Plausibilitätsprüfung und Co.

Rezeptur-Recherche: Wo findet man verlässliche Informationen?

Stuttgart - 30.07.2020, 10:30 Uhr

Vor der Herstellung ist eine gewissenhafte Plausibilitätsprüfung gefordert. Doch manchmal ist es gar nicht so einfach, an die nötigen Informationen zu kommen. (c / Foto: Schelbert)

Vor der Herstellung ist eine gewissenhafte Plausibilitätsprüfung gefordert. Doch manchmal ist es gar nicht so einfach, an die nötigen Informationen zu kommen. (c / Foto: Schelbert)


Die Qualität einer in der Apotheke hergestellten Zubereitung wird wesentlich durch eine sorgfältige Plausibilitätsprüfung und gründliche Planung der Herstellung bestimmt. Doch wo erhält man Informationen darüber, ob die einzelnen Substanzen einer Rezeptur kompatibel sind und darüber, wie die Herstellung am besten gelingt?

Zur allgemeinen Information über häufig in Zubereitungen vorkommende Arzneistoffe, Hilfsstoffe und Dermatika-Grundlagen sind zunächst die Rezepturhinweise des DAC/NRF gut geeignet. Sie sind für alle DAC/NRF-Nutzer als Online-Service zur Ergänzung des DAC/NRF im Abo inklusive. Über eine Suchfunktion können die Rezepturhinweise gezielt nach Stichworten durchsucht werden. Bei der Eingabe von beispielsweise „Betamethasonvalerat“ wird direkt ein eigener Rezepturhinweis für diesen Arzneistoff aufgeführt. Darin kann man im Grunde alles nachlesen, was zur Verarbeitung des Glucocorticoids wissenswert ist.

Die Rezepturhinweise enthalten Informationen zu chemischen, physikalischen und galenischen Eigenschaften sowie zur Stabilität, Wirkung und Anwendung der einzelnen Stoffe. Zudem geben sie Tipps zu geeigneten Packmitteln und zur Haltbarkeit der fertigen Zubereitung. Außerdem werden auch Kombinationen mit weiteren Wirkstoffen thematisiert.

Rezepturhinweise auch für Hilfsstoffe und Grundlagen

Die Rezepturhinweise enthalten jedoch nicht nur Arzneistoffe, auch wichtige Hilfsstoffe und Grundlagen werden vorgestellt. Beispielsweise sind unter dem Rezepturhinweis „Basiscreme DAC“ die genaue Zusammensetzung, Hinweise zur Verarbeitung und Verträglichkeit mit einzelnen Wirkstoffen zu finden.

Nützlich sind auch die Hinweise zur Herstellung spezieller Arzneiformen. So gibt es unter anderem Rezepturhinweise zu Augentropfen, Kapseln und Zäpfchen. Genauere Beschreibungen mit didaktisch aufbereiteten und bebilderten Herstellungsabläufen (Schritt für Schritt) finden sich auch in „Thoma/Daniels Apothekenrezeptur und -Defektur“. Als Losesblattwerk wird dieses regelmäßig aktualisiert.

Rezepturenfinder

Eine weitere Informationsquelle des Online-Angebots von DAC/NRF stellt der Rezepturenfinder dar. Neben standardisierten Rezepturvorschriften werden hier auch freie Rezepturen erfasst und kommentiert. Besonders interessant dabei ist, dass auch unplausible Vorschriften vorgestellt und bewertet werden.

Zahlreiche geprüfte Vorschriften

Das NRF enthält zahlreiche geprüfte Vorschriften zur Herstellung verschiedener Zubereitungen. Diese Informationen können auch bei der Beurteilung einer Individualrezeptur hilfreich sein. Die NRF-Rezepturen sind dabei nach Anwendungsgebieten (Gruppe 1 bis 34) sortiert. Jede Rezeptur ist mit ihren einzelnen Inhaltsstoffen und einem Vorschlag zur Herstellung versehen. Zusätzlich lassen sich Hinweise zur Anwendung, Kennzeichnung und eventuellen alternativen Herstellungstechniken sowie Angaben zur Konservierung und Stabilität der fertigen Darreichungsform finden.

ZRB als praxisnahe Ergänzung zum NRF

Die NRF-Monographien werden im NRF-Labor erarbeitet. Hierbei verzichtet das NRF aus grundsätzlichen Erwägungen konsequent auf den Einsatz von Fertigarzneimitteln oder Spezialgrundlagen einzelner Hersteller. Im Rezepturalltag zeigt sich jedoch, dass derlei Handelspräparate von Ärzten sehr gerne als Bestandteil von Rezepturarzneimitteln verordnet werden, nicht zuletzt weil diese häufig eine zeitgemäßere Alternative zu den teilweise sehr traditionellen Grundlagen aus DAB und DAC darstellen. Diese Lücke zwischen NRF und ärztlicher Verordnungspraxis schließt die Ziegler Rezepturbibliothek (ZRB). Sie vereint geprüfte Rezepturen aus Firmendaten sowie validierte Vorschriften aus internationalen Formularien, die bislang nicht in deutscher Sprache veröffentlicht wurden.

