AKWL und AKNR vs. Shop Apotheke und ZAVA

Keine Revision: „Eine Entscheidung mit Signalwirkung“

Berlin - 15.02.2023, 15:15 Uhr

Diese Zusammenarbeit von Shop Apotheke und Zava war unzulässig. (Screenshot: shop-aptheke.com)

Diese Zusammenarbeit von Shop Apotheke und Zava war unzulässig. (Screenshot: shop-aptheke.com)


Es bleibt dabei: Die Werbeaktion, bei der die Shop Apotheke auf ihrer Webseite offensiv für die Konsultation des Telemedizinanbieters Zava warb, war wettbewerbswidrig und damit unzulässig. Der Bundesgerichtshof sah keine Veranlassung, die Revision gegen ein entsprechendes Urteil des OLG Köln zuzulassen. Die Apothekerkammern Nordrhein und Westfalen-Lippe, die das Verfahren gegen Shop Apotheke gemeinsam geführt haben, begrüßen die Signalwirkung dieser Entscheidung.  

Es gibt Plattformen für die verschiedensten Waren und Dienstleistungen. Für viele Angebote mag dies ein passender und einfacher Weg zu den Verbraucher:innen sein. Geht es um Gesundheitsleistungen oder besondere Waren wie Arzneimittel, gilt es allerdings eine Reihe gesetzlicher Vorschriften zu beachten. Nicht nur das Heilmittelwerberecht macht strenge Vorgaben, auch das Apothekenrecht macht zum Schutz der Verbraucher:innen und deren Gesundheit klare Ansagen.

Das Feld der medizinischen Fernbehandlung über das Internet ist noch relativ neu; forsche Anbieter, die sich gerne einen Sitz in Ländern mit weniger strengen Gesetzen als in Deutschland suchen, testen hierzulande noch die Grenzen aus. Erste höchstrichterliche Gerichtsentscheidungen gibt es aber bereits. Manche Anbieter versuchen sich auch mit Kooperationen. So dachten sich der niederländische Arzneimittelversender Shop Apotheke und der mittlerweile in Irland ansässige Telemedizinanbieter Zava, es sei eine gute Idee, den Menschen Hand in Hand ganz bequem online zu Rezept und Arzneimittel zu verhelfen – zumal im Jahr 2020, als die Corona-Pandemie ihren Höhepunkt erlebte.

Doch unter anderem die Apothekerkammern Nordrhein (AKNR) und Westfalen-Lippe (AKWL) sahen das gemeinsame Vorgehen kritisch. Auf der Webseite der Shop Apotheke fand man direkt den Zugang zu Zava. Bei Zava konnten (und können) sich Patient:innen eine Indikation „aussuchen“, einen medizinischen Fragebogen ausfüllen und dann ein Rezept erhalten. Das Arzneimittel gab es von der Shop Apotheke – wenn man schon von dort seine Patientenreise startete – oder man konnte es bei einer Wunsch-Apotheke einlösen.

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Hierin sahen die Kammern einen Verstoß gegen das in § 11 Apothekengesetz (ApoG) normierte Verbot der Patientenzuführung sowie eine nicht zulässige Bewerbung für eine Fernbehandlung (§ 9 Heilmittelwerbegesetz) mittels Online-Fragebogen. Darüber hinaus hielten sie am Vorgehen der beiden Unternehmen einiges für irreführend – etwa den fehlenden Hinweis, dass Zava nicht in Deutschland ansässig ist. Und so zogen die Kammern gemeinsam gegen Shop Apotheke vor Gericht und machten wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche geltend.

