Hierzu prüfte das Gericht zunächst Punkt für Punkt, ob DocMorris gegen die Norm verstoßen hat. Denn das Verbot richtet sich nur an Apotheker, nicht an diejenigen, mit denen sich diese absprechen. Wohl aber können auch jene, die nicht direkt adressiert sind, als Teilnehmer zur Verantwortung gezogen werden.
Zumindest eine stillschweigende Absprache
Und aus Sicht des Gerichts hat DocMorris gegen das Zuführungsverbot verstoßen. Ausdrücklich umfasst die Norm auch Apotheken in anderen EU-Mitgliedstaaten, sodass der Sitz in den Niederlanden kein Hindernis ist. Zudem liege eine Absprache vor. Diese hatte TeleClinic zwar bestritten. Doch für den Richter ist klar: Der Begriff ist weit auszulegen und umfasst auch stillschweigende Absprachen. Die Verlinkung auf der DocMorris-Webseite sei dauerhaft angelegt gewesen – es habe also nicht lediglich eine gelegentliche Empfehlung gegeben. Spätestens mit der Abmahnung habe TeleClinic davon gewusst und akzeptiert, dass dieser Link fortbesteht.
Wirtschaftliche Interessen im Vordergrund
Ein berechtigtes Interesse für dieses Vorgehen könne DocMorris nicht anführen. Im Gegenteil: Es gehe bei der Verlinkung offensichtlich um wirtschaftliche Erwägungen innerhalb der Konzernstruktur und nicht um fachlich-medizinische Gesichtspunkte. § 11 Abs. 1 ApoG solle aber gerade auch sicherstellen, dass die an der Patientenversorgung beteiligten Apotheker und Ärzte ihr Verhalten rein an medizinischen Erwägungen ausrichten und nicht wirtschaftlichen Interessen erliegen. Damit, so das Gericht, werde die ordnungsgemäße Versorgung der Patienten mit Arzneimitteln gewährleistet.
Weiterhin gehe es bei der Absprache auch um die „Zuführung von Patienten“: DocMorris schicke über den Link potenzielle Kunden zur TeleClinic. Das Urteil befasst sich hier auch mit der Apothekenwahlfreiheit der Patienten. Diese schütze die apothekenrechtliche Norm ebenfalls – und diese Entscheidungsfreiheit werde nicht beeinträchtigt.
Doch all das spiele hier keine Rolle, so das Gericht. Denn der Gesetzeszweck sei eben auch, Verhaltensweisen entgegenzuwirken, die die ordnungsgemäße Arzneimittelversorgung beeinträchtigen können. Es müsse also sichergestellt sein, dass sich der Erlaubnisinhaber einer Apotheke im Kontakt mit anderen Gesundheitsberufen nicht von sachfremden, vor allem nicht von finanziellen Erwägungen leiten lässt, damit das Vertrauen der Verbraucher in die Unabhängigkeit des Apothekers gewährleistet ist. „Eine (auf einer Absprache basierende) wirtschaftlich motivierte Empfehlung eines Arztes durch einen Apotheker, wie sie DocMorris hier vornimmt, ist damit nicht vereinbar“, konstatiert das Urteil.
Urteil ist nicht rechtskräftig
Nun muss sich zeigen, ob diese Grenzziehung durch das Landgericht Ⅰ Bestand haben wird. Rechtskräftig ist das Urteil nicht. Es ist anzunehmen, dass TeleClinic Berufung einlegen wird.
Landgericht München, Urteil vom 23. Mai 2024, Az.: 1 HK O 10032/22
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BRAVO Apothekerkammer Nordrhein
von Kathrin Storch am 29.05.2024 um 4:25 Uhr
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