Stellungnahme zum Apotheken-Reformgesetz

ABDA: Referentenentwurf zurückziehen!

Berlin - 19.06.2024, 17:55 Uhr

Klingt erstmal gut, wirkt aber ruinös: Lauterbachs Pläne für eine Apothekenreform. (Foto: Schelbert)

Klingt erstmal gut, wirkt aber ruinös: Lauterbachs Pläne für eine Apothekenreform. (Foto: Schelbert)


Die ABDA hat eine klare Meinung zum Referentenentwurf für das Apotheken-Reformgesetz: Sie lehnt ihn schlichtweg ab. Er degradiere das Arzneimittel zum Konsumgut und gehe von einer Verzichtbarkeit von Apotheke und Apotheker aus, heißt es in einer Stellungnahme für das Bundesgesundheitsministerium. 

Eigentlich hat das Bundesgesundheitsministerium (BMG) den Verbänden eingeräumt, bis zum 28. Juni eine Stellungnahme zum Referentenentwurf für das Apotheken-Reformgesetz abzugeben. Wem es mit der Stellungnahme ernst ist, wird sie allerdings schon eher einreichen, schließlich findet bereits am 25. Juni die Verbändeanhörung im BMG statt – da müssen alle Argumente sitzen.

Die ABDA hat bereits an diesem Mittwoch ihre Stellungnahme veröffentlicht. Vom Umfang her ist diese mit zwei Druckseiten überschaubar – aber offensichtlich gibt es für sie keinen Anlass, sich zu diesem Zeitpunkt schon vertieft mit den einzelnen Punkten zu befassen. Sie lehnt das Vorhaben rundum ab.

So heißt es in der Stellungnahme, der Entwurf „degradiert das Arzneimittel zum Konsumgut und geht von einer Verzichtbarkeit der Apotheke und des Apothekers aus, indem er umfassende Arzneimittelversorgung faktisch negiert und durch reine Logistik und Handel ersetzt“. Dies führe zu einer gravierenden Verschlechterung der Arzneimitteltherapie- und der Patientensicherheit und belaste dadurch absehbar die Sozialsysteme mit Folgekosten. Die inhabergeführte Apotheke werde finanziell und strukturell ruiniert, Arbeitsplätze für approbierte Apothekerinnen und Apotheker massenhaft vernichtet und das Feld für die Zulassung des Fremdbesitzes an Arzneimittelvertriebsstellen bereitet.

Auf dem Weg zum grundlegenden Systemwechsel

Ausgehend von der Prämisse, dass der Bundesregierung das vorhandene hochwertige Apothekenwesen das für seine Erhaltung erforderliche Geld nicht wert sei, würden „auf den ersten Blick plausibel erscheinende Mechanismen wie die Umverteilung von Arbeitserträgen und die Senkung von Kosten instrumentalisiert, um einen grundlegenden Systemwandel herbeizuführen“, schreibt die ABDA weiter.

So werde durch die Zulassung von Betriebsstätten, die ohne vor Ort anwesende Apothekerin oder anwesenden Apotheker betrieben werden, der Begriff Apotheke „des ihn ausmachenden Wesenskerns beraubt, die Apothekenpflicht faktisch abgeschafft und der Weg zur Zulassung des Fremdbesitzes geebnet“. Die Möglichkeit, zusätzlich zwei Zweigapotheken betreiben zu dürfen und Entfernungen zwischen den Betriebsstätten von bis zu drei Stunden PKW-Fahrzeit zuzulassen, machten bei minimaler Anwesenheitspflicht in den Betriebsstätten aus der eigenverantwortlichen Leitung einer Apotheke durch einen freien Heilberuf faktisch eine Fiktion. „Damit fällt das zentrale Kriterium der inhabergeführten Apotheke, das gesetzliche Berufsbild des ‚Apothekers in seiner Apotheke‘.“

Die fatalen Folgen für die Versorgung könnten auch nicht mit einem telepharmazeutische Angebot nach Lauterbach'schem Verständnis kompensiert werden. Denn dieses werde nur in Anspruch genommen, wenn ein Bedarf vom Patienten oder dem Angehörigen einer geringer qualifizierten Berufsgruppe erkannt werde.

