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„Ich denk‘ sogar nachts ans Impfzentrum …“

Stuttgart - 05.03.2021, 17:50 Uhr

Apothekerin Silke Hans: Ein eigenes Testzentrum „ist wirtschaftlich einfach nicht möglich“.  (Fotos: privat)

Apothekerin Silke Hans: Ein eigenes Testzentrum „ist wirtschaftlich einfach nicht möglich“.  (Fotos: privat)


Wie geht es einer Apothekerin, die in die Arbeit eines Impfzentrums eingebunden ist? Welche Aufgaben fallen hier an, was gibt es zu tun? Ich fragte bei Apothekerin Silke Hans nach, die als stellvertretende pharmazeutische Leitung im Impfzentrum Kleve mitarbeitet. „Ich denk‘ sogar nachts in meinen Träumen ans Impfzentrum“, sagt die Apothekerin, die Inhaberin der Markt-Apotheke in Kleve ist. Ich wollte von ihr auch wissen, wie es mit den Impfstofflieferungen aussieht und ob sie wohl bald Schnelltests in ihrer Apotheke anbieten wird.

Silke Hans, stellvertretende Kreisvertrauensapothekerin der Apothekerkammer Nordrhein, wurde von ihrer Kammer angesprochen, ob sie bei der pharmazeutischen Organisation des Impfzentrums mitwirken wolle: Sie sagte ja. Zusammen mit ihrem Kollegen, Kreisvertrauensapotheker Richard Moesgen, der die pharmazeutische Leitung im Impfzentrum innehat, arbeitet Silke Hans als stellvertretende pharmazeutische Leitung im Impfzentrum Kleve mit. Organisatorische Fragen stehen dabei an erster Stelle. Sie unterstützt beispielsweise die Kammer bei der Aufgabe, Approbierte und PTA, die bei der Vorbereitung der Impfstoffe im Impfzentrum mitarbeiten, einzuteilen. Aber sie ist auch zu bestimmten Zeiten selbst vor Ort im Impfzentrum, vor allem, wenn Probleme zu erwarten sind.

Und Probleme sind nicht selten, vor allem weil die Pläne, wie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eingeteilt werden, immer wieder neu geschrieben werden müssen aufgrund nur schwer vorhersehbarer Impfstofflieferungen und ständigen Terminänderungen bei den Impfungen. „Wenn wir die Stunden, die wir nachts in unseren Träumen im Impfzentrum verbringen, auch noch alle abrechnen würden, wären wir wahrscheinlich bald Millionäre“, sagt die Apothekerin und lacht. 

In unserem Gespräch fragte ich sie auch nach den Impfstoffen, die im Impfzentrum Kleve verimpft werden, und auf die Akzeptanz von AstraZeneca-Impfstoffen. Die wöchentlichen Mengen an Impfstoffen und vielen Sonderlieferungen, die nahezu täglich eintreffen, seien derzeit ausreichend, sagte sie, sodass vormittags und nachmittags geimpft wird. Ein Engpass ist zum Teil die Anzahl an Ärzten, die für die Impfungen zuständig sind. „Wir stricken täglich an den Einsatzplänen rum“, so Apothekerin Hans. Aufgrund der schwankenden Lieferungen und der neuen Verordnungen müsse man immer wieder neu überlegen, wie viele Kräfte sinnvollerweise eingesetzt werden.

Ich wollte auch von ihr wissen, ob sie daran denke, ein Schnelltestzentrum zu eröffnen. Angesichts der Ankündigungen von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU), dass die Heimschnelltests auch über die Discounter vertrieben werden, und angesichts einer Vergütung von nur 18 Euro für eine PoC-Schnelltestung durch Apotheken ist Hans bei einem eigenen Testzentrum allerdings zurückhaltend: „Das ist wirtschaftlich einfach nicht möglich.“


Peter Ditzel (diz), Apotheker / Herausgeber DAZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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3 Kommentare

Achtung

von Reinhard Rodiger am 06.03.2021 um 18:41 Uhr

Einsatz ist gut und sinnvoll.Doch aussen vor bleibt, dass bei entsprechender Achtung mehr möglich ist.Das Angebot war und ist nach den neuesten Daten nicht akzeptabel.Nur in Bayern bekommen ApothekerInnen und Ärzte/innen das gleiche für die Testdurchführung .Aber eben auch nicht das Gleiche. Nur Apotheker zahlen Mehrwertsteuer.Sie bekommen 2,85 € weniger.So ist jede Dienstleistung automatisch teurer und verzerrt die Wahrnehmung.Genau so verzerrend ist, dass praktisch jede Kontrolle aufgegeben wird, wenn Tests zum Spielball von Konzerninteressen werden.Gegen solche Preise sind Apotheken machtlos und als Botschaft an die Kunden kommt dann :" die könnens halt nicht ". Die Folge ist eine klare Entwertung und Verlust an Glaubwürdigkeit.Man ist versucht, zu denken, das ist Absicht. Sonst ist das unterirdische Angebot nicht erklärbar. Und hier fehlt das Entscheidende.Um das Unverständnis von den Einzelnen abzuwenden, wäre eine zentrale Ablehnung zu diesen Bedingungen lautstark erforderlich.Leise Stimme und Totstellreflex der Führung.
Das ist unverständlich, lässt sich doch klar nachweisen, dass notwendige Leistung nur erbracht werden kann, wenn sie bezahlt wird.Am Unverständnis hierzu klemmt es seit jeher.
Es gab valide Modellrechnung(Böblingen) und eine Situation als Steilvorlage. Warum wurde das nicht genutzt? Es ging doch darum, nachzuweisen, unter welchen Bedingungen Tests wirtschaftlich durchzuführen sind. Das ist das Thema. Auch die Impfzentren hätten freie Kapazitäten, wenn es stimmt,dass sie weit unter Planung ausgelastet sind.
Aus meiner Sicht wurde hier zuviel verpasst.Vor allem, weil es um die immer aktuelle Erkenntnis geht, dass Gemeinwohl eben kostet.Und Apotheken im Gegensatz zu Konzernen Verantwortung haben, die auszuüben aber ermöglicht werden muss.Das heisst, die Resilienz ist zu stärken statt sie systematisch zu schwächen. Also die Fähigkeit zur Versorgungssicherung ist aufrecht zu erhalten.Das geht nur, wenn Discounter und Einzeldienstleister nicht derartig gegeneinander ausgespielt werden.Oder durch Ungleichbehandlung aller Art.

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wurde von der Kammer angesprochen ...

von Michael Reinhold am 05.03.2021 um 18:25 Uhr

Ich will der Kollegin ihren Einsatz nicht absprechen.

Aber lese ich das richtig, dass die Kollegin für diese Stelle "von ihrer Kammer angesprochen wurde"?
Ich habe nämlich gedacht, dass im öffentlichen Dienst Stellen erstmal öffentlich ausgeschrieben werden müssen, so dass man sich die unterschiedlichen Bewerber ansehen kann.

Filz, wohin man auch blickt.

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Juhu!!

von Christiane Patzelt am 05.03.2021 um 17:56 Uhr

Es gibt so viele tolle Kolleg:innen in unserem Berufsstand, die was Puppen und was reißen. Wenn Herr GeSuMin nicht so penetrant gegen uns Apotheken arbeiten würde, hätten wir in der Pandemie-Bekämpfung ne ganz andere Energie!! Tolle Kollegin! Bitte mehr davon und vor allen mal die Mädels hier öfter zeigen - nichts gegen Digitalisierung, aber 80% Apothekerinnen halten hier das Rad am Laufen und die Medien sind hier immer ne Kerle-Veranstaltung....

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