letzten Jahren wurde der Begriff auf STI - sexuell übertragbare Infektionen - erweitert, um die große Anzahl von asymptomatischen Infektionen zu berücksichtigen. Als klassische STI gelten die Gonorrhö, Syphilis, das Ulculs molle, Chlamydieninfektionen und die Trichomoniasis. Zu den viralen STI gehören Herpes genitalis, Hepatitis B, genitale Warzen und HIV/AIDS. Auch die Krätzemilben und Filzläuse werden durch einen Körperkontakt übertragen. In Deutschland werden nur etwa 15 Prozent der geschätzten Fälle gemeldet. Zuverlässige Daten über das Vorkommen von importierten Infektionen gibt es deshalb nicht.

Die Weltgesundheitsorganisation geht von weltweit 340 Millionen Neuinfektionen pro Jahr allein an klassischen STI aus, davon Trichomoniasis 170 Millionen, Chlamydieninfektionen 89 Millionen, Gonorrhö 62 Millionen und Syphilis 12 Millionen. Daneben sind etwa zwei Milliarden Menschen mit dem Hepatitis-B-Virus, Milliarden mit dem Human-papilloma-Virus und etwa 34 Millionen Menschen mit dem HI-Virus infiziert.

Generell besteht in jedem Land der Armut ein höheres Infektionsrisiko für alle sexuell übertragbaren Erkrankungen. Das höchste Vorkommen liegt jedoch in Subsahara-Afrika und in Südostasien. Das Ambiente am Urlaubsort, die fehlende Belastung durch gesellschaftliche Konventionen und die Gelegenheit dazu fördert zeitlich begrenzte flüchtige Urlaubsbekanntschaften, Sex inbegriffen. Studien haben gezeigt, dass fünf Prozent der Reisenden ungeplante Sexualkontakte haben und dass 40 Prozent dabei keine Kondome benützen. Die Impfung gegen Hepatitis B kann als Anknüpfungspunkt für eine Beratung zum STI-Risiko genutzt werden.

Das Kondom ist zur Zeit das einzige Mittel, das weitestgehend Schutz vor einer Ansteckung mit sexuell übertragbaren Infektionen bietet. Kondome gehören deshalb ins Reisegepäck. Um Sprachprobleme und andere Schwierigkeiten zu vermeiden, sollte man die Kondome bereits von zu Hause mitnehmen. Sollte dennoch eine sexuell übertragene Infektion während der Reise oder danach auftreten, so sollte dem Reisenden klar sein, dass nicht nur er/sie selbst, sondern auch alle Sexualpartner umgehend einer Behandlung zugeführt werden müssen.

Zecken und andere Arthropoden als Krankheitserreger und -überträger

Die epidemiologische und klinische Bedeutung der FSME hat in den letzten Jahren zugenommen. Im Süden Deutschlands werden jährlich 100 bis 300 Erkrankungen an FSME gemeldet. Die Durchseuchung der Zeckenpopulation in den verschiedenen Risiko- und Hochrisikogebieten gilt als variabel. Klinisch imponiert die Meningoenzephalitis, Meningoenzephalomyelitis und die Meningoenzephalo-Radikulitis. Die Letalität beträgt ein bis zwei Prozent. Zur Vorbeugung gegen die FSME stehen aktive Vakzinen zweier Hersteller zur Verfügung. Die Ständige Impfkommission (Stiko) empfiehlt die Impfung gegen FSME für Personen, die sich in FSME-Risikogebieten aufhalten, oder Personen, die durch FSME beruflich gefährdet sind. Zudem wird die Impfung bei einem Aufenthalt in FSME-Endemiegebieten außerhalb Deutschlands empfohlen.

