Für wen eignet sich Melatonin?
DAZ: Kann Melatonin jedem Schlaflosen helfen?
Stahl: Man sollte vielleicht zunächst festhalten, dass Melatonin kein klassisches Hypnotikum wie ein Benzodiazepin ist, sondern ein Hormon, das an der Regulation des Tag-Nacht-Empfindens beteiligt ist. Fehlt es einem nicht an endogenem Melatonin, besteht prinzipiell auch kein Bedarf, dieses zu supplementieren. Das herauszufinden, ist gar nicht so einfach. Aber auch bei niedrigen Melatonin-Spiegeln, zum Beispiel im Alter, müssen nicht zwangsläufig Schlafstörungen resultieren. Vielleicht noch ein Gedankengang in die entgegen gesetzte Richtung: Bekanntermaßen spielt auch Cortisol eine große Rolle bei der Regulation des fein abgestimmten Tag-Nacht-Rhythmus, sozusagen als Gegenspieler von Melatonin. Niemand käme auf die Idee, dieses Hormon zum besseren Durchstarten in den Tag leichtfertig einzunehmen.
Um zum Ursprung der Frage zurückzukommen, sollte einen zunächst beschäftigen, woher der schlechte Schlaf rührt oder woran man überhaupt festmacht, dass man unter Schlafstörungen leidet. Und hier sehe ich eine große Chance, wenn Betroffene mit der Vorstellung, Melatonin könne ihnen vielleicht helfen, in die Apotheke kommen. Klar ist, dass Personen mit unbehandelten Depressionen und Angststörungen nicht versuchen sollten, Schlafstörungen, die Ausdruck ihrer Krankheit sind, mit Melatonin selbst zu therapieren. Auch Schlafstörungen aufgrund von organischen Erkrankungen gehören nicht in die Rubrik Selbstmedikation. Hier sind Ärzte und Therapeuten gefragt, um einerseits zugrundeliegende Erkrankungen oder Schmerzen zu behandeln, wodurch sich wiederum der Schlaf bessert, und ferner Strategien mit psychisch erkrankten Betroffenen zu entwickeln, um ihnen beispielsweise Sorgen und Ängste zu nehmen. Echte Schlaferkrankungen, wie eine Schlafapnoe, müssen darüber hinaus im Schlaflabor abgeklärt werden.
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Wert der Ausbildung
von Thomas Kerlag am 18.03.2022 um 8:50 Uhr
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