In den Eckpunkten zur Apothekenreform ist bereits vorgesehen, dass Apotheken künftig bestimmte Präventionsangebote machen sollen. Stimmt Sie das zuversichtlich?
Dass Apotheken unter anderem in die Früherkennung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen eingebunden werden könnten, ist für mich tatsächlich ein Lichtblick im Eckpunktepapier. Leider halte ich viele andere Vorhaben nicht für zielführend. Der Begriff Telepharmazie wird darin zum Beispiel eigenartig interpretiert. Es ist nach meinem Verständnis keine Telepharmazie, wenn man in leerstehenden Apotheken eine Art Annahmestelle für E-Rezepte aufbaut und bei Bedarf einen Apotheker per Video zuschaltet. Davon halte ich gar nichts. Für mich bedeutet telepharmazeutische und telemedizinische Betreuung, dass wir Patienten in ihrem häuslichen Umfeld Zugang zu heilberuflicher Beratung ermöglichen, wenn diese Menschen nicht regelmäßig in der Apotheke oder Praxis sein können. Das sollte eine Ergänzung sein zum persönlichen Kontakt zwischen Heilberufler und Patient, kein Ersatz.
Sie gelten als technisch versiert und bringen Ihre Expertise auch in den ABDA-Digitalhub ein. Wie bewerten Sie als Apotheker und Fachmann aktuell die Einführung des E-Rezepts?
Wenn das E-Rezept erst einmal stabil läuft, dann kann es ein echter Gewinn für die Versorgung sein. Ich hatte an Ostern Notdienst und habe eine Verordnung erhalten über ein Medikament, das nicht lieferbar war. Nach einem kurzen Telefonat hat die Ärztin das E-Rezept gelöscht, ein neues ausgestellt und ich konnte den Patienten versorgen. Allerdings sind wir in den Apotheken derzeit stark abhängig von unserer IT-Ausstattung. Wenn ein Anbieter Probleme hat, wie es etwa bei Medisign der Fall war, ist es einfach Pech oder Glück, ob die individuelle Apotheke betroffen ist oder nicht. Es müssen sich jetzt alle Beteiligten schnellstens darauf verständigen, dass es sich bei der TI um ein hochsensibles Netzwerk handelt, das stabil laufen muss. Sonst riskieren wir einen Vertrauensverlust nicht nur unter den Heilberuflern, sondern auch in der Bevölkerung.
Mit CardLink wird es schon bald einen vierten Einlöseweg für das E-Rezept geben. Sehen Sie darin eher Chancen oder Gefahren für die Präsenzapotheken?
Ich gehe davon aus, dass CardLink eine Übergangstechnologie sein wird. Das Verfahren nutzt die bestehende Struktur mit Konnektoren, Kartenterminals und anderen Komponenten und verlängert diese in das Smartphone der Anwender. Wenn die TI 2.0 kommt, die mit digitalen Identitäten und ohne die Hardware funktioniert, die wir aktuell noch verwenden, brauchen wir CardLink nicht mehr. Natürlich ist es für die Versender von Vorteil, dass es bei ihnen nur eine Kombination von TI-Komponenten, Apothekenverwaltungssystem und App gibt. Aber das bedeutet nicht, dass der gesamte Markt der öffentlichen Apotheken abgehängt ist. Auch wir werden zeitnah entsprechende Angebote machen können.
Sie setzen also auf das Angebot der standeseigene Digitalgesellschaft Gedisa, die ebenfalls ein CardLink-Verfahren bei der Gematik zur Zulassung eingereicht hat?
Ich setze auf alle aus der öffentlichen Apotheke heraus entwickelten Lösungen, die CardLink in unsere Webshops und Apps integrieren. Und natürlich ist die Gedisa ganz vorne mit dabei. Aber ich sehe kein großes Wettrennen um CardLink, wie es von den Medien gern dargestellt wird. Die Menschen, die wir Apotheken über Jahre an uns gebunden haben, werden nicht innerhalb von zwei, drei Monaten zum Versender wechseln, nur weil es da eine neue Technologie gibt. Meine Einschätzung ist: CardLink wird nicht der entscheidende Faktor im Markt werden. Dass Versender jetzt versuchen, CardLink als den Gamechanger zu verkaufen, der alles verändern wird, ist für mich eher ein Hilferuf. Das ist völlig übertrieben und wird so nicht kommen.
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