Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

23.10.2022, 07:30 Uhr

Die Erhöhung des Kassenabschlags kommt – hätte dies mehr Streik, mehr Widerstand verhindert? Vielleicht!  (Foto: Alex Schelbert) 

Die Erhöhung des Kassenabschlags kommt – hätte dies mehr Streik, mehr Widerstand verhindert? Vielleicht!  (Foto: Alex Schelbert) 


In dieser Woche war Apothekenstreik. Nur am Mittwochnachmittag und nur in vier Bundesländern. Was hat’s gebracht? „Wir haben das geschafft, was wir wollten“, sagen die einen,   „wir haben Zeichen gesetzt“. Und die anderen: Der Streik kam zu spät, zu zögerlich, zu wenig Aufmerksamkeit. Das Echo vom Bundestag: Am Tag darauf wurde das Spargesetz verabschiedet – das Apothekenhonorar wird für zwei Jahre gekürzt. Die ABDA: ein schwarzer Tag für die Apotheken. So sieht’s aus. Was lernen wir daraus? Das Streikpotenzial ist vorhanden, aber man muss uns auch lassen. Zu spät die Zeichen zu setzen, reicht halt nicht. 

17. Oktober 2022

Nein, er ist vermutlich kein Nerd, kein E-Rezept- und kein E-Patientenakten-Fan: Andreas Gassen, Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV). Mit dem E-Rezept mag er sich nicht anfreunden. So wie auch die meisten der Ärztinnen und Ärzte den Anschein erwecken, mit der Umstellung aufs Digitale zu hadern: Warum etwas ändern, läuft doch auch so ganz gut. Und so hört man immer wieder von KBV-Seite äußerst kritische Töne zum E-Rezept: Klappt nicht, funktioniert nicht, unnötig und hemmt nur die Praxen in ihrer Arbeit. In der Tat, angesichts der vielen Pannen mit Hard- und Software, der ständig verschobenen Einführungstermine und E-Rezept-Starts kann man durchaus geneigt sein, den Ansichten des KBV-Chefs etwas abzugewinnen, wenn er jetzt fordert: Alles zurück auf Null, Schluss mit den nicht funktionierenden Technologien, wir brauchen einen kompletten Neustart. Kostet zwar ein paar Milliarden, aber so wie es jetzt läuft, wird auch viel Geld verbrannt. Mein liebes Tagebuch, mit dieser putzigen Forderung nach einem Neustart wird sich Gassen natürlich nicht durchsetzen, denn eigentlich läuft vieles bereits wenn auch noch nicht rund, aber doch zu gut, als dass man den Restart-Knopf drücken müsste. Sicher, an der einen oder anderen Stelle gibt’s einiges nachzubessern, aber prinzipiell lassen sich E-Rezepte ausstellen, einlösen und abrechnen. Vielleicht liegt vieles auch am Wollen der Ärzte und ihrer Funktionäre: Ein bisschen mehr Aufgeschlossenheit, ein bisschen mehr Pragmatismus bitte, wir Apothekers haben es doch auch geschafft. Das E-Rezept kann funktionieren – solange wir Strom haben.

 

Apropos Pragmatismus: Wenn das E-Rezept auch bei den Menschen, bei den Patientinnen und Patienten auf Gefallen stoßen soll, dann muss der Umgang damit so einfach wie möglich sein, ohne komplizierten Einsatz von NFC-fähigen Smartphones und Apps. Die elektronische Gesundheitskarte (eGK) kann den Durchbruch bringen, wenn man sie denn lässt. Der Datenschutz hat vor Kurzem Nachbesserungen bei der eGK gefordert und sie erstmal gestoppt, sicher zurecht, denn eine PIN müsste das Mindeste sein, um den Zugang zu den Daten zu schützen. Jetzt sind Gematik und Datenschutz im Gespräch auf der Suche nach einer praktikablen und sicheren Lösung. Die Gematik setzt auf eine Art „Sicherheitsschloss“, wie auch immer, und hofft, dass der Datenschutz dies so toleriert. Mein liebes Tagebuch, man kann wirklich nur hoffen, dass die eGK rasch und sicher einsetzbar wird, denn nur sie wird den großflächigen Durchbruch fürs E-Rezept bringen. Und bis dorthin können wir noch ein paar Monate mit dem Papier-Token und den Apps üben.



