Nach dem Stopp der Ausstellung

IT-Experte: Für Impfzertifikate brauchen Apotheken das DAV-Portal nicht

Stuttgart - 29.07.2021, 17:50 Uhr

Manuel Blechschmidt hat mit seiner Firma Incentergy und dem Institut für angewandte Informatik in Leipzig das Zertifikatemodul zur Ausstellung von COVID-19 –Impfzertifikaten auf Ausschreibung des BMG hin mitentwickelt. (Foto: privat)

Manuel Blechschmidt hat mit seiner Firma Incentergy und dem Institut für angewandte Informatik in Leipzig das Zertifikatemodul zur Ausstellung von COVID-19 –Impfzertifikaten auf Ausschreibung des BMG hin mitentwickelt. (Foto: privat)


Die Ausgabe der Impfzertifikate über das Portal des DAV war zeitweise gestoppt, nachdem sich zwei IT-Experten mit gefälschten Dokumenten Zugang als Fake-Apotheke verschafft haben. Gut eine Woche saßen Apotheken, was Impfzertifikate angeht, auf dem Trockenen. Laut dem IT-Experten Manuel Blechschmidt musste das nicht sein. Technisch hätten die Apotheken alle Voraussetzungen gehabt, dasselbe System wie die Ärzte und Impfzentren zu nutzen – wenn man sie ließe.

Über eine Woche konnten Apotheken nun keine digitalen Impfzertifikate ausstellen. Seit dem heutigen Donnerstag ist das entsprechende Modul auf dem DAV-Portal zurück. In den einzelnen Apotheken können dem ADAS zufolge dafür allerdings teilweise noch Interventionen seitens der TI-Anbieter notwendig sein. So kann es sein, dass noch Updates nötig sind, im Einzelfall kann auch ein Techniker in die Apotheke kommen müssen. 

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Aber war die Pause bei der Ausstellung überhaupt notwendig? Laut IT-Experte Manuel Blechschmidt eigentlich nicht. Denn es gibt eine Lösung. Und es gab sie die ganze Zeit: Die, die auch Ärzte und Impfzentren nutzen und die gemäß der BMG-Ausschreibung über die TI läuft. Die vom DAV etablierte Parallellösung tat das ja bekanntermaßen bislang nicht. Blechschmidt hat das Zertifikatemodul zur Ausstellung von COVID-19-Impfzertifikaten auf Ausschreibung des BMG hin mitentwickelt. Gefragt war eine Lösung, die einfach und kompatibel in die bestehenden Systeme der Arztpraxen integriert werden kann, sodass alle Ärzt:innen aus ihrer gewohnten Umgebung heraus den Patienten und Patientinnen ein COVID-19-Zertifikat erstellen können. Blechschmidt hat mit seiner Firma Incentergy und dem Institut für angewandte Informatik in Leipzig, das ebenfalls in die Entwicklung involviert war, auf eine Webanwendung gesetzt. Fünf Anbieter von Praxissoftware hätten diese mittlerweile implementiert. Um Impfzertifikate auszustellen, braucht man laut dem IT-Experten, der das Ganze auch auf seinem YouTube-Kanal erklärt, lediglich eine Internetverbindung, einen TI-Anschluss und eine SMC-B plus Lesegerät – also Dinge, die in den meisten Arztpraxen, aber eben auch in Apotheken vorhanden sind.

Kein Serverzugriff für Apotheken

Einfach loslegen können Apotheken aber derzeit nicht. „Wenn man sich mit der SMC-B als Apotheke ausweist, wird man vom Server abgewiesen“, erklärt Blechschmidt gegenüber der DAZ. Den Grund dafür kennt er nicht. „An der Technik liegt das auf jeden Fall nicht“, so der IT-Experte. Man habe gegenüber IBM, die das System gebaut haben, Interesse bekundet, dass Apotheken angebunden werden. Gehört habe man aber nichts mehr. Eine Nachfrage der DAZ bei IBM blieb bislang unbeantwortet.

Blechschmidt versteht nicht, warum man den Apotheken nicht parallel zum DAV-Portal zeitnah die Möglichkeit gegeben hat, über die TI Zertifikate auszustellen. Sachliche Gründe gibt es seiner Ansicht nach nicht. Dann hätte sich auch das Problem mit den Nicht-Verbandsmitgliedern gar nicht gestellt. Und Apotheken hätten auch nach dem Abschalten des Moduls auf dem DAV-Portal einfach weiter Zertifikate ausstellen können – da räche sich nun die Monopolstellung des DAV. Blechschmidt würde sich wünschen, dass Apotheken möglichst schnell auch Zugang zu dem Server bekommen, der bislang Arztpraxen und Impfzentren vorbehalten ist.


Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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