Viren im Abwasser

Robert-Koch-Institut warnt vor Polio-Erregern

Berlin - 02.12.2024, 09:15 Uhr

In deutschen Klärwerken können SARS-CoV-2, Influenza- und Polio-Viren nachgewiesen werden. (Foto: IMAGO/Hans Blossey)

In deutschen Klärwerken können SARS-CoV-2, Influenza- und Polio-Viren nachgewiesen werden. (Foto: IMAGO/Hans Blossey)


In einigen Entwicklungsländern treten wieder vermehrt Fälle von Polio auf. Nun wurden auch in Abwasserproben in Deutschland Viren der weitgehend ausgerotteten Krankheitserreger nachgewiesen. Das Robert Koch-Institut rät dazu, den Impfstatus zu überprüfen und gegebenenfalls Lücken zu schließen.

Bei Untersuchungen von Abwasserproben wurden in München, Köln, Bonn und Hamburg Polio-Erreger nachgewiesen, berichtet das Robert Koch-Institut (RKI). Bei den gefundenen Erregern handele es sich nicht um den Wildtyp, sondern um Viren aus Schluckimpfungen. „Der Nachweis an verschiedenen Orten weist auf eine Zirkulation dieser Viren hin“, betont das RKI gegenüber der Deutschen Presseagentur. Auch in Spanien und Polen wurden in letzter Zeit Polio-Viren in Abwässern nachgewiesen.

Aufgrund der allgemein hohen Impfquoten gegen Polio – sie liegt bundesweit bei 90 Prozent – und den guten hygienischen Bedingungen sei in Deutschland die Möglichkeit einer Erkrankung sehr gering, stellt das RKI klar.

Viren stammen vermutlich aus dem Ausland

Da Schluckimpfungen gegen Polio in Deutschland seit 1998 nicht mehr verabreicht werden, sei davon auszugehen, dass die Erreger aus anderen Ländern eingeschleppt wurden. In vielen Ländern Afrikas und Asiens sind die Schluckimpfungen noch gebräuchlich, da so auch die Weitergabe des Virus verhindert werden kann. Allerdings können bei der Schluckimpfung in seltenen Fällen auch sogenannte Impf-Polio-Erkrankungen auftreten, da hier abgeschwächte, aber vermehrungsfähige Viren verabreicht werden. In Deutschland werden deshalb seit 1998 nur noch inaktive Polio-Impfstoffe genutzt, die injiziert werden. Allerdings schützen diese laut RKI nicht vor einer Weitergabe des Virus, anders als bei Schluckimpfungen.

Vermehrte Polio-Fälle in Krisenregionen

Zwar gilt Polio weltweit als nahezu ausgerottet. Dennoch traten in jüngster Zeit in Afghanistan, Pakistan und Gaza vermehrt Fälle der Krankheit auf. Im Gazastreifen startete deshalb im September eine großangelegte Impfkampagne. In der vergangenen Woche begann auch die afghanische Taliban-Regierung mit einem breit angelegten Impfprogramm gegen Polio. In Pakistan griffen Islamisten im Oktober ein Polio-Impfzentrum an. Sie vermuten, dass der Westen die Impfung nutzt, um Kinder zu sterilisieren.

RKI: Impflücken müssen geschlossen werden

Aufgrund der im Abwasser nachgewiesenen Zirkulation von Polio-Viren ist es laut RKI nicht auszuschließen, dass vereinzelte Erkrankungen auch in Deutschland auftreten könnten. Deshalb mahnte das Institut, jede*r solle seinen bzw. ihren Impfstatus überprüfen und gegebenenfalls Impflücken schließen.

Auch Baden-Württembergs Gesundheitsminister Manfred Lucha (Grüne) schloss sich in einer Pressemitteilung vom vergangenen Freitag diesem Appell an: „In Baden-Württemberg bestehen teilweise erhebliche Lücken in Bezug auf die Impfung gegen Kinderlähmung. Insofern appelliere ich an alle Bürgerinnen und Bürger, den Impfschutz entsprechend den aktuellen STIKO-Empfehlungen zu überprüfen und bei Bedarf zu vervollständigen.“


mz / dpa


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