Corona-Impfungen vorerst nur bei Vertragsärzten

Privatarzt klagt gegen Impf-Ausschluss

Dresden - 12.04.2021, 10:45 Uhr

Bisher wird nur in Vertragsarztpraxen gegen COVID-19 geimpft. Die Privatärzt:innen fühlen sich und ihre Patient:innen benachteiligt. (Foto: IMAGO / Wilhelm Mierendorf)

Bisher wird nur in Vertragsarztpraxen gegen COVID-19 geimpft. Die Privatärzt:innen fühlen sich und ihre Patient:innen benachteiligt. (Foto: IMAGO / Wilhelm Mierendorf)


Die Impfstoffe gegen das Coronavirus dürfen von Apotheken bisher nur an Ärzte ausgeliefert werden, die an der kassenärztlichen Versorgung teilnehmen. Grundlage ist eine Allgemeinverfügung des Bundesgesundheitsministeriums. Dagegen klagt nun ein Berliner Privatarzt. Unterstützung gibt es vom Hartmannbund.

Das Impfen gegen das Coronavirus hat in Deutschland an Fahrt aufgenommen. Am vergangenen Donnerstag (8. April 2021) gab es mit über 717.000 verimpften Dosen einen neuen Tageshöchstwert, weil Arztpraxen seit vergangener Woche erstmalig flächendeckend mitimpfen dürfen. In einzelnen Bundesländern gab es bereits im Vorfeld entsprechende Pilotprojekte, auch Betriebsärzte, etwa bei Volkswagen in Sachsen, haben begonnen zu impfen. Allein die Privatärzte und -ärztinnen sind von der Impfkampagne bisher ausgeschlossen.

Damit haben es offenbar auch jene Menschen schwerer an Impftermine zu gelangen, die privat krankenversichert sind. In Berlin sind einem Bericht der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ zufolge Privatpatienten mit Vorerkrankungen bei der Vergabe von Impfterminen „schlicht vergessen worden“, sie müssten sich selbst um einen sogenannten Impfcode bemühen und ein Attest vorlegen. Der Code wird benötigt, um einen Impftermin buchen zu können. Der Bundesverband der Privatärzte (PBV) sieht Privatpatienten dadurch massiv benachteiligt.

Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) hat in seiner Allgemeinverfügung vom 31. März die Apotheken angewiesen, „Impfstoffe gegen COVID-19 ausschließlich an die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Arztpraxen abzugeben“. Der Grund sind demnach begrenzte Liefermengen.

Aber: Laut PBV hat das BMG Kontakt mit dem Verband aufgenommen, um die Organisation der Impfungen auch für alle Privatärzte zu unterstützen. Das teilt der PBV auf seiner Website mit. Dort heißt es: „Zu den Modalitäten der Impfung, vor allem aber für die Datenübertragung, müssen noch Lösungen gefunden werden. Hier sind alle Beteiligten – derzeit mit einem riesigen Arbeitsaufwand vonseiten des PBV – im Gespräch und wir hoffen sehr, dass wir zeitnah, sobald eine tragbare Lösung zur Datenübertragung vorliegt, in die Impfstrategie wieder eingebunden werden.“ Zwar sei auch eine Klageschrift des PBV vorbereitet, eine Klage jedoch noch nicht eingereicht.

Ein Berliner Arzt macht Ernst

Weniger Geduld hatte offenbar der Mediziner Michael Oppel aus Berlin. Er betreibt eine private Hausarztpraxis, wartet vergeblich auf Impfstoff und klagt nun per Eilantrag vor dem Berliner Verwaltungsgericht gegen das BMG. Laut seines Anwalts Frank Lansnicker geht es um einen „eklatanten Verstoß gegen ein Grundrecht ohne sachliche Rechtfertigung“. Das sagte er der „Berliner Zeitung“. Es gehe seinem Mandanten nicht „um die 20 Euro Honorar, die er für eine Impfung in seiner Praxis erhält“. Gemeinsames Ziel müsse vielmehr sein, dass möglichst viele Ärzt:innen möglichst viele Patient:innen impfen.

