Nacht- und Notdienstfonds

AvP-Apotheken sind beim Notdienstfonds doppelt betroffen

Berlin - 17.11.2020, 13:45 Uhr

Die von der AvP-Pleite betroffenen Apotheken sollten sich sputen und ihre Forderungen in Zusammenhang mit dem NNF im Insolvenzverfahren anmelden. (Foto: Schelbert)

Die von der AvP-Pleite betroffenen Apotheken sollten sich sputen und ihre Forderungen in Zusammenhang mit dem NNF im Insolvenzverfahren anmelden. (Foto: Schelbert)


Den ehemaligen Kunden von AvP fehlen auch die Zahlungen des Nacht- und Notdienstfonds (NNF) für das zweite Quartal. Nun wurde außerdem bekannt, dass AvP einen Teil der Abführungsbeträge für das dritte Quartal nicht an den NNF gezahlt hat. Diese Beträge werden die Betroffenen voraussichtlich an den NNF nachzahlen müssen. Dies hat auch Konsequenzen für die Forderungsanmeldung im AvP-Insolvenzverfahren. Denn die ausstehenden Zahlungen von AvP an den NNF müssen von den Apothekern angemeldet werden – nicht vom NNF.

Die Insolvenz des Rechenzentrums AvP betrifft auch Zahlungen des Nacht- und Notdienstfonds (NNF), weil diese über die Rechenzentren abgewickelt werden. Nun wird deutlich, dass die Apotheken davon sogar in doppelter Weise betroffen sind.

Fehlende Ausschüttung für das zweite Quartal

Schon relativ bald nach Bekanntwerden der Probleme um AvP zeigte sich, dass die Auszahlungen des Nacht- und Notdienstfonds für das zweite Quartal betroffen sind. In den jüngsten Schreiben des NNF an die Apotheken verweist dieser dazu auf eine Mitteilung vom 18. September. Demnach hat der NNF am 11. September die Notdienstpauschalen für das zweite Quartal an AvP überwiesen.

Doch bekanntermaßen stellte AvP kurz darauf seine Zahlungen ein und das Geld wurde nicht mehr an die Apotheken ausgezahlt. Im jüngsten Schreiben des NNF an die Apotheken heißt es dazu, die Bemühungen, die Gelder zurückzufordern, seien leider ins Leere gelaufen. Es sei davon auszugehen, dass die Gelder der Insolvenzmasse zugeschlagen würden. Dies seien keine Forderungen des NNF, sondern der einzelnen Apotheker. Diese müssten sie daher im Insolvenzverfahren geltend machen. Als Nachweis könne eine Kopie des Auszahlungsbescheides für das zweite Quartal dienen. Am 23. Oktober bestätigte auch der Apothekenrechtsexperte Dr. Morton Douglas im DAZ.online-Livetalk, dass die betroffenen Apotheker ausstehende Zahlungen aus dem Nacht- und Notdienstfonds bei AvP anmelden müssen.

Bis zu diesem Punkt geht es um das zweite Quartal. Hier stellt sich auch die Frage, warum der Deutsche Apothekerverband nicht auf einer Abwicklung dieses Verfahrens über offene Treuhandkonten bestanden hat.

Fehlende Überweisungen an den Notdienstfonds für das dritte Quartal

Doch inzwischen kommen weitere Probleme für das dritte Quartal hinzu. Die AvP-Apotheken sind also hinsichtlich des Notdienstfonds doppelt betroffen. In seinem jüngsten Schreiben an die Apotheken beschreibt der NNF die Situation so:

Bei einer Einverständniserklärung für die monatliche Abwicklung habe AvP die Abgabemengen für den Juli gemeldet und die resultierenden Beträge an den NNF überwiesen. Für August und September habe AvP die Mengen ebenfalls gemeldet, aber die Beträge nicht überwiesen. Für Apotheken mit quartalsweiser Abwicklung habe AvP die Mengen für das dritte Quartal gemeldet, aber die Beträge nicht überwiesen. Nachmeldungen der Apotheken oder eines neu beauftragten Rechenzentrums seien bei der Erstellung des Verpflichtungsbescheids für das dritte Quartal berücksichtigt worden.

Anmeldung im Insolvenzverfahren nötig

Dann folgt die Konsequenz für die Betroffenen: Da es sich bei den Verpflichtungsbeträgen um Verbindlichkeiten des Apothekers gegenüber dem Nacht- und Notdienstfonds handele, würden die Fehlbeträge im Verpflichtungsbescheid für das dritte Quartal als offene Forderungen ausgewiesen. Die von AvP nicht abgeführten Beträge seien gegenüber dem Insolvenzverwalter geltend zu machen. Demnach müssen die Apotheken auch die Beträge, die AvP für sie an den NNF abführen sollte, im Insolvenzverfahren als Forderung anmelden. Der NNF wird diese Beträge offenbar nicht geltend machen. Da die Anmeldungen für das Insolvenzverfahren derzeit stattfinden, erscheint dieser Hinweis jetzt eilig.

Stundung für erneute Zahlung bis Ende Februar

Noch wichtiger ist die Frage, wie mit den Forderungen der Apotheker weiter verfahren wird. In den jüngsten Schreiben an die Betroffenen heißt es dazu, der NNF stunde die fälligen Beträge „zunächst“ bis zum 28. Februar und verzichte auf den Forderungseinzug für das vierte Quartal. In einer Pressemitteilung vom heutigen Dienstag erklärt die ABDA dazu, der offene Forderungsbetrag des NNF gegenüber den von der AvP-Insolvenz betroffenen Apotheken sei „ordnungsgemäß“ in den Verpflichtungsbescheiden festgesetzt „und somit eine Zahlungsverpflichtung eröffnet worden“. Der Geschäftsführende Vorstand des Deutschen Apothekerverbandes habe zur Entlastung der betroffenen Apotheken „im Rahmen seiner verfahrensrechtlichen Möglichkeiten und in erfolgter Abstimmung mit dem Bundesministerium für Gesundheit beschlossen“, die offenen Forderungen zunächst bis Ende Februar 2021 zinslos zu stunden. Der Einnahmeverlust werde sich negativ auf die Pauschale für das dritte Quartal auswirken, aber dies werde bei der Abrechnung für das vierte Quartal ausgeglichen.

Fazit

Für die ehemaligen AvP-Kunden bedeutet das offenbar, dass ihre Notdiensthonorierung für das zweite Quartal infrage steht und sie zusätzlich für mehr oder weniger große Teile des dritten Quartals die bei AvP verlorengegangen Beträge an den NNF nachzahlen müssen. Sie sind also doppelt betroffen. Für die übrigen Apotheken beschränkt sich die Belastung offenbar darauf, dass die Notdiensthonorierung für das dritte Quartal etwas geringer ausfallen wird. Doch dies soll im Folgequartal ausgeglichen werden. Die eiligste Konsequenz für die Betroffenen sollte jedoch sein, die Forderungen des Nacht- und Notdienstfonds für das dritte Quartal im Insolvenzverfahren bei AvP anzumelden.



Dr. Thomas Müller-Bohn (tmb), Apotheker und Dipl.-Kaufmann
redaktion@daz.online


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