Die Impfung besteht aus drei Teilimpfungen. Die ersten beiden Impfungen erfolgen im Abstand von ein bis drei Monaten, die dritte nach neun bis zwölf Monaten (Langzeit-Immunisierungsschema). Daneben sind unterschiedliche Schnell-Immunisierungsschemata zugelassen, die drei beziehungsweise vier Impfstoffimplikationen benötigen, um einen Langzeitschutz zu gewährleisten. Nicht geimpfte Personen (mehr als 15 Lebensjahre), die in einem FSME-Endemiegebiet einen Zeckenstich erlitten haben, sollten innerhalb von 96 Stunden ein FSME-Hyperimmunglobulin erhalten.

Eine weitere, durch Zecken übertragene Virusinfektion, das Grimm-Kongo-Fieber, gehört zu den virusbedingten hämorrhagischen Fiebern. Die Erkrankung ist in Südosteuropa, Zentralasien, dem mittleren Osten und Afrika endemisch. Zu den wichtigsten durch Stechmücken übertragenen reise- medizinisch-relevanten Virusinfektionen werden Dengue-Fieber, Gelbfieber, japanische Enzephalitis, Papataci-Fieber, Rift-Valley-Fever, West-Nil-Fever, La Crosse-Enzephalitis, epidemische Polyarthritis und venezolanische Pferdeenzephalitis gezählt. Möglichkeiten der Immunprophylaxe stehen nur für wenige dieser Infektionen zur Verfügung.

Perspektiven für den Einsatz von Telemedizin in der Reisemedizin

Immer mehr und ältere Menschen reisen in immer entferntere Gegenden der Erde. Dabei sollte immer mehr "erlebt" werden, die Risikobereitschaft nimmt zu. Sie stellt ein zunehmend größer werdendes Problem für die medizinische Versorgung Reisender im Ausland dar.

Medizintelematische und telemedizinische Ansätze können zur Verringerung dieser Problematik wichtige Beiträge leisten. So ermöglichen es stationäre Telemedizinstationen, die mit Computer, Kamera, Scanner und entsprechender Software ausgerüstet sind, schon für wenig Geld und unter Benützung herkömmlicher Telefonverbindungen, direkte Kontakte zwischen einem Behandlungszentrum im Ausland beziehungsweise einem Patienten und der entsprechenden Anlaufstelle in der Heimat herzustellen. Dies bringt für die Abklärung der Logistik von Patientenrücktransporten eine wesentliche Verbesserung.

Häufig ist aus medizinischen Gründen eine Patienten-Repatriierung nicht absolut notwendig. Die Möglichkeit, von einem Behandlungszentrum im Ausland aus direkt mit einem Arzt im Heimatland und auch mit Angehörigen unter Sichtkontakt sprechen zu können, wobei gleichzeitig medizinischer Datenaustausch erfolgen und die Therapie besprochen werden kann, bringt für beide Seiten wesentliche psychische Entlastung, kann das Vertrauen in die richtige ärztliche Behandlung vor Ort - auch in einer anderen Kultur - erhöhen und kann helfen, Rücktransporte auf medizinische Indikationen zu konzentrieren.

Zunehmend werden auch tragbare Telemedizin-Systeme entwickelt, die von Reisegruppen mitgenommen werden können. Solche Systeme werden derzeit hauptsächlich auf Schiffen eingesetzt und kommunizieren über Satelliten (zum Beispiel Inmarsat B) mit der Anlaufstelle zu Hause. Für den Einzelreisenden sind solche Telemedizin-"Koffer" heute sicherlich zu aufwendig, für Schiffsreisen oder Expeditionen größerer Gruppen aber bereits eine Alternative.

Mit der weltweiten Verfügbarkeit von Handys werden zunehmend individuelle Telemedizinlösungen möglich. Erste Lösungen, wie mobile EKG-Überwachung, sind für Spezialanwendungen bereits auf dem Markt. Bis aber generell eine telemedizinische Diagnostik- und Überwachungsmöglichkeit für Individualreisende möglich wird, müssen vorhandene Systeme weiterentwickelt und in Handy-Lösungen integriert werden. Bis zur sinnvollen und bezahlbaren Realisierung dieser Möglichkeiten werden aber noch Jahre vergehen.

