- DAZ.online
- News
- Politik
- Prävention und Frü...
BMG bringt Apotheker, Ärzte und Kassen an den Tisch
Prävention und Früherkennung – „nicht gegeneinander, sondern miteinander“
Anfängliche Missverständnisse zwischen Apotheker- und Ärzteschaft sind ausgeräumt, jetzt kann die konzertierte Aktion für eine bessere Früherkennung und Versorgung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen starten. Schon bald soll ein Gesetzentwurf vorliegen, erklärte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach nach „erkenntnisgewinnenden“ Gesprächen mit Vertreter:innen der Apotheker- und Ärzteschaft sowie der Krankenkassen. Der Minister betonte erneut die große Rolle der Apotheken in seinem geplanten „Vorbeuge-Gesetz“.
Ende September hatte es Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) beim Deutschen Apothekertag angekündigt: Er will mehr für die Vorsorge und Früherkennung tun – vor allem bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen, die in Deutschland für ein Drittel aller Todesfälle und die höchsten Kosten im Gesundheitssystem verantwortlich sind. Künftig sollen die Risiken für diese Erkrankungen früher erkannt werden – und Patienten, bei denen sie bekannt sind, stabil behandelt werden. Und bei all dem sollen auch die Apotheken eine aktive Rolle spielen.
Im Oktober wurden die Pläne schon etwas konkreter: Das Bundesgesundheitsministerium legte ein Impulspapier vor, das aufzeigt, wo in der Früherkennung und bei einer besseren Aufklärung angesetzt werden könnte. Es nannte auch schon Aufgaben, die Apotheken übernehmen könnten und zusätzliche Screenings, die in klassischen ärztlichen Vorsorgeuntersuchungen fließen sollen. So hieß es im Papier, Apotheken sollten enger „im Rahmen von Vorfeld-Untersuchungen zu den Checkups“ eingebunden werden: durch eine niedrigschwellige Beratung zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen und zu Früherkennungsangeboten, Cholesterinwert-Bestimmungen, Blutdruckmessungen, Blutzucker-Messungen und BMI-Berechnungen sowie eine Beratung zur Nikotinentwöhnung.
Mehr zum Thema
Impulspapier aus dem Bundesgesundheitsministerium
Herz-Kreislauf-Erkrankungen: So sollen Apotheken bei der Vorbeugung helfen
Der BundesgEsundheitsminister beim DAT
Lauterbach: „Sie verlieren nichts, Sie gewinnen nur Möglichkeiten"
Diesen Montag traf sich Lauterbach nun mit Vertretern der ABDA, des Deutschen Hausärzteverbands, des Berufsverbands der Kardiologen, der Deutschen Herzstiftung sowie der Krankenkassen, um auf Grundlage dieses Papiers das weitere Vorgehen zu besprechen. Und die Gespräche verliefen offenbar bestens – so konstruktiv, dass der Minister schon „in wenigen Wochen“ einen Gesetzentwurf vorlegen will, mit dem die Vorsorge und bessere Behandlung vorankommen soll. Denn eigentlich ist die missliche Lage seit zwanzig Jahren bekannt – doch bislang habe man nichts dagegen unternommen. Das erklärte Lauterbach in der Pressekonferenz nach dem Gespräch.
Neue Screenings, verbesserte Adhärenz
Neben den Vorfeld-Screenings in Apotheken, in denen Risikoträger:innen identifiziert werden sollen, die gar nicht erst zum Arzt gehen, geht es um neue Untersuchungen im Rahmen der Kinder- und Jugend-Vorsorgeuntersuchungen sowie den ärztlichen Check-ups ab 25, 35 und 50 Jahren. So soll etwa schon bei der U9 ein Lipid-Screening mit Fokus auf familiäre Hypercholesterinämie erfolgen. Zu den Untersuchungen sollen die Kassen ihre Versicherten gezielt einladen. Zudem soll besonderes Augenmerk auf die medikamentöse Behandlung von Patienten gelegt werden, bei denen Risikofaktoren ausgemacht sind oder die bereits ein kardiovaskuläres Ereignis hatten. Schließlich gebe es preiswerte und bewährte Arzneimittel mit wenig Nebenwirkungspotenzial, betonte Lauterbach. Doch diese müssen dauerhaft eingenommen werden – und daran hapert es, anders als in anderen Ländern, häufig. Und so wird es am Ende durch die Behandlung, durch Bypässe, Stents etc., sehr viel teurer. Einhergehen soll das Ganze mit einer öffentlichen Aufklärungskampagne. Auch die Apotheken, die mitmachen, sollen auf das Programm hinweisen – denn wichtig wird am Ende sein, dass ihre neuen niedrigschwelligen Angebote auch angenommen werden.