Bereits im Oktober 2021 gab das Landgericht Köln der Klage statt. Insbesondere in der Darstellung der Zusammenarbeit sah man hier einen Verstoß gegen das Zuweisungsverbot nach § 11 ApoG. Ebenso bejahte das Gericht einen Verstoß gegen das Fernbehandlungswerbeverbot. In den von Zava angebotenen Indikationen sei nach allgemein anerkannten fachlichen Standards ein persönlicher ärztlicher Kontakt mit dem zu behandelnden Menschen nämlich erforderlich. Auch hinsichtlich der Irreführungsaspekte folgte das Gericht der Argumentation der Kammern. Auf die Berufung der Shop Apotheke bestätigte das Oberlandesgericht Köln im vergangenen Juni die erstinstanzliche Entscheidung. Die Revision ließ es nicht zu. Daraufhin legte Shop Apotheke Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesgerichtshof (BGH) ein. Doch auch damit kamen die Niederländer nicht weiter.

Bundesgerichtshof sieht keinen Revisionsgrund

Wie AKWL und AKNR am heutigen Mittwoch mitteilen, haben die Karlsruher Richter:innen die Beschwerde zurückgewiesen. Es liege kein Revisionsgrund vor und auch eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof hält der BGH nicht für erforderlich (Beschluss vom 9. Februar 2023, Az.: I ZR 114/22).

Bei den Kammern freut man sich über diese „Entscheidung mit erheblicher Signalwirkung“. AKWL-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening und AKNR-Präsident Armin Hoffmann betonen in einer gemeinsamen Pressemitteilung, dass ihnen Geschäftsmodelle, bei denen die Vorzüge der Telemedizin dahingehend missbräuchlich genutzt werden, dass Patienten einzig und allein durch das Ausfüllen von Fragebögen zu einer Verordnung gelangen, „schon lange ein Dorn im Auge“ seien. Dem trete man konsequent entgegen, um Patientinnen und Patienten zu schützen.

Apotheken vor fragwürdigen Rezepten schützen

Dass Apothekerkammern kritisch auf Telemedizinanbieter blicken, ist nicht abwegig – zumal nicht, wenn dabei der Arzneimittelbezug in den Vordergrund gerückt wird. „Wir müssen unsere Kammerangehörigen und die Teams in den Apotheken davor schützen, dass sie mit Verschreibungen konfrontiert werden, die das Ergebnis von fragwürdigen telemedizinischen Dienstleistungen sind und bei denen die anerkannten medizinischen Standards nicht eingehalten werden“, erklärt Bettina Mecking, Justiziarin der AKNR. „Immer wieder werden wir von unseren Kammerangehörigen mit der Frage konfrontiert, wie mit diesen Verschreibungen umzugehen ist. Bestehen erhebliche Zweifel an der Ordnungsgemäßheit der Verschreibung, so können wir es den Apothekerinnen und Apothekern sowie PTA nicht zumuten, hier die Arzneimittel auszugeben.“

AKWL-Justiziar Sören Cromberg verweist darauf, dass die Situation für die Teams nicht immer einfach sei – schließlich unterliegen die Apotheken grundsätzlich dem Kontrahierungszwang. „Uns geht es darum, die gesetzlichen Vorgaben weiter zu schärfen, damit sich unsere Kammerangehörigen und ihre Mitarbeiter vor Verschreibungen dieser Art schützen können und sich nicht dem Risiko ausgesetzt sehen, in diesen Fällen durch die Abgabe von Arzneimitteln gegen das Arzneimittelrecht zu verstoßen“, erklärt Cromberg.

Persönlicher Kontakt ist und bleibt Goldstandard

Den BGH-Beschluss empfinden die Kammern als Bestätigung, auch weitere derartige Konzepte unterbinden zu lassen. Der Schulterschluss mit den Ärzten sei dabei von großer Bedeutung, da es auch nicht in ihrem Interesse sei, dass durch derartige Geschäftsmodelle der persönliche Kontakt zum Patienten nach und nach schwinde. Der persönliche Kontakt, gleich ob in der Arztpraxis oder in der Apotheke, ist nach Auffassung der Kammern nach wie vor der Goldstandard, der an der einen oder anderen Stelle durch alternative Leistungsangebote ergänzt, aber nicht verdrängt werden darf.


Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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