Kampagne der BzGa

Welt-Aids-Tag 2024: Gegen die Ausgrenzung von HIV-Infizierten

29.11.2024, 16:45 Uhr

Die rote Schleife (engl. red ribbon) steht seit 1991 für die Solidarität mit HIV-Infizierten und an Aids erkrankten Menschen (Foto: fizkes/AdobeStock) 

Die rote Schleife (engl. red ribbon) steht seit 1991 für die Solidarität mit HIV-Infizierten und an Aids erkrankten Menschen (Foto: fizkes/AdobeStock) 


Am 1. Dezember findet zum 36. Mal der Welt-Aids-Tag statt. Mit der Kampagne „Leben mit HIV. Anders als du denkst?“ will die Bundeszen­trale für gesundheitliche Aufklärung darauf aufmerksam machen, dass HIV-Infizierte immer noch von Stigmatisierung und Diskriminierung betroffen sind. Aufklärung kann helfen, unbegründete Ängste und Vorurteile auszuräumen.

Mit heutigen Präventions- und Therapiestrategien können Menschen, die mit dem HI-Virus (humanes Immundefizienz-Virus) infiziert sind, leben wie alle anderen auch: Individuelle ­Berufswahl und Freizeitgestaltung, ausgelebte Sexualität und die Erfüllung eines Kinderwunsches sind möglich [1]. Eine rasch nach Diagnosestellung eingeleitete Kombinationstherapie aus zwei, drei oder vier antiretroviral wirksamen Arzneistoffen kann in 96% der Fälle eine dauerhafte Suppression der HIV-RNA unter 50 Kopien/ml erreichen. Sinkt die Viruslast unter diesen Wert, ist HIV mit den gängigen Verfahren im Blut des In­fizierten nicht mehr nachweisbar [2 – 4]. Abhängig von Komorbiditäten, Verträglichkeit und Resistenzlage kommen verschiedene Ein- oder Zwei-­Tabletten-Regimes zum Einsatz, die den Replikationszyklus des HI-Virus additiv bis synergistisch stören [2, 5].

Betroffene Gruppen: Trends verlaufen unterschiedlich

In Deutschland leben etwa 96.700 HIV-Infizierte, von denen geschätzt 8% noch nicht diagnostiziert sind. Fast alle diagnostizierten Fälle werden auch antiretroviral therapiert.

Die Anzahl der HIV-Neuinfektionen wird für das Jahr 2023 auf 2200 geschätzt. Exakte Angaben sind nicht möglich, da eine Diagnose häufig erst Jahre nach der Infektion erfolgt.

Bei der Mehrzahl der Neuinfizierten handelt es sich um Männer, die Sex mit Männern haben. Der Trend bei dieser Personengruppe ist jedoch über mehrere Jahre rückläufig. Seit einem Tiefpunkt in den ersten beiden Pandemiejahren sind die Infektionszahlen nur leicht angestiegen und verbleiben bisher unter dem Niveau des Vorpandemiejahres 2019. Dagegen zeichnet sich bei Personen mit heterosexuellen Kontakten ein leichter und bei injizierenden Drogenkonsumenten ein deutlicher Anstieg der Zahlen ab.

Prophylaxemaßnahmen greifen

Der beobachtete Rückgang bei Männern mit gleichgeschlechtlichen Sexualkontakten deutet auf einen erfolgreichen Einsatz der Präexposi­tionsprophylaxe hin [3]. Die präventive Einnahme antiretroviraler Wirkstoffe wird nicht-infizierten Menschen mit erhöhtem HIV-Risiko empfohlen. In Deutschland steht dafür die fixe Wirkstoffkombination der beiden Reverse-Transkriptase-Inhibitoren Emtricitabin und Tenofovir (Truvada®) zur Verfügung. Studien zeigten ein um 86% verringertes Risiko für eine HIV-Übertragung. Bei hoher Adhärenz kann eine Wirksamkeit von 99% erreicht werden [6].

Acht Fakten gegen Ängste und Vorurteile

Rund um Aids und HIV gibt es noch immer viel Halbwissen. Diese Fakten sollten vermittelt werden (nach [2, 7]):

  • HIV wird nicht über gemeinsame Geschirr- und Toilettennutzung, Anhusten oder -niesen übertragen.
  • HIV ist unter erfolgreicher Therapie im Blut nicht mehr nachweisbar.
  • HIV ist unter erfolgreicher Therapie selbst beim Geschlechtsverkehr nicht mehr übertragbar.
  • HIV-Medikamente können das Auftreten von Aids verhindern.
  • HIV-Infizierte können unter Therapie eine normale Lebenserwartung erreichen.
  • HIV-Infizierte sind in der Regel genauso leistungsfähig und belastbar wie Nicht-Infizierte und können ­jeden Beruf ausüben.
  • HIV-Infizierte müssen ihren HIV-Status gegenüber dem Arbeitgeber bis auf wenige Ausnahmen (z. B. bei besonders verletzungsträchtigen chirurgischen Tätigkeiten) nicht ­offenlegen.
  • HIV-Infizierte können unter Therapie auf natürlichem Weg Eltern gesunder Kinder werden.

Für mehr Solidarität

Unsicherheiten und Ressentiments lassen sich nur durch Aufklärung und Kommunikation aus der Welt schaffen (siehe Kasten „Acht Fakten gegen Ängste und Vorurteile“). In Zusammenarbeit mit der Aids-Stiftung und der Deutschen Aidshilfe gibt die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung anlässlich des Welt-Aids-­Tages Einblicke in das Leben von Menschen mit HIV und lädt zum gemeinsamen Diskurs und Austausch ein [1]. Weitere Informationen zur Kampagne finden Sie bei der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. Wenn Sie auf daz.online die Webcodes M6PE2 und X7TR4 in die Suchfunktion eingeben, gelangen Sie direkt zu den Seiten.

Literatur

[1] Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. Leben mit HIV - Anders als du denkst? Welt-Aids-Tag.de. Informationen zur Kampagne 2024, www.welt-aids-tag.de/kampagne/

[2] Deutsch-Österreichische Leitlinie zur antiretroviralen Therapie der HIV-1-Infektion. S2k-Leitlinie der Deutschen AIDS-Gesellschaft (DAIG) e. V., AWMF Reg.-Nr. 055-001, Stand September 2020

[3] HIV in Deutschland 2022 und 2023. Robert-Koch-Institut, Epidemiologisches Bulletin 28/2024, 11. Juli 2024

[4] Laborwerte bei HIV. Informationen der Deutschen Aidshilfe, www.aidshilfe.de/laborwerte-hiv

[5] Fachinformation Truvada®, Stand Februar 2024

[6] Deutsch-Österreichische Leitlinie zur HIV-Präexpositionsprophylaxe. S2k-Leitlinie der Deutschen AIDS-Gesellschaft (DAIG) e. V., AWMF Reg.-Nr. 055-008, Stand März 2024

[7] HIV-Behandlung. Informationen der Deutschen Aidshilfe, www.aidshilfe.de/hiv-behandlung


Apothekerin Judith Esch, DAZ-Autorin
redaktion@daz.online


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