Peter Ditzel (diz), Apotheker / Herausgeber DAZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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12 Kommentare

Mein liebes Tagebuch

von Bernd Haase am 23.10.2022 um 16:53 Uhr

Liebe ADEXA,

Alle Mitarbeiter der öffentlichen Apotheken benötigen eine Zukunftsperspektive.

Die Gehälter, die in den Apotheken gezahlt werden sind auf dem Arbeitsmarkt nicht mehr wettbewerbsfähig.

Eine notwendige Forderung für die Angestellten in den Apotheken wäre eine Übernahme der Tarifverträge, wie Sie im öffentlichen Dienst für die Mitarbeiter der Klinikapotheken gelten.

Tarifverträge kann man kündigen.

Tarifverhandlungen können scheitern.

Sie müssen keine Tarifverträge akzeptieren, die auf Arbeitgeberseite nicht gegenfinanziert werden.

Es hilft den Angestellten in den Apotheken nicht wenn Ihre Arbeitgeber finanziell ausbluten.

Bitte nehmen Sie den Kampf auf.

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Fragen über Fragen

von Karl Friedrich Müller am 23.10.2022 um 10:57 Uhr

passiert noch was?
wird geklagt? Eine echte Begründung für die Erhöhung des Kassenabschlags gibt es nicht. Zudem müsste die Regierung auf die schlechte Lage reagieren und das Honorar anpassen?
Sind wir beim Hartz4 angekommen? Die Begründung lässt es vermuten. Bekommst Du irgendwoher Geld, wird es Dir beim Honorar abgezogen. Das ist Abstrus. Wir haben die geforderte Leistung erbracht, sind gemäß Vereinbarung bezahlt worden und nun will man das Geld zurück? Ich sag hier nurn mal Maskendeals! Geld zurück.!
Überhaupt ließe sich das hervorragend auf die Nebeneinkünfte der Politiker anwenden. Da bekämen einige keine Diäten mehr. Das ist problematisch. SInd solche Abgeordnete überhaupt noch dem Staat verpflichtet? oder stellen die Diäte nur noch ein zusätzliches Taschengeld dar? (wie sind Lindners Immobiliengeschäte zu bewerten?)
Wieso sollen ausgerechnet Apotheken für das Defizit der KK bezahlen und sonst niemand? Hersteller vielleicht noch?
Wie hoch ist das Defzit wirklich?
Wieso bezahlt der Staat nicht die Kosten, die er den Kassen aufgeladen hat? Gäbe es dann überhaupt ein Defizit?
Heißt doch, dass die Falschen belastet werden.Der Staat, Herr Lauterbach machen es sich bequem. wie so oft.
Man könnte die Beitagsgrenzen anheben oder völlig aufheben. Alle Einkommen heranziehen. Damit würde der Beitragssatz massiv sinken. Früher war das Weihnachtsgeld weitgehend beitragsfrei.
Die Angesteellten werden nun voll belastet. Warum nur die? wo es doch bei anderen viel mehr zu holen gibt? Ungerecht:

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ABDA! tun Sie was!

von Dr. Radman am 23.10.2022 um 10:37 Uhr

… und was gedenkt die ABDA jetzt zu tun?. Einfach so hinnehmen? Das wäre erbärmlich. So geht es nicht weiter.

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AW: ABDA! tun Sie was

von Anita Peter am 23.10.2022 um 10:45 Uhr

"und was gedenkt die ABDA jetzt zu tun?"

Nichts.

"Einfach so hinnehmen?"

Natürlich, auch die ABDA will die Apothekenzahl massiv reduzieren.

Großartig, was da passiert ist!

von Ulrich Ströh am 23.10.2022 um 9:35 Uhr

Es stellen sich nach der Arbeitsniederlegung einige Fragen :
Warum wurde die ADEXA nicht mitgenommen?

Warum schreibt die ADEXA : Zu wenig , zu spät ..?

Nordrhein machte das Licht in Apotheken kurz an und aus,in Berlin und Bayern passierte am Streiktag wenig bis nichts und in Itzehoe wurde ein Zelt aufgebaut..
Gewollte Vielfalt oder völlig unkoordiniert ohne zentrale Streikbotschaft?