Abgabeautomaten nicht zu verhindern

In der Folge werde auch der Betrieb von Abgabeautomaten nicht verhindert werden können: Pharmazeutisches Personal werde bei der Auslieferung eines Arzneimittels verzichtbar gemacht, wenn die Beratung bei der Abgabe per Video erfolgen könne. „Dies führt endgültig zur Trivialisierung des Arzneimittels mit allen nachteiligen Folgen für den Gesundheitsschutz allgemein und den Schutz der Patienten im Einzelnen.“

Auch der Plan, Rezepturherstellung und Laboranalytik in einer Betriebsstätte eines Verbundes zu zentralisieren, schwäche die Resilienz des Systems erheblich, heißt es weiter. Bei Ausfall dieser Betriebsstätte durch ein Schadensereignis stünden auch weitere zum Betrieb zählende Betriebsstätten nicht mehr zur Verfügung. Unter ungünstigen Bedingungen könne dies zu einer Mangelversorgung einer ganzen Region führen.

Die Abkehr vom Versorgungsgedanken zeige sich auch an der Aufhebung der ständigen Dienstbereitschaft mit Befreiungsmöglichkeit zugunsten einer Mindeststundenzahl. Angesichts der ökonomischen Zwänge sei zu erwarten, dass viele Apothekeninhaber von den damit verbundenen Einsparmöglichkeiten Gebrauch machen werden. Damit trete die kaufmännische Kalkulation an die Stelle der verlässlichen Versorgung an allen Standorten.

Selbst dass Skonti des Großhandels im Zuge der Reform wieder ermöglicht werden sollen, gefällt der ABDA nicht. Damit werde den Apotheken die Chance verweigert, diese Regelung schon früher – mit dem Medizinforschungsgesetz – umzusetzen.

Angemessene Finanzierung statt Problemverschärfung

Abschließend heißt es in der Stellungnahme: „Nach alledem fordern wir dazu auf, den die Probleme in der qualitativ hochwertigen Arzneimittelversorgung der Bevölkerung verschärfenden Referentenentwurf zurückzuziehen und für eine angemessene Finanzierung des bewährten Systems Sorge zu tragen.“

Bei der für kommenden Dienstag angesetzten Anhörung zum Referentenentwurf des Apothekenreformgesetzes im BMG wird die ABDA diese Positionen mündlich erläutern. Wie es in einer Pressemitteilung heißt, werden derzeit gemeinsam mit den Kammern, Verbänden und der gesamten Apothekerschaft weitere politische Maßnahmen diskutiert und entschieden.


Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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3 Kommentare

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von fwMgqCHAOVh am 19.06.2024 um 21:27 Uhr

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von wMGFDUVeNg am 19.06.2024 um 21:25 Uhr

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Ein Funken Hoffnung

von Herbert am 19.06.2024 um 20:19 Uhr

...dass der Wahn des Lauterbach nicht Wahrheit wird. Es ist so absurd und beinahe schon pervers, mit einem Schlag einen ganzen Studienberuf obsolet zu machen und ihn dabei noch in sich selbst zu spalten, damit die stehengeblieben Reste sich gegenseitig ausmerzen. Keine angemessene, betriebswirtschaftlich sinnvolle Vergütung; stattdessen wird dem Fachkräftemangel damit begegnet, einfach festzulegen, dass man keine Fachkräfte mehr braucht und der Inhaber einer Apotheke, um in schwarzen Zahlen zu bleiben, gezwungen ist, sein Fachpersonal zu entlassen. Wer jetzt noch Pharmazie studiert und drei Staatsexamen ablegt und sich für einen Beruf entscheidet, der durch die Kammern zu jährlichen Fortbildungen verpflichtet, braucht auf den Einstieg ins Berufsleben nicht mehr hoffen. Entweder einem fällt eine Apotheke zu, die einen neuen Inhaber braucht oder man findet gefallen daran, mit 60 Wochenstunden und harten Deadlines, an deren Einhaltung das Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses hängt, in der Industrie zu arbeiten. Dass der Entwurf von Lobbyisten der Kassen stammt, verwundert nicht. Fehlt Fachpersonal in den Apotheken und es werden mehr Fehler in der Abgabe gemacht, kann schonungslos retaxiert werden. Verstirbt der Patient im schlimmsten Fall, spart die Kasse am meisten und das langfristig. Was hier zählt ist klar: die Bilanz der Vorstände, unter die sich ausgediente Minister mischen können, und nicht der Mensch - ob nun als Patient oder Heilberufler.

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