Runder Tisch zu Long COVID

BfArM soll Arzneimittelliste zur Long-COVID-Behandlung erstellen

Berlin - 13.09.2023, 15:15 Uhr

Karl Lauterbach hat zum Runden Tisch Long COVID geladen. (Foto: imago images / Chris Emil Janßen)

Karl Lauterbach hat zum Runden Tisch Long COVID geladen. (Foto: imago images / Chris Emil Janßen)


Menschen, die nach einer Corona-Infektion langwierig beeinträchtigt sind, sollen leichteren Zugang zu Arzneimitteln erhalten. Eine BfArM-Kommission soll nun eine Liste mit Medikamenten erarbeiten, die für Long-COVID-Patienten auch außerhalb der Zulassung verordnet und bezahlt werden können. 

Für Long-COVID-Patienten, die zum Beispiel unter Erschöpfung, Schwindelgefühl oder Konzentrationsprobleme leiden, gibt es noch wenig Anlaufstellen – und wenn, sind die Wartezeiten oft lang. Um über Wege zu einer besseren Versorgung zu beraten, hat Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) am gestrigen Dienstag zum „Runden Tisch Long COVID“ geladen. Zu seinen Gästen zählten Betroffene sowie Expertinnen und Experten aus dem Gesundheitswesen und der Pharmaindustrie, diversen Organisation und Verbänden – allerdings nicht aus der Apothekerschaft.

Broich: Liste soll schnell kommen

Ein wesentliches Ergebnis des Treffens: Betroffenen Patienten soll der Zugang zu Arzneimitteln erleichtert werden. Konkret soll eine Kommission beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) eine Liste mit Medikamenten erarbeiten, die für Long-COVID-Patienten auch außerhalb der Zulassung verordnet und bezahlt werden können. Damit soll der teils schon praktizierte Einsatz auch rechtlich abgesichert werden. Die Liste solle sehr schnell kommen, auf jeden Fall noch in diesem Jahr, machte BfArM-Präsident Karl Broich deutlich.

Welche Arzneimittel genau im Blick stehen, blieb offen. Lauterbach sprach etwa von Mitteln bei Schlafstörungen, die auch bei Long COVID eingesetzt werden könnten. Die Leiterin der Immundefekt-Ambulanz an der Berlin Charité, Carmen Scheibenbogen, sagte, es gehe darum, Medikamente in der Breite verschreiben und zeitnah vielen Patienten helfen zu können. Dabei brächten die Mittel keine Heilung. „Aber sie versprechen oft eine sehr gute Symptomverbesserung.“ Dies betreffe Kreislaufprobleme oder Schmerzen.

6 bis 15 Prozent der Infizierten erkranken an Long COVID

„Die Therapie von Long-COVID-Erkrankten ist schwierig“, betonte der Minister. Es habe sich gezeigt, dass Spontanheilungen seltener seien, als erhofft. Auch Ursachen und Verläufe seien leider immer noch nicht ausreichend klar, obwohl es zuletzt wichtige neue wissenschaftliche Erkenntnisse gegeben habe. „Manche Medikamente können danach Leiden lindern, obwohl sie nicht speziell für diese Erkrankung entwickelt wurden.“ Doch die Therapie von Long-COVID-Erkrankten solle nicht an Formalien scheitern. 

Laut Ministerium ist davon auszugehen, dass zwischen 6 und 15 Prozent der Corona-Infizierten an Long COVID erkranken. Darunter versteht man teils schwere Beschwerden, die nach einer akuten Krankheitsphase von vier Wochen fortbestehen oder dann neu auftreten. Die Bezeichnung Post COVID beschreibt das Krankheitsbild mehr als zwölf Wochen nach einer Corona-Infektion.

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Lauterbach hatte bereits ein Long-COVID-Programm vorgestellt. Auf einem neuen Internetportal (www.bmg-longcovid.de) gebe es Hinweise auf Hilfsangebote, Informationen zum aktuellen Forschungsstand sowie Antworten auf die wichtigsten Fragen rund um Long COVID. Und zwar für Erkrankte, Arbeitgeber und Arbeitnehmer, sowie für Ärztinnen und Ärzte. Zusätzlich wurde ein Service-Telefon für Betroffene eingerichtet. 

Vorgesehen sind zudem 40 Millionen Euro als Forschungsförderung – dabei waren einst 100 Millionen Euro in Aussicht gestellt worden. Lauterbach kündigte an, er wolle versuchen, in den Etatberatungen im Bundestag nun noch weitere 60 Millionen Euro dafür zu gewinnen. Das sei „ein Minimum dessen, was wir brauchen“.

COVID ist keine Erkältungskrankheit

Für den Herbst und Winter riet der Minister, Maßnahmen zum Schutz vor neuen Infektionen zu ergreifen. „COVID ist keine Erkältungskrankheit.“ Ansteckungen brächten das Risiko eines schweren Verlaufs und von Long COVID mit sich. Das Immunsystem funktioniere nicht wie ein Oberarm, der bei häufiger Benutzung kräftiger werde. Er rate daher zu empfohlenen Impfungen für Menschen über 60 Jahre und mit Risikofaktoren. Ab kommender Woche ist der an neue Corona-Varianten angepasste Impfstoff verfügbar. Bei steigenden Fallzahlen könne auch Masketragen ratsam sein, gerade bei Risikogruppen. Ein zweiter Runder Tisch zu Long COVID soll laut Ministerium Ende des Jahres folgen.


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