Keine Angst vor Auslandsreisen - medizinische Unterstützung durch "Medical Helpline Worldwide"

Menschen, die im Ausland ärztliche Hilfe brauchen - sei es nach einem Unfall, sei es wegen einer akuten oder chronischen Krankheit -, sind meist in einer ungünstigen Situation: Zum einen wissen sie nicht, an wen sie sich wenden sollen, zum anderen ist die sprachliche Verständigung oft schwierig bis unmöglich. In einer fremden Umgebung können gesundheitliche Probleme sehr viel Verunsicherung und Angst hervorrufen, die sich wieder negativ auf den körperlichen Zustand auswirken.

In diesem Fall kann ein Anruf bei einer medizinischen Notrufzentrale sehr viel Stress abbauen. Der Kranke bekommt rund um die Uhr kompetente Beratung durch erfahrene Ärzte. Unter Umständen hilft schon ein Gespräch über die aktuellen Probleme weiter. Falls medizinische Hilfe erforderlich ist, wird der Kontakt zu einem Arzt oder einer Klinik geknüpft.

Die Notrufärzte - die so genannten assistance-Ärzte - organisieren die weitere Betreuung vor Ort. Im Falle einer schweren Infektionskrankheit oder eines Unfalls ist für jeden Reisenden wichtig, an Ort und Stelle gut versorgt und beraten, eventuell auch baldmöglichst in die Heimat in ein entsprechendes Krankenhaus zur Weiter- oder Grundversorgung transportiert zu werden. Die Arztgespräche dienen dazu, den Zustand des Patienten, die Diagnose, die Versorgungsmöglichkeiten - medikamentös, operativ, pflegerisch -, die Untersuchungsmöglichkeiten und die Transportfähigkeit des Patienten zu klären. Daraus ergibt sich, ob und wie lange der Patient vor Ort behandelt werden kann, ob eine Verlegung zu einer besser ausgestatteten Behandlungseinrichtung im Reiseland erforderlich ist oder gleich ein Rücktransport nach Hause geplant werden muss und ob der Patient in einem stabilen Zustand ist und ihm ein Transport - manchmal über ein bis zwei Tage - ins Heimatkrankenhaus zugemutet werden kann.

In besonders kritischen oder unklaren Erkrankungsfällen fährt ein Arzt von der Notrufzentrale ins Land, um sich vor Ort ein Bild vom Zustand des Patienten zu machen, die örtlichen Kollegen zu unterstützen und gegebenenfalls eine Verlegung in ein Krankenhaus mit höherer Versorgungsstufe oder den Rücktransport ins Heimatland einzuleiten.

Die Mehrzahl der auftretenden Krankheitsfälle endet aber keineswegs dramatisch. Rund 80 Prozent aller der Notrufzentrale gemeldeten Fälle können im Reiseland zufriedenstellend behandelt werden: Die von den assistance-Ärzten mitbetreuten Patienten setzen den Urlaub oder die Reise ohne weitere Probleme fort.

Krankentransporte in Linienflugzeugen

Die Anzahl der Flugpassagiere wächst pro Jahr zwischen fünf und sieben Prozent. Etwa 35 Millionen Deutsche machen pro Jahr Urlaub im Ausland. Allein Lufthansa transportiert etwa 44 Millionen Passagiere pro Jahr, und zu jeder Stunde befindet sich in deren Flugzeugen etwa die Bevölkerung einer mittleren Großstadt in der Luft. Entsprechend können auch die ganze Palette gesundheitlicher Beschwerden, wie sie in einer Großstadt vorkommen, auftreten. 400 000 Reisende werden im Ausland krank oder erleiden dort einen Unfall.