Apotheke beliefert Bestellung nicht

Im Antrag an das Verwaltungsgerichts erklärt der Anwalt seine Sicht der Dinge: Nach einem Gespräch von Bund und Ländern hätte die Bundesregierung erklärt, dass ab dem 5. April 2021 auch Arztpraxen Coronaimpfungen vornehmen können, „eine Einschränkung gegenüber privaten Hausarztpraxen war nicht vorgesehen“. Sein Mandant habe daraufhin Bestellungen von Impfstoffen ausgelöst und die nach der Verordnung vorgesehenen Patient:innen zu einem Impftermin eingeladen. „Plötzlich hat der Gesundheitsminister am 27. März 2021 angekündigt, dass Privatärzte vom Impfstart ausgeschlossen werden sollen“, heißt es weiter.

Noch am 1. April 2021 habe er den Bundesgesundheitsminister und nachrangig die Gesundheitssenatorin des Landes Berlin aufgefordert, Privatärzte nicht von der Leistungserbringung auszuschließen. „Die Verordnung datiert vom 31. März 2021, wurde offenbar aber erst sehr spät am 1. April 2021 veröffentlicht, bei Abfassung der E-Mail war sie jedenfalls noch nicht veröffentlicht. Entgegen der vorherigen Verordnung vom 10. März ist nunmehr in § 6 Abs. 1 Nr. 2 CoronaImpfV vorgesehen, dass Arztpraxen, die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen, zur Leistungserbringung nach § 1 Abs. 1 und 4 CoronaImpfV berechtigt sind. Die Apothekerkammer Berlin hat daraufhin bekannt gegeben, dass Apotheken Corona-Impfstoffe nur an Vertragsärzte liefern dürfen. Bestellungen, die der Antragsteller bei Apotheken vorgenommen hat, wurden unter Hinweis auf diese Veröffentlichung der Apothekerkammer Berlin zurückgenommen“ – auch gegenüber dem nun klagenden Mediziner.

Gericht entscheidet nach Aktenlage

Nach Informationen der „Berliner Zeitung“ entscheidet das Berliner Verwaltungsgericht nach Aktenlage, eine mündliche Verhandlung findet demnach nicht statt. Das Bundesgesundheitsministerium wird zu einer schriftlichen Stellungnahme aufgefordert. Allerdings wolle das Berliner Verwaltungsgericht den Rechtsstreit an den Bonner Dienstsitz des BMG verlegen, zuständig wäre dann das Verwaltungsgericht Köln.

Unterdessen fordert der Hartmannbund-Landesverband Nordrhein, privatärztliche Praxen in die COVID-19-Impfkampagne einzubeziehen. „Für den Ausschluss der privatärztlichen Kolleginnen und Kollegen bei der Ausweitung der Impfmöglichkeiten gibt es keinerlei rechtfertigenden Sachgrund“. Im Gegenteil: Um eine möglichst rasche Durchimpfung der Bevölkerung erreichen zu können, müsse die Impfkampagne auf möglichst breite Schultern gestützt werden. „Die privatärztlichen Praxen leisten in der medizinischen Versorgung der Bevölkerung einen wichtigen Beitrag. Es liegt im Interesse aller, möglichst viele niedrigschwellige Möglichkeiten, die Impfung zu erhalten, zu schaffen“, sagte Landeschef Stefan Schröter“.

Aktenzeichen VG 14 L 161/21



Anja Köhler, Freie Journalistin
redaktion@daz.online


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2 Kommentare

Privatpatienten

von M.H. am 28.04.2021 um 10:16 Uhr

Mein Ehemann und ich sind beide Privatpatienten bei Privatärzten. Vorerkrankungen sind bei uns beiden vorhanden. Unsere Ärzte dürfen nicht impfen. Sollte man beim Impfzentrum telefonisch durchkommen wird man abgewiegelt und auf die Online Terminvergabe verwiesen. Diese ist bereits seit Januar beantragt. Hier handelt es sich bei Privatpatienten und Privatärzten um Diskriminierung und Ausgrenzung.

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Privatpatient bei privatem Hausarzt

von Christine Schiffer am 21.04.2021 um 19:05 Uhr

Ich bin Privatpatient bei privatem Hausarzt und bekomme trotz Attest für die Impfgruppe 2 keinen Impftermin.
Das mein Hausarzt keine Impfdosen erhält ist m.E. ein Verstoß gegen die Menschenrechte. Es werden Privatpatienten und Privatärzte ausgegrenzt und diskirmineirt.

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