Aufklärung zur Maskenbeschaffung

Lauterbach startet Untersuchung im eigenen Ministerium

Berlin - 15.07.2024, 14:30 Uhr

In der Hitze des Gefechts: Spahn und Lauterbach während der Corona-Pandemie im Juni 2021. (IMAGO / Political-Moments)

In der Hitze des Gefechts: Spahn und Lauterbach während der Corona-Pandemie im Juni 2021. (IMAGO / Political-Moments)


Karl Lauterbach will offenbar begangene Fehler seines Vorgängers Jens Spahn (CDU) bei der Maskenbeschaffung zum Beginn der Corona-Pandemie umfassend aufklären. Dafür setzt er eine „Aufklärungsbeauftragte“ ein. Auch die fragwürdige Vergabe eines Lieferauftrags an eine Firma aus Spahns Wahlbezirk steht im Fokus der Untersuchung.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) will „systematisch und schonungslos“ die Umstände der Beschaffung von Schutzmasken zum Beginn der Corona-Pandemie aufklären. Die Dokumentation der Beschaffungsmaßnahmen sei offenbar „hochproblematisch“, so Lauterbach: „Wir werden deshalb den Bedarf, die Beschaffung und die Verträge zu den Masken gründlich durchleuchten“, sagte der Minister am vergangenen Freitag im Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ).

Lauterbach vertraut Mitarbeiter*innen

Auch wenn die Untersuchung „ergebnisoffen“ erfolgen soll, geht Lauterbach offenbar davon aus, dass Fehler begangen wurden. Er vertraut seinen Mitarbeiter*innen, wenngleich viele damals an der Maskenbeschaffung beteiligt waren – auch der damals zuständige Abteilungsleiter ist noch im Amt. Lauterbach gibt an, dass dieser „nach wie vor“ sein Vertrauen genieße. Bisher habe Lauterbach noch keinen Fall erlebt, in dem er von seinen Mitarbeiter*innen hintergangen wurde. Allerdings gab er mit Blick auf die bevorstehende interne Untersuchung zu bedenken: „Ich gelte nicht als zögerlich, wenn es darum geht, personelle Konsequenzen zu ziehen.“

Mit Blick auf die Ausschreibung im Open-House-Verfahren dementierte Lauterbach jegliche persönliche Verwicklung: „Ich war nicht daran beteiligt und war auch immer dagegen.“ In der Folge stehe sein Ministerium nun vor erheblichen Prozessrisiken. Für die ausstehenden Gerichtsverfahren mit Maskenlieferanten habe man 530 Millionen Euro zurückgelegt, so Lauterbach.

Vetternwirtschaft mit Logistik-Unternehmen?

Im Fokus steht auch die Vergabe von Lieferverträgen an das Logistikunternehmen Fiege aus dem Münsterland – das Unternehmen hat seinen Sitz im Wahlkreis des ehemaligen Gesundheitsministers Spahn. Die FAZ berichtete bereits am 4. Juli darüber. Auch für Lauterbach wirft es Fragen auf, „wenn ein Unternehmen aus der Region des Ministers ausgewählt wird, was nicht gerade ein Weltkonzern ist“. Das Logistikunternehmen hatte nach der Auftragsvergabe für die Lagerung und Verteilung von 1,05 Milliarden Masken im Wert von 1,7 Milliarden Euro Probleme bekommen und konnte den Verpflichtungen nicht nachkommen. Zusätzliche Lieferverträge mit DHL und Schenker mussten vom Bundesgesundheitsministerium (BMG) abgeschlossen werden. Lauterbach sagt, die Empfehlung zur Beauftragung von Fiege sei von Spahn gekommen.

Paula Piechotta (Grüne), Berichterstatterin für den Etat des BMG, sieht in der Vergabe des Lieferauftrags an Fiege einen klaren Beleg dafür, „dass hier anscheinend nicht anhand fachlicher Kriterien entschieden wurde“.

Sudhof soll für Aufklärung sorgen

Lauterbach gab die Einsetzung von Margaretha Sudhof (SPD) als „Aufklärungsbeauftragte“ bekannt: „Sie mistet jetzt aus. Dabei geht sie in jeden Winkel.“ Sudhof ist promovierte Juristen und war zuvor Staatssekretärin im Justiz- und im Verteidigungsministerium. Sie habe den Auftrag, „die Versäumnisse aus der letzten Legislaturperiode“ transparent zu machen. Lauterbach beschreibt sie als „externe, neutrale, und absolut vertrauenswürdige Instanz.“ Zu ihren Aufgaben gehörten neben der Aktensichtung und -sicherung auch die Neubewertung der aktuellen Rechtsstrategie des BMG – Sudhof solle auch hinterfragen, „ob wir mit den richtigen Kanzleien zusammenarbeiten“.

Bundesrechnungshof sieht gravierende Fehler

Neben dem Urteil des Oberlandessgerichts Köln vom 21. Juni, bei dem einem Maskenlieferanten gegen die Klage des BMG Recht zugesprochen wurde, liefert auch ein Bericht des Bundesrechnungshofes (BRH) Grund zu der Annahme, dass bei der Maskenbeschaffung gravierende Fehler begangen wurden.

Der Bericht kommt zu dem Fazit, dass bei der Beschaffung jegliche Mengensteuerung gefehlt habe. Zwei Drittel der Masken seien nie verwendet worden. Von den insgesamt 5,7 Milliarden Masken wurden nur 1,7 Milliarden im Inland verteilt, 1,2 Milliarden wurden vernichtet, weitere 1,7 Milliarden sind laut Bericht des BRH zur Vernichtung vorgesehen. Übrig blieben 800.000 Masken, für die das BMG kein Verteilungs- und Verwendungskonzept habe. Folgekosten für die Überbeschaffung, unter anderem für Lagerung und Verwaltung, werden bis Ende 2023 auf 460 Millionen Euro beziffert – für 2024 erwartet der BRH weitere Kosten in Höhe von 534 Millionen Euro.

Zudem kritisierte der BRH, dass die getroffenen Maßnahmen „nicht vollständig und nachvollziehbar“ dokumentiert wurden. Viele relevante Unterlagen seien nachträglich zur Verschlusssache erklärt worden. Zumindest lasse sich eine Schlussfolgerung für die Zukunft ziehen: „Eine zentrale Beschaffung und Bevorratung von Schutzausrüstung für das Gesundheitswesen durch den Bund hat sich als ineffizient und unwirtschaftlich erwiesen.“


Michael Zantke, Redakteur, DAZ
redaktion@daz.online


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1 Kommentar

Restlose Aufklärung?

von T. Trautmann am 15.07.2024 um 21:41 Uhr

Wirft da etwa kommende Wahlkampf schon seine Schatten voraus? Traut er sich auch, den damaligen Finanzminister auch zu feuern, falls der "mitschuldig" ist?
Und wenn KL dabei ist, kann er gleich mit Paxlovid weitermachen.

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