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NARZ-Mitgliederversammlung
Graue betont Bedeutung der Rechenzentren und sieht Retax-Sorgen bei E-Rezepten
Bei der Mitgliederversammlung des Norddeutschen Apothekenrechenzentrums (NARZ) am Samstag in Hamburg bot der NARZ-Vorstandsvorsitzende Dr. Jörn Graue einen Überblick über das berufspolitische Umfeld. Die Rechenzentren würdigte er als „unentbehrliche Schnittstelle“ im Gesundheitswesen. Doch mit dem E-Rezept kämen noch „Knacknüsse“ auf die Beteiligten zu, darunter auch Retax-Sorgen. Graue wurde als Vorstandsvorsitzender wiedergewählt.
In seinem Bericht bei der NARZ-Mitgliederversammlung erinnerte Graue zunächst an Entwicklungen in der Pandemie. Viele Maßnahmen, die schon den normalen Alltag erleichtert hätten, seien „wie von Zauberhand zeitnah“ umgesetzt worden. „Die Pandemie war die Stunde der Exekutive, mit zeitweilig schon abenteuerlich anmutenden und verfassungsrechtlich zumindest zweifelhaften Befugnissen des ehemaligen Gesundheitsministers“, sagte Graue.
Angesichts der vielen Leistungen der Apotheken in der Pandemie, der steigenden Kosten für Energie und Personal und der Rabattkürzungen des Großhandels könne das von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) initiierte Spargesetz nur noch als Schlag ins Gesicht der Apothekerschaft empfunden werden. Vor dem Hintergrund des seit 15 Jahren anstehenden Inflationsausgleichs und verweigerter Honorarerhöhungen erscheine es grotesk, dass gerade bei den Apotheken, die nur 1,9 Prozent der GKV-Kosten verursachen, nicht vorhandene Effizienzreserven gehoben werden sollen, betonte Graue.
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Die Forderung an die Verhandlungsführer in Berlin könne nur sein: „Schafft Grundlagen, die das wirtschaftliche Überleben nicht nur großer Einheiten, sondern auch der lebensnotwendigen Einzelapotheke auf dem Land und in der Stadt, die wir alle für die flächendeckende Versorgung benötigen, garantieren“, erklärte Graue und erneuerte seine oft geäußerte Kritik an der fehlenden Anpassung für die geltende Rx-Preisbildung. „Die verpassten Gelegenheiten sind wie schwarze Löcher, aus denen die Dämonen schauen.“ Angeblich habe diese Preisbildung die Apotheker vor allem Übel schützen sollen. Zu dieser Tragödie gehöre auch, dass „die Handelnden alles tun, um ihrem Schicksal zu entgehen, aber dadurch ihm immer näherkommen“. Graue betonte, man war vor der Achillesferse gewarnt worden.
Außerdem müsse der Gesetzgeber endlich für die Gefahren sensibilisiert werden, die vom expandierenden Internethandel, Lieferdiensten und Start-ups ausgingen, sagte Graue. Man könne die ausländischen Versender nicht glauben lassen, sie wären unantastbar. Gesetzgeber, Exekutive und Gerichte müssten dort ebenso eingreifen wie bei solchen Lieferdienstkonzepten, die eine unzulässige Umsatzbeteiligung vorsehen, forderte Graue. Er warnte auch vor Plattformen, „die Telemedizin und telepharmazeutische Dienstleistungen für teures Geld verknüpfen und einen Vertriebsweg eröffnen, der auf Sicht die Fundamente unseres Apothekenwesens zu zerstören droht“.
Retax-Sorgen zum E-Rezept
Das E-Rezept bleibe allerdings auch ein Problem für die Apotheken vor Ort. Auf die Apotheken kämen dabei „nicht nur Knacknüsse bei der technischen Umsetzung und der Kommunikation mit den Patienten zu“. Auch die Verhinderung von Retaxationen werde leider vielfach unterschätzt, mahnte Graue und erwähnte beispielhaft die europarechtliche Gültigkeit der Quittungssignatur, versehentliche Abweichungen zwischen verordnendem und signierendem Arzt, falsche Schreibweisen des Kostenträgers, Abweichungen vom Artikelstamm und Änderungen des Zuzahlungsstatus zwischen Ausstellung und Einlösung des Rezepts. Wenn dies eine Retax-Welle auslösen sollte, wäre das nicht mehr hinzunehmen, folgerte Graue.
Rechenzentren als verlässliche Schaltstelle
In diesem Zusammenhang erklärte Graue: „Die Rechenzentren entwickeln sich dabei immer mehr zu einer wirklich unentbehrlichen Schnittstelle unseres Gesundheitswesens.“ Sie seien praxisorientiert, die Politik schätze sie als verlässliche Institution, außerdem seien sie „Schaltstation in der nicht immer störungsfreien Kommunikation mit den Krankenkassen“ und „verlässlicher Basisbaustein funktionierender Arzneimittelversorgung“.
Die Direktabrechnung könne dazu niemals eine Alternative sein, folgerte Graue. Die AvP-Pleite habe das Vertrauen in die Rechenzentren zumindest kurzzeitig erschüttert. Doch dagegen verwies Graue auf die Konzeption des NARZ, das schon seit Jahrzehnten die nun vorgeschriebenen gesondert zu führenden Treuhandkonten nutze, und auf die „solide Finanzpolitik“ dieses „mitgliedergetragenen Vereinskonstrukts“. Das NARZ betreibe keine Gewinnmaximierung oder Expansionspolitik, sondern setze die Rücklagen dort ein, „wo sie für das einzelne Mitglied Wirkung entfalten“.
Uni-Kooperation zur Personalgewinnung
Als wesentliche Herausforderung für das NARZ sieht Graue die Personalakquisition. Der Flaschenhals für die Umsetzung von IT-Projekten und damit die Zukunftsfähigkeit sei das IT-Personal, das von allen Branchen umworben werde. Dazu habe das NARZ eine Kooperation mit der Bremer Jakobs-Universität begründet. Dabei gehe es um den Bedarf von 30 bis 35 hochspezialisierten IT-Entwicklern. Außerdem verwies Graue auf die breit aufgestellte Leistungspalette des NARZ, zu der die Warenwirtschaft, weitere Dienstleistungen und als neues Projekt die Abrechnung von Krankenhausapotheken gehören.
Geschäftsführer Mark Beushausen betonte in seinem Bericht die Bedeutung dieser Diversifizierung für das NARZ und berichtete über einen erfolgreichen Abschluss des Geschäftsjahrs 2021. Durch Umsatzsteigerungen seien die gestiegenen Kosten aufgefangen worden. Die Eigenkapitalquoten der Konzernunternehmen lägen „auf gewohnt exzellentem Niveau“, beim NARZ seien es 92 Prozent.
Graue und drei Beisitzer wiedergewählt
Nach fast 40 Jahren an der Spitze des Unternehmens betonte Graue, das NARZ sei ihm eine Herzensangelegenheit, die ihn weiterhin fasziniere. Daher kandidiere er bei der turnusmäßigen Vorstandswahl erneut. Anschließend wurden Dr. Jörn Graue als Vorstandsvorsitzender sowie die Beisitzer Andreas Haese, Birger Peters und Dr. Ulf Siuts jeweils einstimmig für weitere drei Jahre gewählt.
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