Empfehlungen des PRAC

Neue Nebenwirkungen für Sartane und Paracetamol

09.12.2024, 16:30 Uhr

Kolikartige Bauchkrämpfe sind das Hauptsymptom des intestinalen Angioödems. Es kann als Nebenwirkung unter der Therapie mit Angiotensin-II-Rezeptorantagonisten auftreten. (Foto: Daniel/AdobeStock)

Kolikartige Bauchkrämpfe sind das Hauptsymptom des intestinalen Angioödems. Es kann als Nebenwirkung unter der Therapie mit Angiotensin-II-Rezeptorantagonisten auftreten. (Foto: Daniel/AdobeStock)


In den Produktinformationen von gängigen Wirkstoffen soll in Zukunft vor neuen Nebenwirkungen gewarnt werden: Bei Sartanen kann ein intestinales Angioödem auftreten und unter Paracetamol-Therapie eine seltene Form der metabolischen Azidose mit vergrößerter Anionenlücke. 

Der Ausschuss für Risikobewertung im Bereich der Pharmakovigilanz (PRAC) der Europäischen Arzneimittel-Agentur empfiehlt die Ergänzungen in den Produktinformationen auf der Basis von Sicherheitssignalen, die auf einen neuen möglichen kausalen Zusammenhang zwischen den betreffenden Arzneimitteln und dem unerwünschten Ereignis hindeuten. 

Intestinales Angioödem unter Sartanen

Bei allen Angiotensin-II-Rezeptor-Antagonisten (Sartanen) soll das intestinale Angioödem als Nebenwirkung aufgenommen werden. Bei Losartan, Olmesartan und Irbesartan tritt die Nebenwirkung selten, bei Valsartan und Candesartan sehr selten und bei Azilsartan, Eprosartan und Telmisartan in Einzelfällen auf. Beim intestinalen oder viszeralen Angioödem kommt es zum Anschwellen der Schleimhäute im Magen-Darm-Trakt. Die Reaktion wird im Gegensatz zum allergischen Histamin-vermittelten Angioödem durch Bradykinin vermittelt. Bei ACE-Hemmern, die durch Hemmung des Angiotensin Converting Enzyms (ACE) nicht nur die Bildung von Angiotensin II, sondern auch den Abbau von Bradykinin hemmen, ist das intestinale Angioödem als Nebenwirkung bereits bekannt. Das Leitsymptom des intestinalen Angioödems sind kolikartige Bauchschmerzen. Auch Übelkeit, Erbrechen oder Durchfall können auftreten. Patienten, die unter einer Therapie mit Sartanen diese Symptome bei sich beobachten, sollen unverzüglich ihren Arzt kontaktieren. In den Fachinformationen wird das sofortige Absetzen des Arzneimittels und eine angemessene Überwachung empfohlen, bis die Symptome abgeklungen sind.

Seltene Form der Azidose unter Paracetamol

Für alle Mono- und Kombinationspräparate, die Paracetamol enthalten, empfiehlt der PRAC die Ergänzung einer seltenen Form der metabolischen Azidose mit vergrößerter Anionenlücke (HAGMA) als Nebenwirkung mit nicht bekannter Häufigkeit. Es handelt sich um eine Azidose durch Anreicherung von Pyroglutaminsäure (5-Oxoprolin). Die Anionenlücke ist ein rechnerisches Konstrukt bei der Bestimmung von Blutelektrolyten: Da routinemäßig nicht alle Ionen im Blut bestimmt werden, entsteht rechnerisch ein (physiologisch nicht vorhandenes) Defizit an Anionen. Sind mehr der routinemäßig nicht erfassten Anionen im Blut, vergrößert sich diese berechnete Anionenlücke, beispielsweise durch Laktat oder Ketonderivate im Rahmen einer Azidose.

Das Risiko, diese seltene Form der Azidose zu entwickeln, ist stark erhöht, wenn Paracetamol über einen längeren Zeitraum oder gleichzeitig mit dem Antibiotikum Flucloxacillin eingenommen wird. Außerdem sind Patienten mit schwerer Nierenfunktionsstörung, Sepsis, Mangelernährung oder Glutathionmangel, zum Beispiel aufgrund von Alkoholabusus, gefährdet. Erste Symptome der Azidose sind starke Atembeschwerden mit tiefer schneller Atmung, Benommenheit, Übelkeit und Erbrechen. Patienten sollten in diesem Fall die Einnahme von Paracetamol sofort unterbrechen und einen Arzt konsultieren.


Dr. Sabine Werner, Apothekerin und Redakteurin
readktion@daz.online


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