Leider sind die Reisevorbereitungen vieler Flugpassagiere häufig sehr mangelhaft. Das erstaunte Erwachen kommt bei den betroffenen Reisenden meist erst, wenn sie sich im Ausland mit einer plötzlichen Erkrankung oder einem Unfall konfrontiert sehen und einen Transport in die Heimat anstreben. Zum einen gibt es nach wie vor den Auftrag der Airline, die übrigen Passagiere pünktlich, sicher und präzise von A nach B zu fliegen. Das bedeutet, dass die meisten Fluglinien unter dieser Vorgabe wenig Kompromisse an den betroffenen Passagier machen können. Zum anderen gibt es verbindliche Regeln für die Airlines, die den Transport von erkrankten Passagieren regeln. Zum Dritten müssen genaue Sicherheitsbestimmungen eingehalten werden, zum Beispiel die Evakuierung von Verletzten oder Erkrankten beziehungsweise deren Sitzpositionen, zum Beispiel in den Notausgängen, regeln.

Nach den IATA-Empfehlungen zur Flugreisetauglichkeit ist der Transport von Passagieren in Linienflugzeugen ausgeschlossen, wenn sie

  • durch den Flug sich selbst oder andere Passagiere gefährden,
  • aufgrund ihrer körperlichen oder geistigen Verfassung ohne besondere Begleitung nicht in der Lage sind, während der Reise für sich selbst zu sorgen, aber ohne adäquate Begleitung zu reisen wünschen,
  • eine Infektionsquelle darstellen,
  • die normalen Flugzeugsitze in sitzender oder liegender Position nicht benützen können.

Für nicht versicherte Passagiere, die entweder nicht daran gedacht haben, eine solche Rückholversicherung abzuschließen oder die Kosten dafür einsparen wollten, kann es teuer werden. Die Rückführung in die heimatliche Krankenversorgung kann schnell mehrere zehntausend bis zu mehr als hunderttausend Dollar betragen. Erst seitdem bei der Lufthansa das "Patient Transport Compartment" (PTC) eingeführt wurde, eine fliegende Intensiveinheit, die in ein Langstreckenflugzeug eingebaut werden kann und mit sämtlichen medizinischen Geräten ausgestattet ist, die auch auf einem Notarztwagen Standard sind, ist überhaupt ein Transport solcher Patienten auf Interkontinentalstrecken möglich geworden.

Um das finanzielle Risiko abzumildern, ist der Abschluss einer Reiserückhol- und Krankenversicherung zu empfehlen. Für akut auftretende Erkrankungen an Bord, sei es als plötzliche Verschlimmerung einer Vorerkrankung oder neu auftretend, ist die Lufthansa gerüstet. An Bord befindet sich ein kompletter Notarztkoffer. In etwa 70 Prozent aller Lufthansaflüge ist ein Arzt unter den Passagieren. Auch die Flugbegleiter werden regelmäßig in Erste-Hilfe-Notmaßnahmen geschult.

Rechtliche Aspekte der reisemedizinischen Beratung und Impfaufklärung

Bei öffentlichen (durch die Länder) empfohlenen Impfungen erhalten im Falle eines Impfschadens Patienten auf Antrag Entschädigung nach dem Bundesversorgungsgesetz. (Diese Leistungen ersetzen jedoch keinesfalls zivilrechtliche Ansprüche des Patienten gegen den Impfarzt auf Schadensersatz und Schmerzensgeld!) Die Reiseimpfungen gegen Cholera und Japan-B-Enzephalitis sind nicht öffentlich empfohlen, daher entfällt der staatliche Aufopferungsanspruch, und Ärzte tragen das alleinige Risiko im Falle eines Impfschadens. Der Impfstoff gegen Japan-B-Enzephalitis ist in Deutschland nicht zugelassen. Dennoch ist der Bezug auf Einzelverordnung über eine internationale Apotheke durch das Arzneimittelgesetz ausdrücklich gestattet.

Ausgesprochen schwierig ist die Situation bei der Choleraschutzimpfung, da diese mit den in Deutschland zugelassenen Impfstoffen - auch von der WHO - nicht empfohlen ist. Leider wird immer wieder berichtet, dass die Impfung bei Einreise in bestimmte Länder (zum Beispiel Sansibar) verlangt wird. Da in den europäischen Nachbarländern inzwischen verbesserte Impfstoffe zur Verfügung stehen, sollte heute bei Bedarf einer dieser Impfstoffe verordnet werden. Es ist dann wie bei der Impfung gegen die B-Enzephalitis zu verfahren.

