Änderungsanträge zum ALBVVG

Weniger Nullretaxmöglichkeiten

Stuttgart - 20.06.2023, 13:04 Uhr

(Foto: IMAGO / Müller-Stauffenberg)

(Foto: IMAGO / Müller-Stauffenberg)


Die Proteste der Apotheker haben offenbar Wirkung gezeigt. Nullrexationen wegen Formfehlern sind demnächst Geschichte und wenn Rabattverträge nicht eingehalten werden, sollen Apotheken künftig nur auf ihr Honorar verzichten müssen. Einen entsprechenden Änderungsantrag haben die Regierungsfraktionen ins ALBVVG eingebracht.

Das Engpassgesetz (ALBVVG) wird wohl auf den letzten Metern noch die eine oder andere positive Wendung für die Apotheken bringen. Denn mit einem der Änderungsanträge, die der Redaktion vorliegen, soll in § 129 SGB V eine Regelung aufgenommen werden, die konkrete Vorgaben zu Retaxationen der Krankenkassen gegenüber Apotheken macht. So wurden fünf Fallgruppen gebildet, in denen eine Retaxation grundsätzlich ausgeschlossen ist. Demnach kann künftig nicht mehr retaxiert werden, wenn

  1. die Dosierangabe auf der Verschreibung fehlt,
  2. das Ausstellungsdatum der Verordnung fehlt oder nicht lesbar ist,
  3. die vom Gemeinsamen Bundesausschuss in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 festgelegte Belieferungsfrist von Verordnungen um bis zu drei Tage überschritten wird, es sei denn es handelt sich um Verordnungen nach § 39 Absatz 1a, Verordnungen von Betäubungsmitteln oder Verordnungen von Wirkstoffen, für die kürzere Belieferungsfristen festgelegt sind,
  4. die Abgabe des Arzneimittels vor der Vorlage der ärztlichen Verordnung erfolgt oder
  5. die Genehmigung der zuständigen Krankenkasse bei Abgabe des Arzneimittels fehlt und diese nachträglich erteilt wird.

Auch Nullretaxationen aufgrund von Nichterfüllung von Rabattverträgen sollen nicht mehr möglich sein. Gibt die Apotheke ohne Grund kein Rabattarzneimittel ab, ist eine Retaxation für das abgegebene Arzneimittel ausgeschlossen, heißt es. Es besteht dann nur kein Anspruch der abgebenden Apotheke auf die Vergütung nach § 3 Absatz 1 Satz 1 der Arzneimittelpreisverordnung, das heißt die Apothekenvergütung wird gestrichen, der Einkaufspreis jedoch erstattet. Dasselbe gilt mit Blick auf die neuen erweiterten Austauschregeln (künftig § 129 Abs. 2a SGB V), wenn im Falle von Engpässen die erforderlichen Verfügbarkeitsanfragen ganz oder teilweise fehlen.

Diese Neuerungen stehen allerdings unter Beobachtung: Der GKV-Spitzenverband hat dem Bundesministerium für Gesundheit bis zum 31. Dezember 2024 einen Bericht zu den Auswirkungen der Regelungen des neuen Retax-Absatzes sowie zu den erweiterten Austauschregeln vorzulegen.

Auch die Präqualifizierung soll größtenteils entfallen

Außerdem soll für Apotheken das Präqualifizierungsverfahren für apothekenübliche Hilfsmittel wegfallen. Die Präqualifizierung soll nur noch für Hilfsmittel, deren Anpassung erweiterte handwerkliche Fertigkeiten erfordern, oder die nicht zum üblichen Betrieb einer Apotheke gehören, wie zum Beispiel Blindenführhunde notwendig sein. Für was man sie künftig braucht und für was nicht, sollen die Kassen gemeinsam mit dem DAV festlegen. 

Das ALBVVG wird am Mittwoch (21. Juni) im Gesundheitsausschuss des Bundestags abschließend beraten. Der Ausschuss erstellt sodann eine Beschlussempfehlung fürs Plenum. Der Bundestag könnte das Gesetz dann ebenfalls noch diese Woche verabschieden – möglicherweise am Freitag.


Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


Diesen Artikel teilen:


1 Kommentar

Untauglich

von Michael Marxen am 20.06.2023 um 14:06 Uhr

Das ist leider mitnichten "Schluss mit Nullretax", sondern nur ein Ausschluss bestimmter Konstellationen. Die bösartigen unter den Kostenträgern werden die vielen anderen Vorwände zur Zahlungsverweigerung weiterverfolgen und neue (er)finden.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.