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Abgabe von Antigen- und Antikörpertests
SARS-CoV-2-Tests in der Apotheke: rechtliches Flickwerk
Um der SARS-CoV-2-Pandemie Herr zu werden, setzen viele Experten auf Antigen-Schnelltests als Ergänzung des langsameren und an die Kapazitätsgrenzen stoßenden PCR-Tests. Doch die rechtliche Situation zur Abgabe in der Apotheke ist nicht abschließend geklärt. Für Verwirrung sorgen zudem Probenentnahmekits zur Untersuchung auf Antikörper.
Am 14. Oktober 2020 veröffentliche das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) eine Liste mit Antigen-Schnelltests zum direkten Erregernachweis von SARS-CoV-2 mit definierten Mindestanforderungen. Nach der aktuellen nationalen Teststrategie können Pflegeeinrichtungen diese Tests einsetzen, auch können Arztpraxen ihr Personal mithilfe der Schnelltests untersuchen. Grundsätzlich rät das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) aufgrund der niedrigeren Sensitivität und Spezifität der Antigentests diese mit einem PCR-Test zu bestätigen. Im Artikel „Trumpfkarte Antigentest“ (DAZ 2020 Nr. 44
S. 30) erörterte Ralf Schlenger die wissenschaftlichen Limitationen der aktuell vorhandenen Schnelltests. Die Grenzen zu beachten sei für den Aussagegehalt essenziell.
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Zusätzlich vertreiben Apotheken und Drogeriemärkte seit Anfang September Tests, die IgG-Antikörper gegen SARS-CoV-2 nachweisen sollen. Diese Tests zeigen an, ob ein Patient eine Infektion mit dem Virus bereits durchlaufen hat. Mittlerweile werden auch Kits zur selbstständigen Entnahme eines Tropfens Vollblut zur anschließenden Untersuchung auf Antikörper in Laboratorien kommerziell vertrieben. Die Firma Adversis Pharma verkauft das Probenentnahmeset AProof® an Apotheken, Privatkunden und Großhändler für 49 Euro inklusive Mehrwertsteuer. In Sachsen und Thüringen informierten die Kammern, dass Apotheken diesen Artikel rechtmäßig an Patienten abgeben können. Arzneimittelversender Shop Apotheke und Drogeriemarkt dm werben für den „Coronavirus Antikörper Test“ von Cerascreen. Forscher:innen kritisieren die mangelnde Zuverlässigkeit dieser Tests. Noch dazu sei bisher nicht eindeutig geklärt, ob Patienten, die Antikörper gegen SARS-CoV-2 gebildet haben, tatsächlich immun sind.
Aktuell debattieren Entscheidungsträger, ob auch erlaubt werden sollte, dass in Apotheken Tests auf SARS-CoV-2 vorgenommen werden. Beispielsweise sprach sich FDP-Bundestagsabgeordnete Katrin Helling-Plahr gegenüber DAZ.online für dieses Vorhaben aus. Zuvor sollten Apotheker:innen eine Schulung durchlaufen.
Rechtliche Situation in der Apotheke
Nach gegenwärtiger Rechtslage dürfen Apotheker:innen SARS-CoV-2-Antigen- oder Antikörpertests nicht an medizinische Laien abgeben. Wenn dies aus Gründen der öffentlichen Gesundheit erforderlich sein sollte, kann das Robert Koch-Institut befristete Ausnahmen zulassen. Nach dem Infektionsschutzgesetz handelt es sich bei SARS-CoV-2 um einen meldepflichtigen Krankheitserreger (§ 24 Satz 1 IfSG). In-vitro-Diagnostika für den Nachweis solcher Krankheitserreger sind Medizinprodukte und dürfen nach § 3 Abs. 4 der Medizinprodukte-Abgabeverordnung (MPAV) nur abgegeben werden an:
- Ärzte,
- ambulante und stationäre Einrichtungen im Gesundheitswesen, Großhandel und Apotheken,
- Gesundheitsbehörden des Bundes, der Länder, der Gemeinden und Gemeindeverbände,
- Blutspendedienste, pharmazeutische Unternehmen,
- Beratungs- und Testeinrichtungen für besonders gefährdete Personengruppen.