Großartig, was da passiert ist ! ! !So die Kommentierung führender Verbandsvertreter!
Wirklich?

Resultat am Donnerstag:
Verabschiedung des Apothekenspargesetzes durch den Bundestag und keine Beachtung in überregionalen Medien!

Respekt habe ich vor den Kollegen, die sich am Mittwochnachmittag vor ihre Apotheken gestellt haben und nicht nur abgeschlossen haben .

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Protest

von Conny am 23.10.2022 um 9:01 Uhr

Der nächste knallharte Protest steht nach meinen Insiderinformationen kurz bevor: keine Grippeimpfung am Sonntag

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Realitätsverlust

von Linda F. am 23.10.2022 um 8:59 Uhr

Diese Woche wurde ein Gesetz verabschiedet, dass die Apotheken völlig ungerechtfertigt brutal hart trifft und tausende Apotheken in akute wirtschaftliche Bedrängnis bringt. Und hier im Tagebuch spricht man fast nur vom E-Rezept… Thema verfehlt!

» Auf diesen Kommentar antworten | 2 Antworten

AW: Realitätsverlust

von Peter Ditzel am 23.10.2022 um 10:11 Uhr

Hallo, Linda F., möglicherweise haben Sie nur den Tagebucheintrag vom 18. 10. gesehen. Schauen Sie doch mal die Einträge an den weiteren Tagen an... Schönen Sonntag.

AW: Realitätsverlust

von Karl Friedrich Müller am 23.10.2022 um 10:24 Uhr

DAZ und Ditzel stehen zu 100% hinter Frau O und der ABDA. Vollkommener Realitätsverlust und Kritiklosigkeit.
DAV und ABDA waren gegen den Streik, man Rat nur als ob, um die Gemüter etwas zu beruhigen. Nun kommen noch ein paar Allgemeinplätze und hofft dann, dass die Sache beerdigt ist.
Beerdigt ist allenfalls die Motivation bei einigen. Die anderen laufen halt schneller im Hamsterrad, noch nach Apothekerart. Nur, ob das die Mitarbeiter/innen so mitmachen, ist die Frage.
Der Kassenabschlag alleine bringt uns nicht um. Es ist hat eine Ohrfeige, eine Ungerechtigkeit und mangelnde Wertschätzung. Was uns umbringt, ist die Summe der Kostensteigerungen mit gestrichenen Rabatten und eben des Kassenabschlags. Wir sind am Ende der Leiter und können nichts weitergeben.
Die Krankenhäuser drohen mit weniger Leistungen in vergleichbarer Lage. Von uns kommt nichts, nur die Anfrage, was wir noch ohne Bezahlung tun können.
Die ABDA UND DAV müssen komplett zurücktreten.

.

von Anita peter am 23.10.2022 um 7:41 Uhr

"Was lernen wir daraus?"

Was hat die ABDA aus den Mißerfolgen der letzten 20 Jahre gelernt? Genau. Nichts. Ohne Lernfähigkeit und Chuzpe geht die Reise eben weiter...

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AW: .was lernen wir daraus 2:

von Dr.Diefenbach am 23.10.2022 um 9:32 Uhr

---Solange das SO abläuft, wird eine Aktion der Praxis NIE richtige Erfolge bringen,weder Hessen noch Bayern uä.haben doch reagiert, vereinzelte Aktionen nimmt das politische Geschäft nicht wahr,dies ist doch inzwischen bekannt.Es hilft nur die gesamte !!!! Gruppe, und DIE wird es niemals geben.Und die Geschichte mit Herrn Habeck,also wie peinlich ist das denn?Da wird doch die praktische Pharmazie nicht (mehr) ernst genommen.So ist es halt bei Apothekers,Ganz "oben" das bloss nie irgendwo anecken -feeling,die Basis ist ZU RECHT nur noch verärgert.Und dass nicht viel mehr KollegInnen nach der KERNSTRUKTUR des Ganzen fragen,wundert mich.Ich höre und hörte ja immer:Die Hinterzimmerdebatten sind viel effizienter.DAVON ist NICHTS übrig.Alles Andere wäre ein Wunder..

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