Prävention einer Nahrungsmittelüberreaktion

Lässt sich Erdnussallergie durch frühe Exposition vermeiden?

Stuttgart - 30.03.2023, 11:15 Uhr

Eine Allergie gegen Erdnüsse kann die alltägliche Lebensqualität der Betroffenen stark beeinflussen, da in vielen Produkten Spuren der Hülsenfrüchte enthalten sein können. (Foto: Corleto Peanut buttercorleto / unsplash)

Eine Allergie gegen Erdnüsse kann die alltägliche Lebensqualität der Betroffenen stark beeinflussen, da in vielen Produkten Spuren der Hülsenfrüchte enthalten sein können. (Foto: Corleto Peanut buttercorleto / unsplash)


Unter einer Erdnussallergie leiden 1 bis 2 Prozent der Europäer. Ein Großteil der allergieinduzierten Todesfälle geht auf das Konto dieser Überreaktion des Immunsystems. Außerdem nimmt die Häufigkeit zu. Eine Studie kommt zu dem Schluss, dass eine möglichst frühe Gewöhnung über die Ernährung zu einer verminderten Rate an Erdnussallergien führt.

Im Dezember 2021 wurde Palforzia, ein Erdnussprotein-haltiges Arzneimittel, in der EU für Allergiker zwischen 4 und 17 Jahren zugelassen, wie die DAZ berichtete. Die orale Immuntherapie kann die Toleranz gegen das Allergen erhöhen. In Zusammenspiel mit einer erdnussfreien Ernährung sollen lebensbedrohliche allergische Schocks vermieden werden. Im Rahmen einer frühen Nutzungsbewertung hat das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWIG) Palforzia unter die Lupe genommen und kam zu einem ernüchternden Ergebnis: Der Nutzen gegenüber alleiniger Vermeidung des Allergens sei gering, da das Arzneimittel täglich eingenommen werden muss und es zu systemischen Nebenwirkungen kommen kann. 

Doch was tun gegen Erdnussallergie? Eine Studie kommt nun zu dem Ergebnis, dass eine Überreaktion des Immunsystems gegen ein Protein in Arachis hypogaea durch frühe Gewöhnung im Säuglingsalter verhindert werden kann. Der präventive Ansatz könnte die Fallrate um über 70 Prozent senken, wie Berechnungen zeigen.

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Drei randomisiert kontrollierte Studien und eine Beobachtungsstudie über Erdnussallergie im Kindesalter beziehungsweise Desensibilisierung wurden zur statistischen Modellierung herangezogen. In den Studien wurden Kinder mit hohem oder niedrigem Risiko eine Erdnussallergie zu entwickeln eingeschlossen. Ferner wurde untersucht, wie sie auf unterschiedliche Zeitpunkte der Gewöhnung an Proteine aus der Hülsenfrucht reagierten. Kinder, die bereits eine Allergie gegen Erdnüsse entwickelt hatten, wurden teilweise inkludiert, um Risikofaktoren näher zu untersuchen. Die Risikoabschätzung basierte unter anderem auf klinischen Daten, zum Beispiel den Resultaten eines Allergietests. Um auf Grundlage dieser Angaben Aussagen treffen zu können, die für alle Altersklassen in der Gesamtpopulation gelten, wurde in der vorliegenden Analyse ein mathematisches Modell entwickelt.

Nach vier bis sechs Lebensmonaten Erdnussprodukte verzehren

Wenn Kinder im Alter zwischen vier und sechs Monaten Erdnussprodukte essen, sinkt die Wahrscheinlichkeit für eine Allergie gegen Erdnussproteine um 77 Prozent, so das zentrale Resultat der Analyse. Wurden die Samen des Schmetterlingsblütlers erst nach einem Lebensjahr in die Ernährung des Kleinkindes aufgenommen, wurde die Häufigkeit der Allergie nur um 33 Prozent reduziert. Kinder mit Ekzem, vor allem mit schwerem Ekzem, haben ein erhöhtes Risiko eine Erdnussallergie zu entwickeln und sollten daher nach vier Monaten exponiert werden; Kinder mit niedrigem Risiko nach einem halben Jahr.

In der Apotheke können Sie Eltern beraten, ihrem 4 bis 6 Monate altem Kind Erdnüsse in einer geeigneten Form anzubieten, zum Beispiel Erdnusscreme, -butter oder -puffer. Sobald feste Nahrung etabliert wird, kann diese auch die Hülsenfrucht beinhalten.

Wer hat ein höheres Risiko für Erdnussallergie?

Aus der Analyse ging auch hervor, dass nicht-weiße Kinder eine ungefähr doppelt so hohe Wahrscheinlichkeit haben, eine Erdnussallergie zu entwickeln. Ein schweres Ekzem und eine bereits bestehende Allergie gegenüber Eiern sind weitere Risikofaktoren. Da die Mehrheit der Erdnussallergie-Fälle bei Personen mit niedrigem Risiko auftreten, sollte generell eine frühe Etablierung in der Ernährung stattfinden – unabhängig vom Risikoprofil. Bei einem Großteil der Erdnussallergiker zeigt sich die Überreaktion vom Typ 1 (Soforttyp) zum ersten Mal innerhalb des ersten Lebensjahres, daher muss ein präventiver Ansatz deutlich davor stattfinden.


Juliane Russ, Volontärin DAZ
redaktion@daz.online


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