Die einzige durch internationale Gesundheitsforschung geregelte Schutzimpfung ist die gegen Gelbfieber. Sie ist durch ein "amtliches Siegel" zu dokumentieren. Daraus resultiert für Deutschland ein besonderes Zulassungsverfahren. Die Entscheidung darüber liegt bei den obersten Landesgesundheitsbehörden. Die Zulassungspraxis ist in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich. Bayern und Baden-Württemberg verfahren eher großzügig, während in Hessen zum Beispiel bis dato die Erlaubnis praktisch auf den öffentlichen Gesundheitsdienst beschränkt ist.

Im Juli 1999 hat das Verwaltungsgericht Berlin der Klage zweier Ärzte (mit der Zusatzbezeichnung Tropenmedizin) stattgegeben, die auf diesem Weg die Zulassung als Gelbfieberimpfstelle erreichen wollten. Der beklagte Senat hatte diese mit der Begründung abgelehnt, dass für Berlin kein Bedarf bestehe, da die Stadt ausreichend mit Gelbfieberimpfstellen versorgt sei. Dem ist das Gericht nicht gefolgt und hat festgestellt, dass beide Ärzte das Grundrecht auf Freiheit der Berufsausübung für sich in Anspruch nehmen können, da das Verfahren der Zulassung als Gelbfieberimpfstelle (entgegen der Forderung aus Artikel 12 GG) nicht durch Gesetze geregelt sei.

Reisen als Selbsttherapie

Eine bewusst geplante und für die psychischen Bedürfnisse maßgeschneiderte Reise kann eine transponierende, eine persönlichkeitsverändernde Erfahrung sein, eine Form der Selbsterziehung oder Selbsttherapie.

Drei wichtige Bedürfnisse des Menschen lassen sich auf bewussten Reisen besonders gut befriedigen:

  • Unsere angeborene intellektuelle Neugier wird stimuliert: Ich denke, also reise ich. Fremde Kulturen, Landschaften, Städte und Menschen fordern den bequem gewordenen Geist heraus. Wir lernen ein paar Worte und Sätze einer fremden Sprache, gewinnen Einsichten in kulturelle, ökologische oder politische Zusammenhänge, die wir sonst nur aus zweiter Hand durchs Fernsehen erhalten. Welt- und Menschenbilder werden komplexer (und damit angemessener), die Dimensionen werden zurechtgerückt, das Gewicht der eigenen Probleme erscheint plötzlich geringer.
  • Auf Reisen ist es besonders gut möglich, das eigene Gefühlsleben zu erforschen und zu korrigieren: Eine Reise stabilisiert uns emotional - wir werden sensibler und empfänglicher für unterdrückte oder abgespaltene Gefühle. Das wird besonders wichtig, wenn wir die Gefühle in einer kritischen Lebensphase sortieren müssen. Krisen, dramatische Veränderungen wie Berufsbeginn oder -wechsel, Trennungen, Umzüge - auf Reisen können wir Abstand gewinnen und besser als zu Hause erkunden, was mit uns geschieht und was wir wollen.
  • Psychische Herausforderungen fördern die Persönlichkeitsentwicklung, weil sie uns Selbsterfahrung ermöglichen, die im Alltag meist zu kurz kommt. Wir testen die Grenzen unserer körperlichen und psychischen Belastbarkeit in extremen Situationen. Dabei entdecken wir neue und ungeahnte Fähigkeiten - unser Selbstbewusstsein wird gestärkt. Körperliche Anstrengungen sind selbstinszenierte, quasitherapeutische Erfahrungen, die uns aus Depressionen, Süchten, Hypochondrien und vielen anderen Problemen des Alltags herausreißen können.

Bewusstes Reisen gleicht einem Drogentrip mit positiven Nebenwirkungen: Wir tauchen ein in eine "sekundäre Realität", die zur Selbsttransformation genutzt werden kann.

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