Die Rezepturauswahl stützt sich unter anderem auf statistische Erhebungen, mit deren Hilfe besonders häufig verordnete und damit im Alltag relevante Rezepturen ermittelt wurden, für die dann in Zusammenarbeit mit der pharmazeutischen Industrie gezielt geeignete Herstellungsanweisungen ausgearbeitet wurden.

Tabellen für Plausibilitätsprüfung in der Apotheke

Vor der Herstellung einer Rezeptur muss diese auf Plausibilität geprüft werden. Dabei können die „NRF Tabellen für die Rezeptur“ und der „Plausibilitätscheck Rezeptur“ eine große Unterstützung sein. Beide Werke liefern Informationen in tabellarischer Form zu Hilf- und Wirkstoffen sowie Dermatika-Grundlagen. Der „Plausibilitäts-Check Rezeptur“ enthält darüber hinaus auch Informationen zu vielen Handelspräparaten.

Ein wichtiger Bestandteil der Plausibilitätsprüfung ist eine Überprüfung der gewünschten Wirkstoffkonzentration. In den genannten Tabellenwerken sind übersichtliche Darstellungen zur Dosierung der Arzneistoffe zur Lokalanwendung zu finden. Hier sind zu den gängigsten Stoffen die jeweilige therapeutische Konzentration – auch für die Pädiatrie – und die obere Richtkonzentration aufgeführt.

Überprüfung von wasserhaltigen Zubereitungen

Die Kompatibilität aller Ausgangsstoffe untereinander stellt naturgemäß einen weiteren wichtigen Punkt bei der Überprüfung dar. Bei wasserhaltigen Zubereitungen ist dabei zunächst abzuklären, ob die rezeptierbaren pH-Bereiche aller Substanzen zusammenpassen. Folgende Übersichten aus den beiden Tabellenwerken können dazu eingesetzt werden:

  • Wirkstofftabellen,
  • Galenisches Profil standardisierter Dermatika-Grundlagen,
  • Tabellen zur Konservierung.

Unverträglichkeiten in wasserhaltigen Zubereitungen beruhen häufig auf chemischen Reaktionen von Kationen mit Anionen. Solche entgegengesetzt geladenen Wirkstoffe dürfen daher nicht miteinander verarbeitet werden. Über den chemischen Charakter einzelner Arzneistoffe kann man sich in der Zusammenstellung über Wirkstoffprofile informieren.

Auch sind kationische Wirkstoffe mit anionischen Grundlagen unverträglich. Zur Verarbeitung solcher Stoffe muss zwingend auf nicht ionische Grundlagen ausgewichen werden. Informationen zu einem eventuellen Austausch der Grundlage können in der Übersicht „Galenisches Profil standardisierter Dermatika-Grundlagen“ gefunden werden. Im „Plausibilitäts-Check Rezeptur“ finden sich ferner zahlreiche Handelspräparate und Fertigarzneimittel, die in den „Tabellen für die Rezeptur“ nicht gelistet sind.

Hilfreiche Laborprogramme

Neben den bereits genannten Literaturquellen können Laborprogramme eine weitere Unterstützung bei der täglichen Arbeit in der Rezeptur sein. Mithilfe des Dr. Lennartz-Laborprogramms kann eine Plausibilitätsprüfung der herzustellenden Vorschrift durchgeführt werden, alle benötigten Daten werden dabei automatisch angezeigt. Seit geraumer Zeit enthält diese Funktion auch die Ziegler Rezepturbibliothek (ZRB) mit einer Sammlung von mehr als 1.000 geprüften Standardrezepturen mit ausformulierten Herstellungsanweisungen.

Ein weiteres Programm ist die Software „Labor+“, sie enthält mit „Plausicheck+“ ebenfalls einen Baustein zur automatischen Plausibilitätsprüfung. Doch so praktisch und nützlich diese Programme sind, bei ihrer Verwendung darf selbstverständlich der pharmazeutische Sachverstand nicht außen vor bleiben.

Hilfe auch auf ptaheute.de

Wenn Sie trotz Literaturrecherche Probleme mit einer Zubereitung haben oder wenn Sie sich einfach nicht sicher sind, ob die Rezeptur plausibel ist, können Sie sich gerne auch an die PTAheute-Online-Redaktion wenden. Wir versuchen, Ihnen kompetent zu helfen und greifen interessante Fragen auch in unserer Rubrik „Fragen aus der Rezeptur“ auf. So können auch anderer Leser von den Informationen profitieren.



Dr. Annina Bergner, Apothekerin, Autorin PTAheute.de
redaktion@daz.online


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