Schulz verweist auf gute Erfahrungen mit ARMIN
Martin Schulz, ABDA-Geschäftsführer Arzneimittel, war einer der Gesprächsbeteiligten, die nach dem Treffen mit Lauterbach vor die Presse traten. Er erklärte, dass die Apothekerschaft die Initiative des Ministers begrüße. Er verwies auf drei aus seiner Sicht besonders wichtige Punkte: Zum einen fühlten sich Patientinnen und Patienten sicher, wenn sich Arzt und Apothekerin gemeinsam und abgestimmt um sie kümmern – dies habe das ARMIN-Projekt eindrucksvoll gezeigt. Zudem gebe es bereits Kriterien, die mit der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie z. B. für Bluthochdruck und der Deutschen Diabetes Gesellschaft für Diabetes vereinbart und untersucht worden seien – sie zeigten, wann Menschen an die Hausärztin oder den Hausarzt verwiesen werden sollten. Und drittens müsse das Ganze natürlich auf einer „grundlegenden Stabilisierung der apothekerlichen und ärztlichen Aufgaben“ basieren – nur dann könne es erfolgreich sein.
Lauterbach: kein „Gefallen“ für die Apotheken
Lauterbach betonte, dass es um eine konzertierte Aktion gehe, bei der die beteiligten Berufsgruppen „nicht gegeneinander, sondern miteinander“ liefen. Apotheker:innen könnten durch die Erfahrungen, die sie bereits in Projekten gesammelt haben, einiges Vorwissen einbringen. Sie seien damit eine „wichtige Ressource“ in der niedrigschwelligen Früherkennung. Der Minister erklärte auch, dass er sich schon seit vielen Jahren dafür einsetze, Apotheker:innen stärker in derartige Aufgaben einzubeziehen. Es gehe also nicht darum, den Apotheken im gegenwärtigen Konflikt mit dem BMG „einen Gefallen“ zu tun, unterstrich er. Nun sollen alle Beteiligten weitere Vorschläge einbringen – insbesondere haben die Hausärzte zugesagt, Ideen zu unterbreiten, wie man die Adhärenz von Patienten erhöhen könne – und das in Zusammenarbeit mit den Apotheken.
Schulterschluss mit der Ärzteschaft scheint gelungen
Nachdem das Impulspapier bekannt geworden war, hatten diverse Ärzteverbände die neue Rolle der Apotheken kritisiert: Es wurde vor „Arztpraxen to go“, „Light-Anlaufstellen“ und „teuren Parallelangeboten“ gewarnt. Doch diese Dissonanzen sind offenbar Geschichte. Lauterbach sagte, er habe bei den heutigen Gesprächen beim Deutschen Hausärzteverband keine Vorbehalte feststellen können. Vielmehr habe man Missverständnisse ausräumen können. Die Behandlung der Patienten solle schließlich weiterhin durch die Hausärztinnen und -ärzte erfolgen. Das Screening in den Apotheken solle lediglich helfen, „behandlungsbedürftige Risikoträger in die Hausarztpraxen zu bringen“. Es gehe nur um Menschen, die bisher gar nicht versorgt wurden.
Früherkennung von herz-Kreislauf-Erkrankungen
BÄK-Chef: Apotheken sind keine Arztpraxen-to-go
Impulspapier zu Früherkennung
ABDA zu BMG-Präventionsplänen: „Nur im Schulterschluss mit Ärzteschaft“
Wie das neue Vorsorge-Programm finanziert wird und ob beziehungsweise wie die Apotheken in diesem Zusammenhang honoriert werden, ist bislang offensichtlich noch nicht ganz klar. Lauterbach ist jedoch überzeugt: „Die gesamte Maßnahme wird natürlich die Kosten im deutschen Gesundheitssystem senken“.
4 Kommentare
so funktioniert Politik - nur die ABDA begreift es einfach nicht
von Martin Straulino am 05.11.2023 um 10:36 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
Armselig
von Ed am 31.10.2023 um 11:15 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
falscher Film
von in dubiis am 30.10.2023 um 18:12 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
Keine Kapazität
von Dr. Radman am 30.10.2023 um 16:49 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.