In manchen Bundesländern informierten die Ministerien, dass Pflegeeinrichtungen unter „ambulante und stationäre Einrichtungen im Gesundheitswesen“ nach § 3
Abs. 4 MPAV als eingeschlossen zu betrachten seien. Dies ist zum Beispiel in Thüringen, Sachsen, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz der Fall. Diese Meinung teilen allerdings nicht alle Landesministerien.
Mehr Klarheit im dritten Bevölkerungsschutzgesetz
Der Gesetzgeber möchte die Unklarheit mit dem dritten Bevölkerungsschutzgesetz beseitigen. Nach dem derzeit vorliegenden Gesetzentwurf der Fraktionen sollen in die genannte Vorschrift nach „ambulante und stationäre Einrichtungen im Gesundheitswesen“ ausdrücklich „Pflegeeirichtungen“ als zulässige Abgabestelle einbezogen werden.
Der Bundesrat schlägt in seiner Stellungnahme vom 6. November 2020 dagegen die Formulierung „ambulante und stationäre Einrichtungen im Gesundheitswesen, insbesondere Pflegeheime, Großhandel und Apotheken“ vor, was in Zukunft die Abgabe auch an andere Institutionen ermöglichen könnte.
In ihrer Stellungnahme zum Kabinettsentwurf forderte die ABDA, auch einen rechtssicheren Rahmen für die Abgabe und auch die Durchführung von Point-of-Care-Tests, also Schnelltests mit sofortigem Ergebnis, durch Apotheken im Gesetz zu ergänzen. Denn bislang ist eine Abgabe an Endverbraucher in der Apotheke nicht möglich.
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Aber handeln Apotheker:innen wirklich ordnungswidrig, wenn sie oder Drogerieketten Probenentnahmesets wie AProof® an Patienten, also medizinische Laien abgeben? Dazu äußerte sich ein Sprecher des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) gegenüber der DAZ: „Theoretisch unterliegen Testkits, die lediglich zur Probenentnahme und anschließenden Sendung an ein Labor gedacht sind, nicht grundsätzlich § 3 Absatz 4 der Medizinprodukte-Abgabeverordnung (MPAV). Die Einhaltung der MPAV wird auf Landesebene überprüft.“
Daher erkundigten sich die 17 Apothekerkammern bundesweit bei den zuständigen Ministerien und erhielten unterschiedliche Einschätzungen. So raten derzeit die Kammern Schleswig-Holstein, Bayern, Sachsen-Anhalt, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern und Baden-Württemberg ihren Mitgliedern, auch Probenentnahmesets nicht an Patienten abzugeben. Auch das Ministerium für Soziales und Integration in Baden-Württemberg teilt die Auffassung, dass jegliche Medizinprodukte für diagnostische Zweckbestimmung bei meldepflichtigen Erkrankungen nur an Fachpersonal abgegeben werden darf. Dies dürfte auf Verwunderung stoßen: Immerhin umfasst dies auch dm mit Firmensitz in Karlsruhe, wenn der Drogeriemarkt den Antikörpertest von Cerascreen vermarktet. Das Ministerium prüft daher auch beim badischen Drogeriemarkt den Vertrieb des Probenentnahmekits.
Beratung entscheidet
Sowohl das BMG als auch die Apothekerkammern, die die Abgabe der Probenentnahmekits in Apotheken als zulässig erachteten, betonten die diagnostischen Grenzen der Probenentnahmekits. Einerseits sei gerade die Probenentnahme der schwierigste Punkt bei der Diagnostik, weshalb das BMG empfiehlt, dass Fachpersonal die Tests durchführt. Andererseits sei grundsätzlich die Aussagekraft eines Antikörpertestergebnisses infrage zu stellen. Daher informierten zum Beispiel die Apothekerkammer Nordrhein und die Senatorin für Gesundheit in Bremen über die Beratungspflicht, die bei der Abgabe dieser Antikörpertests in der Apotheke besonders wichtig seien. Fragen nach dem Zeitverlauf einer Erkrankung oder zur Wahrscheinlichkeit einer Ansteckung nach einem positiven Test seien durch Laien kaum bis schlecht einzuordnen.
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